Menschen, deren Darm mehr Methan produziert, nehmen aus ballaststoffreicher Nahrung mehr Energie auf – das zeigt jetzt eine Untersuchung. Ebnet diese Erkenntnis den Weg zu personalisierten Diäten?
Bestimmte Bakterien im Darmmikrobiom, die Methan produzieren, könnten eine Rolle dabei spielen, wie viel Kalorien jemand aus ballaststoffreicher Nahrung aufnimmt. Das zeigt eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift The ISME Journal. Könnten wir die Ergebnisse verwenden, um eine individuell zugeschnittene Ernährung zu entwickeln?
Im menschlichen Darmmikrobiom gibt es nur eine einzige Bakterienart, die Methan produziert: Methanogene. Wie viel Methan Menschen ausscheiden, ist individuell sehr unterschiedlich: Bei manchen produziert das Darmmikrobiom viel Methan, bei anderen fast keines. Die Forscher um Erstautor Blake Dirks fanden in ihrer Untersuchung heraus, dass das Darmmikrobiom von Menschen, die viel Methan produzieren, besonders gut darin ist, Energie aus ballaststoffreicher Nahrung zu gewinnen. Das könnte erklären, warum Menschen aus der Nahrung, die durch den Darm transportiert wird, individuell unterschiedlich viele Kalorien aufnehmen.
Bakterien aus dem Darmmikrobiom verarbeiten Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren, die dem Körper Energie bereitstellen. Dabei produzieren die Bakterien Wasserstoff. Ist viel Wasserstoff vorhanden, stellen die Bakterien ihre Aktivität ein, sodass aus den Ballaststoffen keine weitere Energie gewonnen wird. Methanogene können jedoch Wasserstoff verarbeiten – dabei produzieren sie Methan. „Unsere Hypothese war daher, dass Methan ein Biomarker für eine besonders effiziente Produktion von kurzkettigen Fettsäuren durch die Darmbakterien sein könnte“, berichtet Rosa Krajmalnik-Brown, Corresponding Author.
An der explorativen, randomisierten Cross-Over-Studie nahmen 17 gesunde Probanden (9 Männer und 8 Frauen) teil. Alle Teilnehmer erhielten in zeitlichem Abstand von 14 Tagen zwei verschiedene Ernährungsformen: Eine „westliche Diät“, die viele verarbeitete Lebensmittel und wenige Ballaststoffe enthielt und eine „mikrobiom-verbessernde Diät“ mit vielen unverarbeiteten Lebensmitteln und Ballaststoffen. Beide Ernährungsformen enthielten gleich viele Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Die Hälfte der Probanden bekam per Zufall zuerst die westliche und dann die mikrobiom-verbessernde Diät, bei der anderen Hälfte war die Reihenfolge umgekehrt.
In Orlando (USA) nutzen die Forscher eine einzigartige Einrichtung, um die Methanproduktion zu erfassen: ein sogenanntes Ganzraum-Kalorimeter – eine Art dicht versiegeltes Hotelzimmer, in dem die Methanausscheidung und der Energieverbrauch des Körpers genau gemessen werden können. „Auf diese Art lassen sich umfassendere Daten gewinnen als bei gängigen Methan-Tests, die die Methankonzentration nur durch einmaliges Ausatmen erfassen“, erläutert Dirks. Denn mit dem Ganzraum-Kalorimeter kann die gesamte Methanausscheidung – über den Atem und aus dem Darm – über einen längeren Zeitraum gemessen werden.
Pro Ernährungsform verbrachten die Probanden sechs Tage im Ganzraum-Kalorimeter, an denen Methanausscheidung und Energieverbrauch erfasst wurden. Mithilfe von Blut- und Stuhlproben wurden außerdem die Energieaufnahme aus der Nahrung und die Aktivität des Darmmikrobioms analysiert.
Anschließend verglichen die Wissenschaftler die Daten von Probanden, deren Darmmikrobiom viel oder wenig Methan produzierte. Dabei ergab sich aus den Daten ein Grenzwert von 37 ml Methan pro Tag: Wer mehr produzierte, wurde der Gruppe mit hoher Methanproduktion, wer weniger produzierte, der Gruppe mit niedriger Methanproduktion zugeordnet.
Die Auswertung zeigte, dass etwa die Hälfte, nämlich neun Probanden, Methanogene besaßen und viel Methan produzierten, während die andere Hälfte keine Methanogene besaß und in die Gruppe mit niedriger Methanproduktion fiel. „Das stimmt mit den Ergebnissen früherer Studien überein, dass Menschen entweder hohe oder sehr niedrige Konzentrationen an Methanogenen im Darm haben“, sagt Krajmalnik-Brown.
Insgesamt nahmen fast alle Probanden – unabhängig von ihrer Methanausscheidung – bei der ballaststoffreichen Ernährung weniger Kalorien auf als bei der Ernährung mit verarbeiteten Lebensmitteln. Allerdings nahmen Probanden, deren Darm viel Methan produzierte, mehr Kalorien aus der ballaststoffreichen Ernährung auf als Probanden, die wenig Methan produzierten.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen auf die gleiche Ernährungsform unterschiedlich reagieren und dies mit der Zusammensetzung ihres Darmmikrobioms zu tun hat“, erläutert Dirks. „Die in unserer Studie beobachteten Unterschiede könnten wichtige Konsequenzen für eine individuell gestaltete Ernährung haben.“ Wenn die Zusammenhänge zwischen Darmbakterien, Methan und Energieaufnahme besser verstanden seien, könnte dies dazu beitragen, Diäten und andere Maßnahmen zu entwickeln, die die Methan-Aktivität so beeinflussen, dass dies günstige Auswirkungen auf die Gesundheit hat, so der Wissenschaftler. Allerdings seien zunächst weitere, größer angelegte Studien notwendig, um die Ergebnisse zu überprüfen.
„In weiteren Schritten wäre es interessant, zu sehen, wie Menschen mit Vorerkrankungen wie Adipositas oder Diabetes abhängig von der Methanproduktion ihres Darmmikrobioms auf unterschiedliche Ernährungsformen reagieren“, sagt Dirks. „Weiterhin möchten wir herausfinden, wie Methanogene bei einer Ernährungsform, die auf Abnehmen abzielt, die Gewichtsabnahme beeinflussen.“
Bildquelle: Midjourney