Bohren, Füllen, Spülen – Routine, die von Zahnmedizinstudenten geübt werden will. Doch das nötige Übungsmaterial ist rar und teuer. Wie ein 3D-Drucker jetzt helfen kann.
Ob Kariesexkavation, Kronenpräparation oder Wurzelkanalbehandlung – so unterschiedlich diese zahnmedizinischen Eingriffe auch sind, eines haben sie gemeinsam: Sie erfordern viel Praxiserfahrung. Für Zahnmedizinstudenten kommen Übungen am Patienten zum Anfang der Karriere klassischerweise nicht infrage. Die nötigen Echtzähne stammen z. B. aus Praxen, sind aber begrenzt. Zwar gibt es bereits Übungszähne auf dem Markt, die echte Zähne ersetzen können, jedoch sind diese in der Regel teuer und nicht für den breiten oder wiederholten Einsatz in der Lehre geeignet. Eine mögliche Lösung: die Übungszähne einfach selbst drucken.
Ein Forschungsteam der Universitätsklinik Würzburg hat realitätsnahe Zahnmodelle aus Harz entwickelt, die mit mehreren Materialschichten ausgestattet sind. Inklusive Zahnhartsubstanz, Dentin, Pulpa und sogar röntgendichten Bereichen. Die Haptik kommt dem natürlichen Zahn erstaunlich nahe, was nicht nur präzise Vorbereitung auf den klinischen Alltag ermöglicht, sondern auch für gerechtere Prüfungsbedingungen in der Lehre sorgt.
Die Idee, Zähne selbst für die Studenten zu drucken, ist nicht ganz neu. Bereits 2019 wurden mehrschichtige 3D-Zähne mit realistischer Dentin- und Schmelzstruktur als Übungsmodelle etabliert. Diese stießen sowohl bei Zahnärzten als auch bei Studierenden auf große Zustimmung. Die Modelle wurden als realitätsnah, lehrreich und gut steuerbar beschrieben, insbesondere beim Üben von Präparationstechniken.
Die aktuellen Entwicklungen gehen sogar über diese ersten Modelle hinaus. 2024 wurden gedruckte Zähne mit künstlich eingebauter Karies, Pulpakammern und Röntgenfähigkeit eingeführt und unter den Studenten getestet. Das Ergebnis: Studenten schnitten nicht nur in praktischen Übungen besser ab, sie fühlten sich auch sicherer und empfanden das Training als deutlich hilfreicher im Vergleich zu klassischen Kunststoffzähnen.
Was auf den ersten Blick wie Spielerei wirken mag, ist in Wahrheit ein durchdachtes System für zukunftsfähige Lehre. Die Kombination aus realitätsnahen 3D-Modellen und intelligenten digitalen Tools fördert nicht nur handwerkliches Können, sondern auch Eigenverantwortung und Selbstkorrektur im Behandlungsprozess.
Lehrpersonen profitieren von objektiveren Leistungsbewertungen und entlasteten Ressourcen. Studenten erhalten ein faires, wiederholbares Übungssystem, das ohne biologische Materialien auskommt und die Kosten im ohnehin bereits kostenintensiven Studiengang ein wenig senkt. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Übungsmodellen sind die 3D-gedruckten Zähne hygienisch sowie ethisch unbedenklich und beliebig reproduzierbar.
Insgesamt zeichnen sich die Entwicklungen durch eines aus: Sie schließen die Lücke zwischen Theorie und Praxis. Die 3D-Zähne decken heute nicht nur einfache Bohrtechniken ab, sondern komplexe klinische Szenarien. Eingriffe wie Pulpenbehandlungen oder Brückenversorgungen lassen sich realitätsnah und wissenschaftlich fundiert durchführen. Die aktuellen 3D-Modelle bieten bereits ein breites Spektrum an Möglichkeiten und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Zukünftig sollen die Zähne um Sensorik, KI-gestützte Assessments sowie cloudbasierte Lernspeicher ergänzt werden. So entsteht ein zukunftsweisendes Trainingssystem, das praxisnahe Lehre und digitale Innovation wirkungsvoll vereint.
Bildquelle: Midjourney