Frau F. spielt für ihr Leben gern mit ihren Enkeln. Doch ihre Kraft lässt nach, schließlich wird sogar das Atmen zur Qual. Ist es das Alter – oder steckt eine gefährliche Krankheit dahinter? Rätselt mit bei unserem interaktiven Fall!
Frau F. ist 62 Jahre alt, Mutter von sechs Kindern und Oma von fünf Enkeln, um die sie sich liebend gerne kümmert. Dabei kommt sie aber körperlich immer mehr an ihre Grenzen. Sie fühlt sich schneller erschöpft und müde als früher. Zunächst denkt sie sich, dass sie schließlich nicht jünger wird und deshalb nicht mehr so belastbar ist wie früher. Während sie sich morgens meist noch relativ fit und belastbar fühlt, schwindet ihre Kraft im Tagesverlauf. Am Abend kann sie sich nur unter Mühe aufrichten und schafft es nicht mehr, ihre Enkel hochzuheben. Zudem ist sie immer öfter kurzatmig und hat das Gefühl, nicht ausreichend Luft zu bekommen. Frau F. versucht, sich zu schonen, doch ihr Zustand bessert sich nicht, sondern verschlechtert sich von Tag zu Tag. Sie stellt sich bei ihrer Hausärztin vor.
Frau F. berichtet von ihrer Ermüdbarkeit, Kraftlosigkeit und Atemnot. Die Beschwerden hätten vor wenigen Wochen begonnen und seitdem stetig zugenommen. Zudem nähmen die Beschwerden im Tagesverlauf zu. Seit gestern habe sie zusätzlich Probleme beim Schlucken. Sie habe sich mehrfach verschluckt und huste seitdem. Die Anamnese und die körperliche Untersuchung ergeben außerdem die folgenden Informationen:
Jetzt bist du an der Reihe! Welche Erkrankung plagt Frau F. und was ist zu tun?
Du hast die richtige Verdachtsdiagnose gestellt und die Patientin notfallmäßig in die Klinik eingewiesen. Frau F. kommt in der Notaufnahme an. Um eine Sauerstoffsättigung von über 90 % zu erreichen, werden mittlerweile 6 l/min Sauerstoff über die Nasenbrille verabreicht. Auffällig ist ihre nasale Sprache, zudem läuft ihr Speichel aus dem Mund. Sie macht einen zunehmend müden Eindruck und schläft während der Untersuchung immer wieder ein. Die Blutgasanalyse ergibt eine Hyperkapnie von 62 mmHg. In der Notaufnahme wird entschieden, dass Frau F. auf die Intensivstation aufgenommen wird. Dort wird sie bei eingeschränkten Schutzreflexen und respiratorischer Insuffizienz intubiert und beatmet. Die Ärzte vermuten eine myasthene Krise.
Du schlüpfst in die Rolle des Intensivmediziners. Frau F. wird invasiv beatmet. Die Beatmung funktioniert problemlos und die Patientin ist hämodynamisch stabil. Nun möchtest du dich um die Behandlung der myasthenen Krise kümmern und forderst ein neurologisches Konsil an. Die Neurologin bestätigt die Verdachtsdiagnose einer myasthenen Krise als Erstmanifestation einer Myasthenia gravis und empfiehlt eine entsprechende Therapie. Aber welche wohl?
Während der Plasmapherese-Therapie verbessert sich der Zustand von Frau F. schrittweise über die nächsten Tage hinweg. Eine Extubation ist möglich. Ihre Muskelkraft verbessert sich und es besteht keine Ptosis mehr. Es wird eine immunsuppressive Therapie mit Prednisolon sowie eine symptomatische Therapie mit Pyridostigmin (ein Acetylcholinesterasehemmer) begonnen. Zudem wird der Beginn einer dauerhaften Immuntherapie geplant. Schließlich kann Frau F. nach Hause entlassen werden, sie bleibt ambulant im Zentrum angebunden.
Während bei der Basis-Immuntherapie meist Prednisolon und Azathioprin zum Einsatz kommen, stehen heutzutage weitere, spezifischere Immuntherapien zur Verfügung. Diese haben unterschiedliche Wirkmechanismen und Indikationen. Die Wahl der richtigen Therapie für die richtige Patientin ist deshalb nicht trivial. Aus diesem Grund sollten Betroffene nach Möglichkeit an ein spezialisiertes Zentrum angebunden sein. Dies betrifft insbesondere Patienten, bei denen mit der Basistherapie keine ausreichende Krankheitskontrolle erreicht werden kann.
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