Nach der Gartenarbeit sind Hautverletzungen keine Überraschung. Doch als Herr Schäfer gleich mehrere Blasen an seinem Arm entdeckt, erschrickt er. Was ist hier passiert?
Herr Schäfer hat endlich ein Wochenende frei – höchste Zeit, sich endlich um den völlig verwilderten Garten zu kümmern. Im hinteren Drittel hat sich im letzten Jahr ein immer dichterer Dschungel aus Gräsern, Büschen und andern Pflanzen gebildet. Er packt sich also die Heckenschere und legt los. Anfangs geht es leicht, dann steht er plötzlich vor einem halb verblühten Meer an weißen Blütendolden – riesige Schirme auf hohlen, borstigen Stängeln, dick wie eine Faust. Da muss der Spaten her: Weg damit, das braucht hier niemand.
Wenige Stunden später ist die stolze Pflanze Geschichte – und Herr Schäfer lässt sich zufrieden, aber erschöpft in seinen Gartenstuhl sinken. Am nächsten Tag geht’s weiter. Beim Rasenmähen bemerkt er plötzlich ein Brennen am Arm und mustert entsetzt seine Haut: Blasen, Blasen überall. Was ist da los?
Am Tag darauf sitzt er bei uns in der Notaufnahme. Die rechte Hand ist stark geschwollen, Handrücken und Finger von Blasen übersät. Eine weitere große Blase findet sich am Ellenbogen. „Vor 2 Tagen im Garten war noch nichts da!“ Bei mir klingelt es: „Haben Sie Bärenklau geschnitten?“ Bingo! Herr Schäfer hat eine phototoxische Dermatitis.
Unerwünschtes Souvenir: phototoxische Dermatitis am rechten Arm
Eine phototoxische Dermatitis entsteht, wenn bestimmte Substanzen in der Haut durch Sonnenlicht, genauer gesagt UV-A-Strahlung, aktiviert werden. Klassiker sind Doxycyclin – und auch die Furocumarine aus Pflanzen wie dem Riesen-Bärenklau. Die Wirkmechanismen dieses chemisch induzierten Sonnenbrands unterscheiden sich aber im Detail: Doxycyclin wirkt phototoxisch, weil es unter UV-A-Strahlung freie Radikale (ROS) bildet, die Zellmembranen, Enzyme und DNA angreifen.
Es handelt sich also primär um einen oxidativen Stressmechanismus ohne direkte Bindung an Zellbestandteile. Sobald genug ROS entstehen, kommt es zu einer lokalen toxischen Entzündung. Der Effekt ist dosisabhängig und reversibel, solange keine tiefergehenden Gewebeschäden entstehen.
Bärenklau mit seinen Furocumarine im Pflanzensaft führt zu gravierenden Schäden: Die Furocumarine binden an die DNA und führen unter UV-A-Bestrahlung zu tieferen, zytotoxischen Schäden. Die Reaktion ist zwar ebenfalls nicht immunologisch, aber schwerer und langfristiger. Häufig kommt es zu Rötung und Schwellung, im schlimmsten Fall zu einer ausgedehnten blasenbildenden Dermatitis – teilweise mit begleitenden systemischen Symptomen. Oftmals bleiben Hyperpigmentierungen oder sogar Narben als Souvenir mit dieser eindrucksvollen, bis zu 3 m hohen Pflanze zurück.
Gefährliche Blüte: Wiesen-Bärenklau (credit: pflanzen-deutschland.de)
Die phototoxische Form ist nicht immunvermittelt – sie kann also jeden treffen, der ausreichend sensibilisierende Substanz in der Haut und genug UV-A abbekommen hat. Die Reaktion tritt bei Bärenklau bevorzugt an den sonnenexponierten Stellen bereits wenige Stunden (8–24 h) nach Kontakt auf. Bei Doxycyclin hängt der Effekt vom Wirkstoffspiegel ab, eine Dermatitis kann 1–2 Tage nach Einnahme und auch noch wenige Tage nach dem Absetzen auftreten.
Im Fall von Doxycyclin ist daher zusätzlich zur dermatologischen oft infektiologische Expertise gefragt: Ist Sonnenexposition unvermeidlich, sollte man prüfen, ob man andere Präparate nutzen kann. Relevant ist das z. B. bei der systemischen Behandlung der Rosazea, bei sexuell übertragbaren Infektionen (STIs), Borreliose und tropischen Infektionen wie Rickettsiosen – und zur Malariaprophylaxe.
Sobald der Photosensibilisator in der Haut ist, hilft nur noch konsequenter Sonnenschutz. Beim Schneiden von Bärenklau sollte man lange Kleidung tragen, kommt es dennoch zum Hautkontakt sofortiges Abwaschen der betroffenen Haut mit Wasser und Seife. Die Haut sollte man hier mindestens 48 h vor Sonne schützen. Bei Doxycyclin hilft eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF 50+) und effektivem UV-A-Schutz, gleichzeitig ebenfalls Sonne meiden und Kleidung mit UV-Schutz tragen, solange das Präparat genommen wird.
Ist die Dermatitis erst einmal da, hilft nur noch Schadensbegrenzung. Topische Steroide wirken entzündungshemmend, Antihistaminika gegen den Juckreiz, bei Bedarf setzt man NSAR gegen die Schmerzen ein. In schweren Fällen therapiert man über wenige Tage systemisch mit Prednisolon.
Phototoxische Dermatitiden sind eindrucksvolle, aber vermeidbare Hautreaktionen – entscheidend ist das Bewusstsein für typische Auslöser wie Doxycyclin oder Bärenklau. Wer sensibilisierende Substanzen kennt, schützt sich am besten durch konsequenten UV-Schutz oder kluge Präparatewahl.
Bildquelle: A. C., Unsplash