Jeder möchte wohl bis ins hohe Alter geistig fit bleiben. Eine Schraube, an der wir dabei selbst drehen können, ist der Mikronährstoffstatus. Heute im Fokus: Kupfer.
Geistig fit bis ins hohe Alter – dieser Wunsch wohnt wohl jedem inne. Das eigene Zutun umfasst dabei neben körperlichem Training, „Gehirnjogging“ und guter Energieversorgung auch einen ausgewogenen Mikronährstoffstatus. Eine kürzlich publizierte Studie deutet auf eine womöglich unterschätzte Bedeutung der zerebralen Kupfer-Versorgung hin.
Das Spurenelement Kupfer ist besonders für seine Funktion als Kofaktor für eine vielfältige Reihe von Metalloenzymen bekannt. Darunter sind so prominente Vertreter wie die mitochondriale Cytochrom-C-Oxidase und die für den Eisentransport essenzielle Ferrioxidase. Die Relevanz einer ausgewogenen Kupfer-Homöostase für die Funktion von peripherem und zentralem Nervensystem resultiert unter anderem aus der Beteiligung an der Myelin-Synthese. Über die Auswirkungen von Unter- und Überversorgung auf die kognitive Leistungsfähigkeit – auch im Hinblick auf altersabhängige Pathologien wie die Alzheimer-Demenz – liegen bereits Studienergebnisse vor (z. B. hier), die aber weder durchgehend konsistent sind, noch Informationen über die zugrundeliegenden Mechanismen liefern.
Es stellt sich also insgesamt die Frage, ob sich altersbedingte Verluste der kognitiven Leistungsfähigkeit und demenzielle Erkrankungen durch eine optimale Kupferversorgung reduzieren lassen. Mit dieser Fragestellung befasste sich eine in Nature Scientific Reports publizierte horizontale Beobachtungstudie von Wissenschaftlern der Hebei Medical University in Shijiazhuang (CHN). Analysiert wurden die zwischen 2011 und 2014 im Rahmen des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) gesammelten Gesundheits- und Ernährungsdaten von 2.420 in den USA lebenden Senioren über 60. Das Durchschnittsalter betrug 69,3 ± 6,7 Jahre bei annähernd paritätischer Geschlechterverteilung (♀50,9 %; ♂49,1 %). Die Höhe der täglichen alimentären Kupferaufnahme wurde über je zwei 24h-Ernährungsdokumentationen ermittelt. Auf dieser Basis erfolgte eine Einteilung in folgende, etwa gleich große Kupferaufnahme-Quartile:
Quartil
Cu-Aufnahme [mg/d]
Probanden-zahl
♀ : ♂[%]
BMI[kg/m2]
Q1
< 0,76
605
62,3 : 37,7
29.9 ± 6.6
Q2
0,76 – 1,04
604
55,0 : 45,0
29.3 ± 6.5
Q3
1,05 – 1,43
47,4 : 52,6
29.4 ± 6.5
Q4
≥ 1,44
607
38,9 : 61,1
28.3 ± 6.2
Die Bestimmung der kognitiven Leistungsfähigkeit erfolgte über vier anerkannte Standardtests (DSST, AFT, CERAD, Global Cognition Z-Score).
Nach Abgleich mit potenziellen Störgrößen wie Alter, Ethnie, Raucherstatus, Alkoholkonsum, sozioökonomischer Status etc. zeigten alle vier Kognitions-Testverfahren das Bild eines signifikanten Leistungsanstieges vom ersten bis zum vierten Quartil. Sie beobachteten eine positive, aber nicht lineare Korrelation zwischen der Höhe der nutritiven Kupferaufnahme und kognitiver Funktionalität. Dabei zeigte sich eine durchgehende Annäherung an einen Schwellenwert der Kupferzufuhr, bei dem die kognitive Performanz einen Höchstwert erreicht. Weitere Erhöhung der Kupferaufnahme führte zu keiner weiteren Verbesserung der Testergebnisse. Ein Konsum unterhalb des Schwellenwerts ging mit einer geringeren kognitiven Leistung einher. Die Höhe des Schwellenwerts differierte zwischen den verschiedenen Testansätzen und lag in einem Fenster zwischen 1,22 mg/d (Z-Score) und 1,63 mg/d (DSST), was etwas über dem DGE-Referenzbereich von 1,0 – 1,5 mg Cu/d für erwachsene Frauen und Männer (auch im hohen Alter) liegt.
Bei der Betrachtung der Kupferaufnahme-Quartile fällt die klare weibliche Dominanz (62,3 % vs. 37,7 %) im Q1 (< 76 mg/d) mit der deutlich unter dem Referenzniveau liegenden Kupferaufnahme ins Auge. Dagegen dominieren die Männer in etwa gleichem Ausmaß (61,1 % vs. 38,9 %) das Q4 (≥ 1,44 mg/d) mit der höchsten Kupferzufuhr.Ursächlich für diesen Geschlechterunterschied dürfte die höhere Gesamt-Nahrungsaufnahme von Männern sein und weniger eine männertypische Lebensmittelauswahl. Denn an ergiebigen Kupferlieferanten mangelt es weder im Bereich tierischer (Rinderleber, Meeresfrüchte, bestimmte Fischarten und Käsesorten) noch im Bereich pflanzlicher Nahrung (Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Nüsse, Samen, bestimmte Gemüsesorten).
