Jugend schützt vor Rückenschmerzen nicht – das merken auch wir Kinderärzte. Warum mehr Bewegung nicht immer gut ist und was wir bei der Anamnese beachten sollten.
Chronische Schmerzen gehören zum Alltag in der kinder- und jugendärztlichen Praxis. Neben Kopf- und Bauchschmerzen treten inzwischen auch immer häufiger Gelenk- und Rückenschmerzen auf – vor allem bei sportlich aktiven Patienten. Über unspezifische Rückenschmerzen bei Sportmuffeln sprechen wir ein anderes Mal.
Eine aktuelle Studie aus Brandenburg liefert dazu aufschlussreiche Ergebnisse, die insbesondere Kinderärzte, Orthopäden sowie Sportmediziner aufmerksam machen sollten.
Bei der Untersuchung von 2.000 Jugendlichen, die regelmäßig Sport im Verein machen, fanden sich bei 30 Prozent Klagen über Rückenschmerzen. Viele dieser Jugendlichen hatten zuvor nicht über Schmerzen berichtet, erst durch die Aufnahme intensiveren Sports kam es zu den Beschwerden. Besonders betroffen waren die Sportarten Rudern oder Kanu, Ringen, Turnen, Turmspringen, Fußball, Handball, Judo und Tennis (interessant: Schwimmen wird nicht erwähnt).
In der weiterführenden Diagnostik fand sich bei einem Viertel bis Drittel der oben genannten Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren Wirbelbogenödeme, die zu Wirbelbogenbrüchen (Spondylolyse) führen können. Besonders betroffen ist die Lendenwirbelsäule.
Studienleiter Dr. Michael Cassel, leitender Oberarzt der Hochschulambulanz der Uni Potsdam, appelliert an Trainer und Eltern, Kinder bei akuten Rückenschmerzen auf weiteren Sport verzichten zu lassen. Auch Freizeitsportler wie Fußballer (mit zweimal Training und Spiel am Wochenende) scheinen gefährdet. Es gilt zu unterscheiden, ob die Ursache der Schmerzen spezifisch ist (wie die oben genannten Wirbelveränderungen) oder unspezifisch ohne organische Ursache. Bei Letzterem kann der Sport normal weiter ausgeübt werden.
In unserer Praxis führen wir regelmäßig Sportuntersuchungen durch, wie sie inzwischen von vielen Vereinen gefordert werden. Dabei legen wir den Schwerpunkt auf Kreislaufprobleme, auch Herzrhythmusstörungen, aber auch asthmatische Probleme im Ausdauerbereich – ganz der internistische Blick.
Angesichts der neuen Erkenntnisse sollten jedoch auch Rückenschmerzen stärker in den Mittelpunkt rücken. Die bestehende Leitlinie für Rückenschmerzen bei Kindern fordert eine weiterführende Diagnostik mit Bildgebung durch MRT bei Beschwerden, die länger als 14 Tage andauern.
Bei ungefähr zwei bis drei Sportuntersuchungen pro Woche in unserer Praxis waren chronische Rückenschmerzen bisher selten. Ein jugendlicher Handballspieler mit einer Spondylolyse musste ein halbes Jahr aussetzen mit seinem Sport – Höchststrafe für ihn. Lediglich Physiotherapie war erlaubt.
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