Sportler schwören drauf, Studien streiten drüber: Thrombozytenreiches Plasma wird als überzeugender Cocktail aus körpereigenen Wachstumsfaktoren gehandelt. Ob es wirklich Entzündungen dämpft, Heilung beschleunigt und Schmerzen lindert, lest ihr hier.
Autologe Eigenblutbehandlungen erfolgten erstmals Anfang der 1960er Jahre, das Verfahren zur Herstellung von Platelet Rich Plasma (PRP) wurde aber erst in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre entwickelt, veröffentlicht und mit dem Vertrieb von Tischgeräten praxisfähig gemacht.
Je nach verwendetem Tischgerät werden einem Patienten 10 bis 60 ml Vollblut entnommen und zentrifugiert, das isolierte Plasma ggf. nochmals. Als Ergebnis verbleibt plättchenreiches Plasma, in dem die Thrombozytenkonzentration im Vergleich zu normalem Plasma auf das Drei- bis Fünffache erhöht ist. Thrombozyten sollen, laut Golebiewska et al., bei Aktivierung durch extrazelluläre Matrixkomponenten oder lösliche Agonisten über 300 unterschiedliche Proteine freisetzen können. Darunter verschiedene Wachstumsfaktoren wie PDGF (Thrombozyten), VEGF (vaskulär endothelial), TGF-β (transformierend), IGF-1 (insulinähnlich) und HGF (Hepatozyten) sowie die Interleukine IL-6 und IL-10.
Therapeutisch werden sie zur Geweberegeneration und gegen Inflammation eingesetzt. In Deutschland darf PRP von Ärzten in ihren Praxisräumen hergestellt und verwendet werden. Dabei gelten die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG) und des Transfusionsgesetzes (TFG). Die Herstellung muss bei der zuständigen Landesbehörde jedoch angezeigt werden. Vor der Herstellung sollten Patienten mündlich und schriftlich über das Verfahren der PRP-Herstellung und autologen Anwendung aufgeklärt werden und müssen ihre Zustimmung dazu geben. Die Risiken der Behandlung sind mit Infektionen, Schmerzen sowie Nerven- und Gewebeschäden an den Einstichstellen gering.
Aufgrund seiner Wirkung wird PRP auch in der Sportmedizin angewendet, um Entzündungsreaktionen sowie Schmerzen nach Verletzungen zu reduzieren und den Heilungsverlauf zu beschleunigen. PRP kommt insbesondere bei akuten und chronischen Muskel-, Sehnen-, Band- und Knorpelverletzungen zum Einsatz, wird aber auch bei degenerativen Erkrankungen wie Arthrose versucht. Üblicherweise besteht eine Behandlung aus zwei bis fünf Injektionen in wöchentlichem Abstand. Sollte sich nach der zweiten Anwendung keine Besserung einstellen, ist die Fortsetzung zu überdenken. Bei arthrotisch veränderten Gelenken wird eine PRP-Behandlung gerne mit Hyaluronsäure kombiniert, entweder in einer Injektion oder wöchentlich abwechselnd, was Schmerzen länger reduzieren soll.
Die Studienlage zur Wirksamkeit von PRP in der Sportmedizin ist nicht einheitlich und der Nutzen umstritten. Eine Metaanalyse von Belk et al. untersuchte 18 Studien zum Vergleich von plättchenreichem Plasma mit Hyaluronsäure bei Kniearthrose. Insgesamt 811 Patienten (Altersdurchschnitt 57,6 Jahre) wurden mit PRP- und 797 Patienten (59,3 Jahre) mit Hyaluronsäure-Injektionen behandelt. Innerhalb eines knappen Jahres (11,1 Monate) hatten die Patienten der PRP-Gruppe, im Vergleich zu den mit Hyaluronsäure behandelten Patienten, signifikant weniger Schmerzen und gaben eine signifikant bessere Kniefunktion an. Dabei zeigte sich eine Überlegenheit von leukozytenarmem gegenüber leukozytenreichem PRP. Bei der Auswertung der Studien gilt es allerdings zu beachten, dass es viele Anbieter von Hyaluronsäure unterschiedlicher Dichte und Viskosität gibt und die Patienten verschiedene Hyaluronsäure-Präparate erhielten, wodurch die Vergleichbarkeit eingeschränkt ist.
