Leistungssport ist gut fürs Herz – oder doch nicht? Studien legen jetzt nahe, dass eine starke dauerhafte Belastung des Herzmuskels das Risiko für Vorhofflimmern steigern könnte.
Vorhofflimmern (VHF) ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen und stellt eine große Herausforderung in der Kardiologie dar. Etwa 2 % der Bevölkerung leiden an VHF. Von den über 65-Jährigen sind etwa 8 % betroffen. VHF ist gekennzeichnet durch unregelmäßige und oft schnelle Herzschläge, die das Risiko für Schlaganfälle, Herzinsuffizienz und andere kardiovaskuläre Komplikationen erhöhen können. Im Kontext des Leistungssports gewinnt die Thematik zunehmend an Bedeutung, da intensive körperliche Belastung auf die Entwicklung von VHF Einfluss zu haben scheint. Studien deuten darauf hin, dass Ausdauer- und Leistungssportler ein erhöhtes Risiko für VHF aufweisen, was auf die chronische Belastung des Herzens und strukturelle Veränderungen zurückzuführen sein könnte.
Eine im Juni 2025 im European Heart Journal erschienene Studie untersucht VHF bei ehemaligen Weltklasseruderern im Hinblick auf die Rolle von Umwelt- und genetischen Faktoren. Ausdauersportarten wie Rudern können das Herz-Kreislauf-System auf positive Weise beeinflussen: Durch die rhythmische und gleichmäßige Belastung wird die Herzfrequenz erhöht, was zu einer verbesserten kardiovaskulären Ausgangslage führen kann. In der aktuellen Studie wurden ehemalige Ruderer im Alter von 45–80 Jahren, die an internationalen Meisterschaften teilnahmen, mit einer Kontrollgruppe aus der britischen Biobank verglichen, die im Hinblick auf Alter und Geschlecht gleich war.
Die Analyse umfasste 12-Kanal- und Langzeit-EKGs, eine kardiale Magnetresonanztomographie (MRT) sowie genetische Analysen. Die genetischen Analysen umfassten auch die Auswertung seltener Varianten und der Ableitung eines validierten polygenen Vorhofflimmer-Risikoscores (AF-PRS). Es wurden insgesamt 121 ehemalige Ruderer in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Alter lag bei 62 Jahren und 74 % der Kohorte waren männlich. Unter ihnen waren 21 erfolgreiche Olympia-Teilnehmer (9 x Gold, 10 x Silber und 2 x Bronze).
Von den Ruderern zeigten 26 (21,5 %) VHF im Vergleich zu 364 von 11 495 Kontrollpersonen (3,2 %). Es zeigte sich ein Prävalenz-Risiko-Verhältnis von 6,8 [95 %-Konfidenzintervall (KI) 4,7–9,8]. Auch die Häufigkeit von VHF im 4-Jahres-Follow-up war höher [6 von 95 Ruderern (6,3 %) vs. 252 von 11 131 Kontrollpersonen (2,3 %), Hazard Ratio 2,8 (95 %-KI 1,6–5,0)]. Im Vergleich zu den Kontrollpersonen präsentierten die Ruderer eine stärkere strukturelle und elektrophysiologische kardiale Veränderung. Die MRT zeigte, dass die Herzmasse und das linksventrikuläre Volumen größer waren als in der Kontrollgruppe.
Das EKG der Ruderer dokumentierte eine Bradykardie mit einer Verlängerung von PQ-QRS und QT-Intervallen. Die Sportler hatten ähnliche kardiovaskuläre Risikofaktorenprofile, aber eine höhere Schlaganfallprävalenz als die Kontrollpersonen [3,3 % vs. 1,1 %, Risikoverhältnis 3,0 (95 %-KI 1,1–7,9)]. Die ehemaligen Ruderer waren nicht häufiger adipös oder übergewichtig. Keiner von ihnen rauchte, und sie bewegten sich mehr. Bei einigen bestand weiterhin eine sportliche Aktivität. Nur ein höherer Alkoholkonsum war in der Gruppe der ehemaligen Profisportler häufiger als in der Kontrollgruppe zu beobachten. Keiner der ehemaligen Ruderer hatte bisher einen Myokardinfarkt erlitten; allerdings berichtet einer über eine bestehende Angina.
Die genetischen Analysen ergaben, dass 2,7 % eine Genvariante aufwiesen, die für eine Kardiomyopathie prädisponiert. Folge einer solchen Kardiomyopathie können Herzrhythmusstörungen wie VHF sein. Der AF-PRS, der in der UK-Biobank eine erhöhte Anfälligkeit für ein VHF anzeigte, war bei den ehemaligen Ruderern häufiger mit einem VHF assoziiert. Schlussendlich konnte die Studie die Ursache der erhöhten Inzidenz und Prävalenz des VHF bei ehemaligen Elitesportlern aber nicht abschließend klären.
Die Daten von M. Darragh Flannery et al. belegen erneut, dass Profisport im Ausdauerbereich das Risiko von VHF erhöhen kann. Wilhelm diskutierte im Jahr 2014, wie intensives Ausdauertraining, insbesondere Marathonläufe, das Risiko für VHF erhöhen kann. Er nannte unter anderem eine konzentrischere linksventrikuläre Umgestaltung und eine veränderte diastolische Funktion, welche im Rahmen von Ausdauersport auftreten kann. Dies trage möglicherweise zu einer ausgeprägten Vorhofumgestaltung bei und könne somit VHF begünstigen.
Ebenfalls konnte für Ski-Langläufer auf Spitzen-Niveau ein höheres Risiko für Herzrhythmusstörungen gezeigt werden. Untersucht wurden insgesamt rund 47 500 Spitzensportler, die sich zwischen 1989 und 1998 am 90 Kilometer-Langlauf-Wettbewerb „Vasaloppet“ beteiligt hatten. Auf dem Kongress der European Society of Cardiology im Jahr 2011 berichtet Dr. Kasper Andersen (Medizinische Universität Uppsala, Schweden), dass dieses Risiko mit der Häufigkeit der Teilnahme an Ausdauer-Wettbewerben und mit der Intensität des körperlichen Einsatzes steige. Sportler, die bereits sieben Mal oder öfter an diesem strapaziösen Wettkampf teilgenommen hatten, hatten ein um 29 % höheres Risiko von Herzrhythmusstörungen nach dem Wettkampf als jene, die das erste Mal mitgemacht hatten. Am häufigsten wurden bei den Langläufern VHF und bradykarde Herzrhythmusstörungen detektiert.
Die Datenlage zeigt, dass Spitzenausdauersportler eine deutlich höhere Prävalenz und Inzidenz von VHF haben. Die Daten früher Studien und der aktuellen Publikation legen nahe, dass trainingsbedingte kardiale Umbauprozesse und genetische Prädispositionen zu VHF bei Ausdauersportlern beitragen. Für den klinischen Alltag bedeutet dies, dass insbesondere bei Spitzenausdauersportlern ein regelmäßiges Screening auf VHF sinnvoll sein kann. Auch unter dem Aspekt, dass in der aktuellen Studie die ehemaligen Ruderer eine höhere Schlaganfallprävalenz aufwiesen.
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