Bulletproof Coffee erfreut sich zunehmender Beliebtheit – vor allem unter Biohackern, Fasten-Enthusiasten und Low-Carb-Fans. Die Idee: Ein Mix aus Kaffee, Butter und MCT-Öl soll Energie liefern, den Stoffwechsel aktivieren und sogar beim Abnehmen helfen.
Doch wie sinnvoll und sicher ist das Getränk wirklich? Und: Gibt es nicht längst effizientere Alternativen?
Ursprünglich inspiriert durch einen Tibet-Aufenthalt, brachte der US-Amerikaner Dave Asprey die Idee von Butterkaffee in den Westen. Sein Konzept: schwarzer Kaffee, MCT-Öl und Weidebutter – getrunken statt Frühstück.
Das klassische Rezept:
Schwarzer Kaffee
1 EL MCT-Öl
2–6 EL Weidebutter
Die Argumentation: Fett sättigt, stabilisiert den Blutzucker und verzögert die Koffeinwirkung. Zudem soll durch die Kombination von MCT-Öl und Fastenzustand die Ketonkörper-Produktion angekurbelt werden.
Während sie in schulmedizinischen Kreisen oft noch sehr kritisch betrachtet wird, hat Butter in der Biohacking Szene auf Grund wertvoller Inhaltsstoffe ein gutes Image: Sie enthält Vitamin A (Retinol), CLA und kurzkettige Fettsäuren. Doch diese existieren nur in relativ geringen Mengen – und um davon therapeutisch zu profitieren, müsste man täglich sehr große Mengen konsumieren:
Vitamin A (3000 IE): ca. 100 g Butter
CLA (3–6 g/Tag): ca. 200–400 g Butter
Das Problem: 100 g Butter liefern bereits rund 720 kcal – zu einem Großteil aus gesättigten Fettsäuren, darunter auch Palmitinsäure. Eine gesundheitlich relevante Wirkung ist also möglich – aber ernährungsphysiologisch kaum praktikabel.
MCTs (mittelkettige Triglyceride) umgehen das Lymphsystem und werden direkt zur Leber transportiert – ein möglicher Vorteil bei der Energieversorgung. Unter idealen Bedingungen (niedriges Insulin, leere Glykogenspeicher) können sie die Ketonkörper-Produktion erhöhen.
Doch selbst, wenn diese Bedingungen gegeben sind, ist der Effekt begrenzt – und stark abhängig von Dosierung und Struktur:
Je länger die Fettsäure, desto geringer der BHB-Anstieg. Capronsäure (C6) ist zwar effektiv, aber schlecht verträglich. Praxisrelevant bleibt vor allem MCT 8 (C8) – bei relativ hoher Kalorienlast.
Maximal möglicher Ketose Anstieg durch verschiedene MCT-Typen und Mengen (unter genannten Voraussetzungen)
Im Vergleich zum MCT Öl erreichen exogene Ketone (z. B. r-BHB in Salzform) ähnliche oder höhere BHB-Werte bei deutlich geringerer Kalorienzufuhr – und das unabhängig von Ernährung oder Glykogenstatus.
r-BHB-Präparat (1 Portion): ca. 45 kcal → 1,0–1,5 mmol/L BHB
Klare Ketonspitzen ohne Insulinsprung
Fokus, Energie, weniger Hunger
Kein Crash, keine 300 oder mehr überflüssigen Kalorien
Das macht sie – je nach Zielsetzung – zu einer metabolisch effizienteren Alternative.
Zudem zeigen Studien antioxidative, neuroprotektive und metabolisch vorteilhafte Wirkungen von exogenem Beta-Hydroxybutyrat.
Hier eine differenzierte Einordnung inkl. Langzeit-Erfahrungsbericht zu exogenen Ketonen.
Bei Keto-Einstieg oder Fasten-Umstellung kann er den Fettstoffwechsel sanft aktivieren.
Wer Intervallfasten mit leichtem Einstieg verbinden möchte, profitiert oft vom längeren Sättigungsgefühl.
In Einzelfällen kann er helfen, Energiecrashes zu vermeiden (z. B. durch verzögerte Koffeinwirkung).
Weniger geeignet ist der Fettkaffee dagegen für:
Menschen mit erhöhtem LDL / Cholesterin
Personen mit bereits hoher Kalorienzufuhr
Zielgruppen mit eingeschränkter Fettverwertung
Auch aus stoffwechselstrategischer Sicht ist das Ziel – Körperfett zu verbrennen, nicht übermäßige Mengen neuen Fettes zuzuführen.
Bulletproof Coffee ist kein Wundermittel – aber in bestimmten Kontexten ein hilfreiches Werkzeug: Vor allem beim Einstieg in Low-Carb-Ernährung, Fasten oder als Ersatz für kohlenhydratreiches Frühstück.
Langfristig betrachtet lohnt sich jedoch ein Blick auf alternative Strategien zur gezielten Ketoseförderung – darunter exogene Ketone, die deutlich effizienter wirken können.
Literatur
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Anmerkung: Der Artikel ist keine medizinische Beratung und ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Therapie. Vielmehr liefert er praxisnahe Impulse zur Differenzierung aktueller Biohacking-Trends.