Inwieweit eine insgesamt weniger gute Kupferversorgung für die deutlich höhere Demenz-Prävalenz von Frauen – die nachweislich nicht auf der höheren Lebenserwartung beruht – von Relevanz ist, bleibt fraglich. Das Problem einer insgesamt unzureichenden Mikronährstoffversorgung, insbesondere hochbetagter Personen, ist allgemein bekannt. Belastbare Zahlen zum Kupferstatus mit Verbindungen zur Demenzenzwicklung sind aber nicht verfügbar.
Es ist bekannt, dass Kupfer ein essenzielles Spurenelement ist, bei dem sowohl eine Unterversorgung als auch eine längerfristige Überdosierung mit bedrohlichen Funktionseinbußen in verschiedenen Organsystemen einhergeht. Die Gefahr einer rein alimentär bedingten Schwermetall-Intoxikation ist allerdings gering, sofern keine entsprechende Vorerkrankung wie ein Morbus Wilson vorliegt oder ein Supplement-Missbrauch betrieben wird.
Studien zur Relevanz einer stabilen Kupfer-Homöostase fokussieren sich bis dato meist auf die reine Assoziation zwischen nutritiver Kupferaufnahme (in der Regel per Ernährungsfragebogen ermittelt) und Gedächtniszustand (über Kognitionstests ermittelt). Neben einem Mangel an longitudinalen Interventionsstudien gibt es auch kaum Erkenntnisse zu den möglichen Mechanismen, die Kupfer zu einem vermeintlich so sensiblen Spurenelement für die Gehirnleistung machen.
Kupferhaltiger Enzyme wie den Superoxiddismutasen haben antioxidative Wirkungen, die Neuronen vor oxidativen Stressschäden schützen. Darüber hinaus liefern Befunde am Mausmodell Hinweise, dass eine entgleiste Kupferhomöostase markante Veränderungen in der Gehirnzellphysiologie nach sich zieht. Dies betrifft unter anderem die Expression von Genen bzw. Proteinen, die in die Apoptose, insbesondere die Cuproptose, involviert sind (Bax, FDX1, DLAT). Darüber hinaus wird die zentralnervöse Signalübertragung durch veränderte prä- und postsynaptische Regulationsmechanismen massiv beeinträchtigt.
Wie groß der Anteil einer zentralnervösen Kupfer-Imbalance am Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit tatsächlich ist, lässt sich gegenwärtig nicht bewerten. Die mit steigender Lebenserwartung wachsenden Prävalenzen demenzieller Erkrankungen – Hochrechnungen im Rahmen der Global Burden of Disease Study gehen von einem Anstieg der weltweiten Betroffenenzahlen von aktuell ca. 60 Millionen auf fast 153 Millionen im Jahr 2050 aus – rechtfertigen intensive Forschungsbemühungen, auch im Bereich einzelner Spurenelemente. Auf Basis der minimalen Gefahren einer nutritiv bedingten „Kupfervergiftung“, kann gerade den älteren Bevölkerungsschichten die Beachtung einer möglichst Mikronährstoff-dichten, ergiebige Kupferlieferanten beinhaltenden Ernährung ans Herz gelegt werden – auch wenn hinsichtlich des demenzpräventiven Nutzens noch viele Unsicherheiten bestehen.
Jia et a.: Association between dietary copper intake and cognitive function in American older adults: NHANES 2011-2014. Sci Rep, 2025. doi: 10.1038/s41598-025-09280-9 An et al.: The Role of Copper Homeostasis in Brain Disease. Int J Mol Sci, 2022. doi: 10.3390/ijms232213850 Agarwal et al.: Brain copper may protect from cognitive decline and Alzheimer's disease pathology: a community-based study. Mol Psychiatry, 2022. doi: 10.1038/s41380-022-01802-5 Wei et al.: The Associations of Dietary Copper With Cognitive Outcomes. Am J Epidemiol, 2022. doi: 10.1093/aje/kwac040 Zhang et al.: Copper Induces Cognitive Impairment in Mice via Modulation of Cuproptosis and CREB Signaling. Nutrients, 2023. doi: 10.3390/nu15040972 Wang et al.: Cuproptosis: a new form of programmed cell death. Cell Mol Immunol, 2022. doi: 10.1038/s41423-022-00866-1 GBD 2019 Dementia Forecasting Collaborators. Estimation of the global prevalence of dementia in 2019 and forecasted prevalence in 2050: an analysis for the Global Burden of Disease Study 2019. Lancet Public Health, 2022. doi: 10.1016/S2468-2667(21)00249-8
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