Bolus-Wissen: Impfung per Zahnseide

Bolus-Wissen: Impfung per ZahnseideImmunität übers Zahnfleisch, aktivierter Seh- und Hörsinn bei blinden und tauben Patienten und eine therapeutische Impfung bei chronischer Hepatitis B – hier erhältst du wirksame Wissens-Boli zum Angeben.

Impfung über Zahnseide

Können wir bald Impfungen über das junctionale Epithel im Zahnfleisch verabreichen – mittels Zahnseide? Das haben Forscher jetzt zumindest im Tiermodell erfolgreich gezeigt. Hierfür wurde Impfstoff auf ungewachste Zahnseide aufgetragen und in die Zahnfleischtaschen von Mäusen eingebracht. Diese Technik löste eine starke Antikörperantwort auf Schleimhautoberflächen – insbesondere in Nase und Lunge – aus und zeigte vergleichbare Ergebnisse zur intranasalen Verabreichung.

bild_low-res_gill_floss_header_-_credit_jie_sun__nc_state_un_original.jpg Impfstoffapplikation über Zahnseide. Credit: Jie Sun, NC State University

Im Vergleich zu sublingualer Applikation erwies sich die neue Methode als deutlich effektiver. Auch bei Protein-, inaktivierten Virus- und mRNA-Impfstoffen wurde eine robuste systemische und mukosale Immunantwort beobachtet. Im Humanversuch konnte mit Zahnseidehaltern in 60 % der Fälle erfolgreich Farbe in der Zahnfleischtasche deponiert werden – ein Hinweis auf die potenzielle Praxistauglichkeit der Technik.

Die Methode könnte nadelfreie, einfach anzuwendende und kosteneffiziente Impfungen ermöglichen. Einschränkungen bestehen aber bei Kleinkindern und bei Personen mit parodontalen Erkrankungen. Die Forscher planen jetzt klinische Studien. Die bisherigen Ergebnisse wurden in Nature Biomedical Engineering publiziert.

Molekularer Schalter: Ton an, Licht an

Neues aus der Optogenetik: Göttinger Forscher haben ein lichtempfindliches Protein entwickelt, das den Seh- und Hörsinn blinder und tauber Patienten wiederherstellen kann. Außerdem soll es den Herzrhythmus regulieren können.

Perspektivisch eröffnen sich so neue therapeutische Optionen. Wie die Wissenschaftler in Nature berichten, sollen schon kleinste Lichtmengen ausreichen, um den molekularen Schalter zu aktivieren. „Durch die gezielte Veränderung des Bauplans dieses lichtaktivierbaren Proteins und den Einsatz von zum Teil roboterbasierten Analysemethoden, ist es uns gelungen, die Effizienz der optogenetischen Anregung deutlich zu steigern“, erklärt Dr. Thomas Mager, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Das bringe die Forschung an dem Schalter einen Schritt weiter in Richtung Anwendbarkeit beim Menschen.

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Therapeutischer Impfstoff gegen Hepatitis B

Chronische Hepatitis B ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit, von der rund 254 Millionen Menschen betroffen sind. Obwohl vorbeugende Impfungen und antivirale Behandlungen zur Verfügung stehen, gibt es bisher keine Therapie, die das Virus vollständig heilen kann. Seit über 13 Jahren wird an einem passenden, therapeutischen Impfstoff geforscht. Im Juni 2025 wurde nun der erste Patient mit dem Impfstoff behandelt.

TherVacB ist ein unter der Leitung von Helmholtz Munich neu entwickelter therapeutischer Impfstoff gegen chronische Hepatitis B. Das Forscherteam um Prof. Ulrike Protzer setzt dabei auf eine Prime-Boost-Strategie: Zuerst werden bestimmte Proteine verabreicht, die das Immunsystem vorbereiten. Danach folgt eine Auffrischung mit einem modifizierten viralen Vektor (MVA), der die zelluläre Immunantwort verstärkt. So sollen sowohl Antikörper als auch T-Zellen gezielt gegen das Hepatitis-B-Virus aktiviert werden, sodass der Körper das Virus selbst bekämpfen und eliminieren kann.

Schon in der vorangegangenen Phase-Ia-Studie mit gesunden Freiwilligen zeigte der Impfstoff ein gutes Sicherheitsprofil und löste eine gezielte Immunantwort aus. Jetzt wird die Entwicklung in einer multizentrischen Phase-Ib/IIa-Studie weitergeführt. Der Impfstoff wurde so entwickelt, dass er über 95 Prozent der weltweit vorkommenden HBV-Stämme abdeckt – damit könnte er bald für mehr als 250 Millionen chronisch Infizierte weltweit wirksam sein.

Bildquelle: Jordan González, Unsplash