Aber auch die Zusammensetzung von PRP unterliegt individuellen Faktoren. Untersucht wurden der Einfluss von Alter, Geschlecht, Ernährung und Thrombozytenzahl bei Patienten. Eine Studie von Taniguchi et al. ergab eine negative Korrelation des Alters mit dem Thrombozytenwachstumsfaktor PDGF und dem insulinähnlichen Wachstumsfaktor IGF-1, während die Anzahl der Thrombozyten mit PDGF, dem transformierenden Wachstumsfaktor TGF-β, dem endothelialen Wachstumsfaktor VEGF und dem Hepatozytenwachstumsfaktor HGF positiv korrelierte. Das Geschlecht hatte keinen Einfluss auf die Wachstumsfaktoren.
Diskutiert wird aber eine Abhängigkeit von der Ernährung und einer möglichen Begleitmedikation. Nach einer Mahlzeit sinkt die Konzentration der Thrombozyten, sodass eine Blutabnahme in nüchternem Zustand angeraten ist. NSAR wirken sich ungünstig auf die therapeutischen Wirkungen von PRP aus. Bei vegetarischer und veganer Ernährung sind Thrombozytenzahlen und der Gehalt an Wachstumsfaktoren geringer als bei ausgewogener Nahrungsmittelzufuhr. Die Blutzusammensetzung unterliegt außerdem einer zirkadianen Rhythmik und wird u.a. vom Kortisonspiegel, dem Immunstatus, der körperlichen Verfassung und Stressfaktoren beeinflusst.
PRP wird weniger im Breitensport, sondern eher im Leistungs- und Spitzensport eingesetzt, wo jeder gewonnene Tag bis zur Wiederherstellung der vollen Gewebebelastbarkeit wertvoll ist. Im Jahr 2010 stand PRP sogar auf der Dopingliste der Welt-Antidoping-Agentur WADA, wurde aber bereits 2011 wieder von der Liste der unerlaubten Verfahren gestrichen. Begründet wurde die Streichung mit einer zu geringen Konzentration der körpereigenen Wachstumsfaktoren, mit der keine leistungssteigernde Wirkung erreicht werden kann.
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass die PRP-Zusammensetzung und irkung aufgrund der intra- und interindividuellen Heterogenität von derart vielen Faktoren abhängig ist bzw. beeinflusst wird, dass es zu einer uneinheitlichen Studienlage kommt. Dennoch kann es in der Sportmedizin nach Verletzungen oder bei chronischen Überbelastungen, in Absprache mit den Sportlern, wegen der geringen Risiken additiv zu physiotherapeutischen Anwendungen eingesetzt werden. Für den Arzt sind als Hersteller und Anwender des PRP dabei gesetzliche Vorschriften zu beachten.
Belk et al.: Platelet-Rich Plasma Versus Hyaluronic Acid for Knee Osteoarthritis: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Am J Sports Med, 2020. doi: 10.1177/0363546520909397
Golebiewska et al.: Secrets of platelet exocytosis—what do we really know about platelet secretion mechanisms? Br J Haematol, 2013. doi: 10.1111/bjh.12682
Platzer et al.: „Platelet-rich plasma“ (PRP). Orthopädie, 2023. doi: 10.1007/s00132-023-04442-x
Taniguchi et al.: Growth factor levels in leukocyte-poor platelet-rich plasma and correlations with donor age, gender, and platelets in the Japanese population. Journal of Experimental Orthopaedics, 2019. doi: 10.1186/s40634-019-0175-7
Bildquelle: Susan Wilkinson, Unsplash