Eigentlich sind Männer gegen Harnwegsinfekte anatomisch abgesichert – und doch kommen sie vor. Wie ihr sie sicher erkennt und was zu tun ist, wenn es brenzlig wird.
Harnwegsinfektionen (HWI) treten bei Männern deutlich seltener auf als bei Frauen. In niederländischen Registerdaten lag die jährliche Inzidenz bei rund 156 Fällen pro 10.000 Einwohner, mit einem deutlichen Anstieg im höheren Lebensalter (>85 Jahre). Eine Auswertung von Krankenkassendaten aus Bremen zeigte zwischen 2015 und 2019 bei 102.715 dokumentierten Fällen einen Frauenanteil von 78,6 % und einen Männeranteil von 21,4 %. Dies entspricht einer Prävalenz von 9,2 % bei Frauen und 2,5 % bei Männern. Mehr als die Hälfte der Betroffenen suchte zunächst Hausärzte auf, gefolgt von Urologen (20 %) und Gynäkologen (16,1 %).
Die geringere Häufigkeit bei Männern wird vor allem auf anatomische Unterschiede zurückgeführt: eine längere Harnröhre, die größere Distanz zum Anus sowie die antibakterielle Wirkung des Prostatasekrets. Als Risikofaktoren gelten Geschlechtsverkehr mit infizierter Partnerin, Analverkehr und Vorhautveränderungen.
Traditionell wurden HWI bei Männern generell als kompliziert angesehen, da eine Prostatabeteiligung häufig ist. Inzwischen gilt eine differenziertere Betrachtung:
Da die Datenlage für diese Abgrenzung begrenzt ist, sollte sie im klinischen Alltag mit Vorsicht erfolgen.
Die Symptomatik ähnelt der bei Frauen: Dysurie, Pollakisurie und suprapubischer Schmerz stehen im Vordergrund. Fieber, Algurie sowie ein Alter über 60 Jahren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion. Bei Verdacht auf HWI sind Anamnese, körperliche Untersuchung und Urinanalysen (Teststreifen, Sediment, Kultur) obligat. Besteht der Verdacht auf eine Urethritis, ist zusätzlich eine spezifische Erregerdiagnostik (z. B. auf Chlamydien oder Gonokokken) erforderlich. Bildgebende Verfahren oder invasive Diagnostik sind Patienten mit komplizierten, rezidivierenden oder atypischen Verläufen vorbehalten. Eine vollständige urologische Abklärung ist bei fieberhaften oder rezidivierenden Infekten sowie bei Verdacht auf Prostatitis notwendig.
Die Therapie der Harnwegsinfektion richtet sich nach Schweregrad und Lokalisation:
Eine asymptomatische Bakteriurie ist bei jüngeren Männern selten (<1 %) und soll – wie bei Frauen – nicht antibiotisch behandelt werden.
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