Blähungen, Krämpfe, Diarrhoe: Reizdarm oder doch Endometriose? Das ist manchmal gar nicht so eindeutig. Was Bohnen, Honig und Milch damit zu tun haben und wie die FODMAP-Diät helfen kann.
Endometriose ist das Chamäleon unter den gynäkologischen Erkrankungen und betrifft bis zu 10 Prozent der Frauen im reproduktionsfähigen Alter. Es handelt sich um eine benigne Absiedelung endometriumartiger Zellverbände außerhalb der Gebärmutterhöhle. Betroffen sein können die Muskulatur des Uterus (Adenomyosis uteri), Adnexen und Vagina, aber auch Peritoneum, Lunge, Leber, harnableitende Wege und der Darm.
Die Endometrioseherde verursachen außergewöhnlich heftige Schmerzen während der Periode, beim Geschlechtsverkehr, Wasserlassen oder der Darmentleerung. Berichtet werden zyklische Schmerzen, aber auch azyklische, diffuse Unterbauchschmerzen sind nicht unüblich. Das macht die Abgrenzung zu anderen Krankheitsbildern und zur Psychosomatik schwer, sodass Diagnostik und Therapie der Endometriose eine Herausforderung sind. Die Erkrankung bleibt oft lange unerkannt, verursacht chronische Schmerzen, Sterilitätsprobleme und nicht selten auch psychische Beeinträchtigungen.
Laut Leitlinie wird eine Beteiligung des Darmes bei rund 10 Prozent der Patientinnen mit einer (zumeist tief infiltrierenden) Endometriose beobachtet. Gastrointestinale Beschwerden sind jedoch deutlich häufiger. Um diese Beschwerden zu behandeln, empfehlen australische Wissenschaftler nun – basierend auf einer klinischen Studie – die sogenannte FODMAP-Diät.
Forscher der Monash University in Melbourne, Australien haben vor 20 Jahren eine FODMAP-arme Diät bei Reizdarmsyndrom entwickelt. FODMAP ist die Abkürzung für „fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole“. Diese Kohlenhydrate werden im Darm nicht vollständig verstoffwechselt und können bei manchen Menschen Verdauungsbeschwerden verursachen. FODMAP sind osmotisch wirksam und fördern einen Wassereinstrom in das Darmlumen. Im Dickdarm werden die Kohlenhydrate von Darmbakterien fermentiert, wobei Gase freigesetzt werden. Die zusätzlichen Gase und Wasser bewirken, dass sich die Darmwand ausdehnt. Dies führt zu Blähungen, Krämpfen und Diarrhoe.
Vermieden werden bei der FODMAP-Diät beispielsweise Weizen, Zwiebeln, Knoblauch und Bohnen (Oligosaccharide), weiterhin Milchprodukte (Disaccharide), außerdem bestimmte Fruchtsorten und Honig (Monosaccharide), ferner verschiedene Süßigkeiten (Polyole). Nach einer etwa 6-wöchigen Eliminationsphase erfolgt eine Wiedereinführungsphase, um festzustellen, welche Produkte individuelle Symptome auslösen. Zuletzt schließt sich die Personalisierungsphase an. Seit 2012 gibt es eine offizielle FODMAP-Diät App und seit 2023 ein Kochbuch.
An der australischen Studie der Monash University, nahmen 35 Frauen über 18 Jahre teil, bei denen eine diagnostizierte Endometriose vorlag und die zusätzlich über gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen, veränderte Stuhlgewohnheiten und Schmerzen beim Stuhlgang berichteten.
Die Teilnehmerinnen wurden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Diäten über eine Dauer von 28 Tagen zugeteilt. Beide Diäten basierten auf den australischen Richtlinien für gesunde Ernährung, aber nur eine war eine FODMAP-arme Diät. Die Teilnehmerinnen kehrten anschließend für ebenfalls 28 Tage zu ihrer gewohnten Ernährung zurück. Die beiden Studiendiäten waren hinsichtlich Makro- und Mikronährstoffe, sowie Ballaststoffen aufeinander abgestimmt und unterschieden sich hauptsächlich im FODMAP-Gehalt.
„Sechs von zehn Patienten sprachen auf die Low-FODMAP-Diät an und berichteten über klinisch signifikante Verbesserungen der gastrointestinalen Symptome“, so Dr. Jane Varney, leitende Ernährungsberaterin an der Monash University. Die Studie zeige zum ersten Mal, dass eine Low-FODMAP-Diät die Schwere der gastrointestinalen Symptome bei Frauen mit Endometriose deutlich verbessert.
Mehr als 75 Prozent der Frauen mit Endometriose leiden, laut Varney, an gastrointestinalen Symptomen, die denen von Patienten mit einem Reizdarmsyndrom ähneln. Viele Frauen mit Endometriose hätten daher versucht, ihre Ernährung umzustellen, es gab aber bisher nur begrenzte Indizien dafür, dass ein spezieller Ernährungsansatz infrage käme.
„Bauchschmerzen und Blähungen verbesserten sich, die Stuhlform normalisierte sich und die Lebensqualität steigerte sich. Angesichts der hohen Prävalenz gastrointestinaler Symptome bei Frauen mit Endometriose und dem Fehlen gezielter Behandlungen hebt diese Studie eine Diättherapie hervor, die vielen Frauen Linderung verschaffen kann“, so Varneys Resümee der Studienergebnisse.
Das Reizdarmsyndrom ist mit einer Prävalenz von etwa 11 Prozent – Frauen sind im Verhältnis 2:1 gegenüber Männern betroffen – ein häufiges, aber relativ unscharf definiertes, gastroenterologisches Krankheitsbild, das sich durch diffuse abdominelle Beschwerden auszeichnet. Es wird nicht selten den psychosomatischen Erkrankungen zugeordnet und ist im strengen Sinn eine Ausschlussdiagnose. Sie wird dann gestellt, wenn trotz sorgfältiger Diagnostik keine organischen Ursachen für bestehende abdominelle Beschwerden gefunden werden können. Die genaue Pathogenese ist unklar.
Endometriose und Reizdarmsyndrom ähneln sich bezüglich der Symptome und können diagnostisch zu Unsicherheiten führen. Außerdem haben Studien ein höheres Risiko für ein Reizdarmsyndrom bei Frauen mit Endometriose im Vergleich zu Frauen ohne Endometriose beobachtet. So hat eine Meta-Analyse aus Italien den Zusammenhang beider Erkrankungen untersucht und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Risiko für ein Reizdarmsyndrom bei Frauen mit Endometriose im Vergleich zu Frauen ohne diese Erkrankung zwei- bis dreimal höher ist.
Eine Einschränkung der Studie ist die überschaubare Teilnehmerzahl von 35 Frauen und der relativ kurze Beobachtungszeitraum von einigen Wochen – hier wären mehr Daten wünschenswert. Da in vorausgegangenen Studien eine erhöhte Korrelation zwischen Endometriose und Reizdarmsyndrom auffiel, wäre es interessant, inwiefern bei den Teilnehmerinnen eine Darmbeteiligung durch Endometrioseherde histologisch verifiziert wurde – ob also tatsächlich Endometriose-spezifische Beschwerden gelindert wurden. Wenn ja, stellt sich die Frage, wie hier die Wirkung einer Low-FODMAP-Diät zu erklären ist. Auf jeden Fall sollten groß angelegte Studien folgen, um mehr Erkenntnis und Therapieansätze in ein noch erheblich unterbelichtetes Kapitel der Gynäkologie zu bringen.
Bildquelle: Midjourney