Impfungen gegen Grippe haben eine Wirksamkeit von 40–60 Prozent – der neue Wirkstoff CD388 könnte eine effektivere Alternative sein. Erfahrt hier, warum er für Hochrisikogruppen besonders wichtig ist.
Auf der Nordhalbkugel treten saisonale Influenzaepidemien typischerweise in den Wintermonaten nach dem Jahreswechsel auf. Schätzungen zufolge infizieren sich jährlich 5 bis 20 Prozent der Bevölkerung, wobei die Schwere der jeweiligen Saison stark variiert. In besonders ausgeprägten Jahren – wie etwa 2012/2013 – wurden in Deutschland etwa 30.000 influenzaassoziierte Krankenhauseinweisungen und rund 20.000 Todesfälle registriert. Im Vergleich dazu verlief die Saison 2013/2014 deutlich milder, mit etwa 3.000 hospitalisierten Fällen und ohne Hinweise auf eine signifikante Übersterblichkeit.
Zur Prävention werden derzeit primär allgemeine Hygienemaßnahmen (z. B. regelmäßiges Händewaschen) sowie die saisonale Influenzaimpfung empfohlen. Die Effektivität der verfügbaren Impfstoffe liegt dabei je nach Saison und Übereinstimmung mit den zirkulierenden Virenstämmen zwischen 40 und 60 Prozent. Eine besondere Herausforderung stellt der Schutz älterer Personen dar: Aufgrund der altersbedingten Immunseneszenz ist die Impfantwort in dieser vulnerablen Bevölkerungsgruppe häufig abgeschwächt – bei gleichzeitig erhöhtem Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen.
Ein innovativer präventiver Ansatz wurde nun durch das Unternehmen Cidara Therapeutics vorgestellt. In einer aktuellen Phase-IIb-Studie wurde die Wirksamkeit von CD388, einem langwirksamen, einmalig subkutan verabreichten Grippemedikament zur saisonalen Prophylaxe untersucht. Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer Pressemitteilung und einer Investorenkonferenz vorgestellt.
Die multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie schloss über 5.000 gesunde, ungeimpfte Erwachsene in den USA und Großbritannien ein, die kein erhöhtes Risiko für Influenza-Komplikationen aufwiesen. Ziel war die Beurteilung von Sicherheit, Pharmakokinetik sowie der Rate labor- und klinisch bestätigter Influenzaerkrankungen nach einmaliger Gabe von CD388 in unterschiedlichen Dosierungen (150 mg, 300 mg, 450 mg) im Vergleich zu Placebo zu Beginn der Grippesaison. Die Probanden wurden über die gesamte Saison hinweg auf das Auftreten von Durchbruchinfektionen überwacht. Der primäre Endpunkt war die prozentuale Reduktion symptomatischer Influenzaerkrankungen in den Verum-Gruppen im Vergleich zur Placebogruppe.
CD388 basiert auf Zanamivir, einem seit 1999 zugelassenen Neuraminidase-Hemmer. Das Enzym Neuraminidase ist entscheidend für die Freisetzung neu gebildeter Virionen von der Oberfläche infizierter Zellen. Um die Wirkdauer für eine saisonale Prophylaxe zu verlängern, wurde eine chemisch modifizierte Form von Zanamivir entwickelt und an ein modifiziertes Fc-Antikörperfragment gekoppelt, welches die biologische Halbwertszeit signifikant verlängert.
Die höchste getestete Dosis (450 mg) zeigte eine relative Risikoreduktion von 76,1 Prozent im Vergleich zu Placebo. Die mittlere Dosis (300 mg) erreichte eine Effektivität von 61,3 Prozent, die niedrigste Dosis (150 mg) lag bei 57,7 Prozent. In keiner der Gruppen wurden schwerwiegende Nebenwirkungen beobachtet. Für Anfang 2026, während der Grippesaison auf der Südhalbkugel, plant Cidara eine weitere Phase-III-Studie zur Wirksamkeit von CD388. In dieser soll zusätzlich eine parallele Grippeimpfung möglich sein – mit dem Ziel, potenziell synergistische Effekte beider Strategien zu untersuchen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf Personen mit geschwächtem Immunsystem und chronischen Grunderkrankungen gelegt.
Mit CD388 könnte somit ein neuartiger, ergänzender Baustein zur saisonalen Influenza-Prophylaxe zur Verfügung stehen – insbesondere für Bevölkerungsgruppen, die von der bestehenden Impfstrategie bislang nur unzureichend profitieren.
Bildquelle: Midjourney