Ein Besuch beim Zahnarzt kann viele verschiedene Gefühle auslösen. Die Wenigsten denken jetzt wohl an Dankbarkeit – dabei ist sie auf beiden Seiten so wichtig. Ein paar Beispiele.
Der Autor ist der Redaktion bekannt, möchte aber anonym bleiben.
Habt ihr euch schon mal Gedanken über Dankbarkeit im Praxisalltag gemacht? Mir sind dazu in letzter Zeit immer wieder ein paar Aspekte aufgefallen. Damit es anonym bleibt, habe ich mir drei fiktive Patientenfälle überlegt, die meine Erfahrungen ein bisschen aufgreifen.
Zu Beginn sei ein Fall genannt, bei dem so manch einer meinen könnte, da seien wohl wirklich Hopfen und Malz verloren. Ein Patient, nennen wir ihn Hugo, war viele Jahre nicht mehr beim Zahnarzt, vermied es, zu lachen und ignorierte jeglichen Schmerz in der Mundhöhle. Wenn gar nichts mehr ging, behalf sich Hugo mit einer Zange aus der Werkstatt und rupfte raus, was störte. Doch eines Tages kam es zu einem massiven Abszess und kein Weg führte mehr an der gefürchteten „Mundhöhlenklempnerei“ vorbei.
In der Zahnarztpraxis unterzog sich Hugo einer Sanierung seines desolaten Gebisses. In kleinen Tippelschrittchen wurde der Behandlungsplan durchgearbeitet und jedes Mal wurde Hugo freundlicher, offener und herzlicher. Als ein stabiles Niveau erreicht war, verbeugte sich Hugo vor dem Team und brachte Gutscheine für einen Bootsausflug mit, die er jedem Mitarbeiter der Praxis persönlich mit Händeschütteln in die Hand drückte. „Wenn das Team von der Anmeldung bis zur Assistenz nicht so geduldig mit mir gewesen wäre, hätte ich niemals einen neuen Lebensabschnitt starten können.“ Dafür war er zutiefst dankbar und wollte es mit seinen „Lebensrettern“ feiern.
Als Nächstes stellen wir uns Patient Dietmar vor. Dietmar suchte unsere Zahnarztpraxis an einem Notdienstabend auf, an dem schon über dreißig andere Patienten geduldig warteten. Am liebsten hätte er sich in der Tür gleich wieder umgedreht. Wir sagten ihm, dass er natürlich bleiben könne, wenn er Beschwerden habe. Dietmar entschied sich, zu bleiben, merkte aber an, dass er nicht geröntgt werden will, das darf nur sein Hauszahnarzt machen. Zu einer vollständigen Befundung war allerdings auch der röntgenologische Aspekt wichtig. Nach etwas Bedenkzeit willigte Dietmar schließlich in eine vollständige Untersuchung ein.
Als ihm Diagnose und Therapieoptionen bekannt waren, stand Dietmar unvermittelt auf und verließ wortlos die Praxis. Das ganze Team stand mit Fragezeichen auf der Stirn da und blickte ihm hinterher. Soll das Wertschätzung für einen engagierten Einsatz im Notdienst gewesen sein?
Als dritte Geschichte möchte ich euch vom kleinen Benni erzählen. Bei Kindern ist es in unserer Zahnarztpraxis üblich, dass Mitarbeit und Zähnezählen mit einem kleinen Präsent belohnt werden. Benni hatte sich zu Hause schon überlegt, wie die Wahl der kleinen Aufmerksamkeit wohl ausfallen würde. Schließlich musste er ja ausrechnen, was in der eigenen Spielzeugsammlung noch fehlte. Er freute sich schon auf den Moment, in dem er vom Zahnarztstuhl herunterhüpfen und zur Belohnungskiste würde laufen können.
Aber da kam Benni ein ernster Gedanke. Wenn der Zahnarzt viele kleine Patienten hat, dann muss er ja viele Geschenke vorrätig haben. Aber wer schenkt dann dem Zahnarzt was, wenn er das mit dem Zähneanschauen so gut macht? Hmmm … dagegen wollte Benni etwas unternehmen. Er saß zu Hause vor seiner Süßigkeitendose und fischte ein Bonbon für den Zahnarzt heraus. Um es nicht zu verlieren, steckte er es in die Handtasche der Mama. So wurde das Bonbon sicher zum nächsten Zahnarztbesuch transportiert. Und wie der Zahnarzt dann Augen machte! Sicher nicht wegen des Bonbons, sondern aufgrund der Erklärung und des Gedankenganges dieses kleinen Patienten. Ganz lieben Dank an so eine aufmerksame Geste!
Wie die obigen Beispiele zeigen, ist das Miteinander zwischen Behandlungsteam und Patient sehr von Vertrauen und Dankbarkeit geprägt. Das entgegengebrachte Vertrauen wird zumeist beidseits mit Dankbarkeit belohnt. Manchmal bin ich, ehrlich gesagt, aber auch froh, wenn eine Behandlung nicht zustande kommt, weil einfach kein gemeinsames Ziel verfolgt werden kann. Stimmen hingegen die zwischenmenschlichen Beziehungen, gibt es kein schöneres Erfolgserlebnis, als wenn ein Lächeln oder eine nette Geste die Mühe belohnt. Und man selbst sollte vielleicht auch jedem Tag mit Dankbarkeit entgegentreten, ganz egal wie stressig, wie nervenaufreibend oder wie komplex Patientensituationen auch sein können. Seid dankbar dafür, dass ihr das Privileg habt, einen so tollen und verantwortungsvollen Beruf auszuüben!
Bildquelle: isaac macdonald, Unsplash