Wissenschaftler deckten in einer aktuellen Studie das Zusammenspiel dreier Ribonukleinsäuren bei der Entstehung von Leukämien auf. Mithilfe der Forschungsergebnisse erhoffen sie sich, neue Therapien gegen die Erkrankung entwickeln zu können.
Die Wissenschaftler um Dr. Jan-Henning Klusmann, Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) konzentrieren sich dabei unter anderem auf die Funktion bestimmter Ribonukleinsäuren (RNAs). „Wir wussten bereits, dass diese ‚microRNAs’ eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von reifen Blutzellen aus Stammzellen spielen — und, dass ein Großteil von ihnen im Genom als ‚Cluster’ eng beieinander liegt und zusammen gebildet wird. Doch unklar war bisher, wie sie gemeinsam die Prozesse in einer Zelle steuern“, sagt Erstautor Stephan Emmrich.
Die Forscher konnten nun zeigen, dass bei einer speziellen Form der Leukämie (der akuten megakaryoblastären leukämischen Leukämie) drei microRNAs (miR-99a, let-7c und miR-125b) aus einem Cluster auf Chromosom 21 stark angereichert sind. Mit Hilfe eines neuartigen Ansatzes fanden sie heraus, dass die drei microRNAs nur gemeinsam Stammzellen dauerhaft vermehren und Leukämiezellen vor dem Zelltod schützen können. „Der Schutz der Leukämiezellen durch die drei microRNAs verleiht ihnen einen Wachstumsvorteil gegenüber den normalen Zellen und so verdrängen sie die normale Blutbildung“, erläutert Dr. Klusmann. Die einzelnen microRNAs verstärken sich in ihrer Funktion gegenseitig. Ihr gemeinsamer Effekt übertrifft den Effekt jeder einzelnen miRNAs. „Unsere Ergebnisse werden unseren Blick auf das Zusammenspiel von Genen der Zelle erweitern und so zu neuen Lösungen in der Biomedizin beitragen“, sagt Dr. Klusmann. Originalpublikation: miR-99a/100∼125b tricistrons regulate hematopoietic stem and progenitor cell homeostasis by shifting the balance between TGFβ and Wnt signaling Stephan Emmrich et al.; Genes & Dev., doi: 10.1101/gad.233791.113, 2014