Der Arbeitsalltag im Krankenhaus bietet die perfekten Voraussetzungen für Handekzeme. Die tägliche Beanspruchung macht daraus schnell ein chronisches Problem – das belastet nicht nur die Haut.
Das berufliche Handekzem gehört zu den häufigsten berufsbedingten Hauterkrankungen in Europa. Besonders betroffen sind Menschen, die in ihrem Arbeitsalltag regelmäßig mit Feuchtigkeit, Reinigungs-, Desinfektionsmitteln oder anderen irritativen Substanzen in Kontakt kommen. Typische Risikogruppen, die sich in den Apotheken und Arztpraxen hierzu beraten lassen, sind Beschäftigte in der Pflege, in Friseurbetrieben, in der Lebensmittelindustrie oder im Handwerk. Wiederholte Reizungen, häufiges Händewaschen oder das Tragen von Handschuhen führen zu einer Schädigung der Hautbarriere. Daraus entsteht eine chronische Entzündungsreaktion, die sich durch Rötungen, Schuppung, Bläschen, Risse, starken Juckreiz und Schmerzen bemerkbar macht.
Ein Handekzem ist mehr als lediglich ein unbedeutendes, lokales Hautproblem. Durch die geschädigte Barriere können Keime leichter eindringen, was Sekundärinfektionen begünstigt. Zudem zeigen Studien, dass chronische Handekzeme mit atopischer Dermatitis, Lymphstauungen und anderen entzündlichen Hautveränderungen assoziiert sind (hier, hier und hier). Die funktionellen Einschränkungen sind im Alltag oft erheblich: Schon einfache Tätigkeiten wie Händeschütteln, das Tippen am Computer oder das Arbeiten mit Werkzeugen können schmerzhaft sein.
Während die körperlichen Symptome im Vordergrund stehen, wird ein Aspekt immer wieder unterschätzt: die psychische Belastung, die mit einem chronischen Handekzem einhergeht. Betroffene berichten nicht nur von Schmerzen und Einschränkungen, sondern auch von Scham, einem verminderten Selbstwertgefühl und der Angst vor sozialer Ausgrenzung. Da die Hände im Alltag ständig sichtbar sind, erleben viele Patienten ihr Hautleiden als stigmatisierend. Hinzu kommt die Sorge um die berufliche Zukunft, sollte ein chronisches Handekzem zu längeren Ausfallzeiten oder gar zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
Wie groß die psychische Belastung tatsächlich ist, hat eine aktuelle Studie erstmals systematisch untersucht. Sie bietet einen neuen Blick auf die emotionalen Folgen des beruflich bedingten Handekzems und zeigt, dass es dringend notwendig ist, Betroffene nicht nur dermatologisch, sondern auch psychologisch zu unterstützen.
In der explorativen Querschnittsstudie untersuchten Rocholl und Kollegen die emotionale Belastung von 223 Patienten mit chronischem, beruflich bedingtem Handekzem. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei rund 48 Jahren, die durchschnittliche Krankheitsdauer bei 8–10 Jahren – es handelte sich also um langjährig Betroffene mit einer hohen Krankheitslast. Zur Erfassung der Schwere und emotionalen Folgen wurden etablierte Instrumente eingesetzt: der Osnabrück Hand Eczema Severity Index (OHSI), der Patient-Oriented Eczema Measure (POEM) sowie ein modifizierter Atopic Eczema Score of Emotional Consequences (AESEC).
Die Ergebnisse zeigten eine signifikante emotionale Belastung durch das Handekzem. Besonders häufig nannten Patienten Gefühle wie Hilflosigkeit, Kontrollverlust, Traurigkeit und Angst vor der Zukunft. Viele gaben an, dass sie ihren Alltag nicht mehr frei gestalten könnten, da Juckreiz, Schmerzen und sichtbare Hautveränderungen bei ihnen zu starken Einschränkungen führten. Auch das Gefühl der Fremdbestimmung durch die Erkrankung war stark ausgeprägt: Viele Betroffene fühlten sich durch die ständigen Rückfälle „eingesperrt“ in einen Teufelskreis aus Hautproblemen und beruflichen Einschränkungen.
Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit einer umfassenden Metaanalyse von Quaade und Kollegen, die die Häufigkeit und Schwere von Handekzemen in der Allgemeinbevölkerung untersuchte. In 66 Studien mit über 568.000 Teilnehmern ergaben sich folgende Zahlen: Die Lebenszeitprävalenz eines Handekzems liegt bei 14,5 %, die Ein-Jahres-Prävalenz bei 9,1 % und die Punktprävalenz bei 4 %. Etwa jede vierte bis fünfte Person entwickelt also im Laufe ihres Lebens ein Handekzem, häufig mit chronischem Verlauf. Frauen sind etwa 1,5- bis 2-mal häufiger betroffen als Männer. Ein Drittel der Betroffenen leidet unter mittelschweren bis schweren Symptomen, die mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität einhergehen. Besonders deutlich wurde, dass Handekzeme häufig bei Menschen mit atopischer Dermatitis auftreten – was die ohnehin bestehende Krankheitslast zusätzlich erhöhte.
Die beiden Studien verdeutlichen, dass ein Handekzem weit mehr ist als eine reine Hautkrankheit. Dennoch ist psychologische Unterstützung bisher kein fester Bestandteil der Versorgung. Dabei könnte ein integriertes Behandlungskonzept, das dermatologische Therapie, arbeitsmedizinische Prävention und psychologische Unterstützung verbindet, die Lebensqualität deutlich verbessern. Screening-Instrumente zur Erfassung der emotionalen Belastung könnten helfen, frühzeitig Betroffene zu identifizieren, die zusätzliche Unterstützung benötigen.
Neuere Empfehlungen aus der S2k-Leitlinie „Berufliche Hautmittel“ betonen, wie wichtig wirksam getestete Hautschutz-, Hautpflege- und Reinigungsprodukte für die Prävention des beruflichen Handekzems sind. Diese Leitlinie basiert auf einem aktuellen Konsensus und integriert die Ergebnisse aus multizentrischen In-vivo-Studien, wonach bestimmte Präparate bei Feuchtarbeit und Handschutz deutlich protektiv wirken.
Ein wichtiger Fortschritt ist die gezielte Betonung, dass Hautschutzmaßnahmen nicht starr sein dürfen. Vielmehr sind Arbeitsplatzbedingungen, Hautzustand und persönliche Faktoren individuell zu berücksichtigen, um optimale Wirkung zu erzielen. Ärzte sind hier gleichermaßen gefordert: Sie können nicht nur bei der Hautpflege und der Pharmakotherapie unterstützen, sondern auch sensibel auf die psychischen Belastungen hinweisen und Betroffene ermutigen, Hilfe anzunehmen.
Die Leitlinie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Quaade et al.: Prevalence of hand eczema in the general population – A systematic review and meta‐analysis. Contact Dermatitis, 2021. doi: 10.1111/cod.13804.
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