Auf Tamponpackungen wird es erwähnt – abseits davon geht es selten um das toxische Schocksyndrom. Dabei kann es schnell tödlich enden. Wie es euch bei der Anamnese nicht entgeht.
Das toxische Schocksyndrom (TSS), umgangssprachlich auch als „Tamponkrankheit“ bezeichnet, ist eine seltene, aber sehr ernste Erkrankung. Es wurde das erste Mal 1978 beschrieben und fiel damals im Zusammenhang mit der Verwendung von Tampons aus synthetischen Materialien auf. Diese Materialien werden heute jedoch nicht mehr in Tampons verwendet. Ausgelöst wird die Erkrankung durch bestimmte Bakterien, die Toxine freisetzen – am häufigsten ist Staphylococcus aureus beteiligt. Seltener ist Streptococcus pyogenes der Auslöser. Diese Toxine wirken als sogenannte Superantigene. Sie überreizen das Immunsystem, wodurch es zu einer massiven Entzündungsreaktion kommt, die zu einem Schockzustand mit Organversagen führen kann.
Tampons und auch Menstruationstassen gelten weiterhin als mögliche Risikofaktoren, auch wenn das Risiko mittlerweile gesunken ist. Sie verbleiben über mehrere Stunden im Körper und halten Menstruationsblut zurück, was ein günstiges Milieu für Staphylococcus aureus schafft. Dadurch können sich die Bakterien leichter vermehren und Giftstoffe bilden, wobei Veränderungen des pH-Werts und des Sauerstoffgehalts diese Prozesse zusätzlich fördern. Das toxische Schocksyndrom betrifft aber nicht nur Frauen, es kann auch bei Männern sowie bei Kindern auftreten.
Viele Fälle, vor allem beim streptokokkenbedingten TSS, entstehen durch Infektionen der Haut oder des Gewebes darunter. Auch Infektionen im Wochenbett oder Operationen können Auslöser sein. Nach einer Infektion treten die Symptome meistens plötzlich auf.
Wichtig ist, dass das toxische Schocksyndrom immer eine medizinische Notfallsituation darstellt. Wenn plötzlich die genannten Symptome nach einer Infektion oder einer Verletzung auftreten, sollten Betroffene sofort ins Krankenhaus gehen, die Diagnose wird dann klinisch gestellt.
Zusätzlich werden Blutkulturen oder Abstriche von den möglichen Infektionsorten gemacht. Typisch sind deutliche Veränderungen in den Blutwerten wie erhöhte Leberwerte, Nierenfunktionsstörungen, Veränderungen im Blutbild oder Störungen der Blutgerinnung. Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder CT können notwendig werden, um schwerere Infektionen im Körper zu erkennen. Die Behandlung erfolgt immer im Krankenhaus.
Meist ist eine Behandlung auf der Intensivstation erforderlich, wobei erstmal der Kreislauf stabilisiert wird. Dazu erhalten die Betroffenen Flüssigkeit und Antibiotika, selbst wenn das genaue Bakterium noch nicht bestimmt ist. Oft wird Clindamycin eingesetzt, weil es die Toxinproduktion hemmt. Es wird mit Betalaktam-Antibiotika oder Vancomycin kombiniert. Sobald die Laborergebnisse dann vorliegen, wird die Therapie angepasst. In schweren Fällen wird eine Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen erwogen. Dabei handelt es sich um Antikörper aus Spenderblut, die über die Vene gegeben werden und das Immunsystem im Kampf gegen Erreger und deren Gifte unterstützen. Abgestorbenes Gewebe oder infizierte Fremdkörper müssen durch eine Operation entfernt werden.
Die Prognose hängt stark davon ab, wie schnell die Behandlung beginnt und welcher Erreger beteiligt ist. Beim staphylokokkenbedingten toxischen Schocksyndrom überleben die meisten Patienten – wenn rechtzeitig therapiert wird. Die Sterblichkeit liegt hier unter 3 Prozent. Beim streptokokkenbedingten toxischen Schocksyndrom ist das Risiko jedoch deutlich höher. Hier sterben 20 bis 60 Prozent der Betroffenen. Zudem können Rückfälle auftreten, vor allem bei Frauen, die nach einer Erkrankung weiterhin Tampons oder Menstruationstassen benutzen.
Um das Risiko zu verringern, sollten diese Produkte regelmäßig gewechselt und nur so lange getragen werden, wie es unbedingt notwendig ist. Von besonders saugfähigen Varianten wird abgeraten, während Binden keine erhöhte Gefahr darstellen. Auch wenn das toxische Schocksyndrom grundsätzlich in jedem Zusammenhang mit Staphylokokken auftreten kann, betont das Robert Koch-Institut, dass das Risiko in Deutschland insgesamt sehr gering ist. Die Erkrankung betrifft hierzulande, menstruationsabhängig, etwa 3 bis 6 von 100.000 Frauen im sexuell aktiven Alter pro Jahr.
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