Wer pflanzliche Öle statt Butter verwendet, erkrankt nicht nur seltener an Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern lebt auch länger. Wozu ihr Patienten raten könnt, welche Fette die Nase vorn haben – und wo die „gute Butter“ steht.
Wer täglich 10 Gramm Butter durch eine vergleichbare Menge pflanzlicher Öle wie z. B. Oliven-, Soja- oder Rapsöl ersetzt, hat ein um 17 % geringeres Risiko, vorzeitig zu versterben (HR 0,83; 95 % KI 0,79–0,86; p < 0,001). Das geht aus der Analyse gepoolter Ernährungs- und Gesundheitsdaten von 221.054 Studienteilnehmern hervor, die über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren beobachtet wurden.
Die Fettsubstitution war gleichzeitig mit einer 17 %-igen Reduktion der Krebssterblichkeit (HR 0,83; 95 % KI 0,76–0,90; p < 0,001) und einer um 6 % verminderten Herz-Kreislauf-Sterberate verbunden, wobei letztere jedoch nicht signifikant war (HR 0,94; 95 % KI 0,86–1,03; p < 0,17). In die Auswertung eingeschlossen wurden ausschließlich Frauen und Männer, die zu Beginn der Studie frei von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, neurodegenerativen Erkrankungen und Krebs waren.
Die Analyse basiert auf den Daten der Nurses' Health Study I (NHS-1), der Health Professionals Follow-Up-Study (HPFS) und der Nurses' Health Study II (HPS-II), die 1976, 1986 und 1989 initiiert wurden. Alle vier Jahre füllten die Studienteilnehmer validierte, halbquantitative Fragebögen aus, darunter den Food Frequency Questionnaire (FFQ) und den Alternative Healthy Eating Index (AHEI), die auch umfangreiche Angaben zum Konsum von Butter und Speiseölen beinhalteten.
Die Gesamtbutteraufnahme umfasste traditionelle Butter als Brotaufstrich, Butter in Backwaren (z. B. Brownies, Muffins), Butter in Fertigprodukten (z. B. Lasagne, Rahmgemüse, Kartoffelpüree, Dressings) sowie Butter, die zum Kochen, Backen und Braten im Haushalt verwendet wurde. Auf die gleiche Weise wurde auch der Verbrauch von Pflanzenölen und Margarine ermittelt. Die Teilnehmer wurden nach ihrem Konsum von Butter oder pflanzlichen Ölen in Quartile eingeteilt.
Teilnehmer mit dem höchsten medianen Butterverzehr (12,8–14 g/Tag), das entspricht etwa zweieinhalb bis drei Teelöffeln, wiesen ein um 15 % erhöhtes Sterberisiko auf, verglichen mit jenen in der Referenzgruppe mit der geringsten Aufnahme (0,1–0,2 g/Tag). Die Hazard-Ratio (HR) von 1,15 war mit einem 95 %-igen Konfidenzintervall (KI) von 1,08 bis 1,22 statistisch signifikant (p < 0,001). Konkret war jeder tägliche Anstieg des Butterverzehrs um 10 Gramm mit einem um 7 % erhöhten Risiko für die Gesamtmortalität verbunden.
Im Gegensatz dazu war die höchste Aufnahme von pflanzlichen Ölen mit einer um 16 % verminderten Gesamtsterblichkeit im Vergleich zur Referenzgruppe assoziiert (HR 0,84; 95 % KI 0,79–0,90; p < 0,001). Tatsächlich war ein täglicher Anstieg des Konsums pflanzlicher Öle wie Raps-, Soja- und Olivenöl um 10 Gramm mit einem um 13 % geringeren Risiko für den Tod durch alle Ursachen verbunden. Besonders ausgeprägt war der protektive Effekt für Oliven-, Soja- und Rapsöl. Lediglich der Verzehr von Maisöl war mit einem erhöhten Sterberisiko verbunden (HR 1,14; 95 % KI 1,06–1,23; p < 0,09).
In der vorliegenden Studie wurden zwei verarbeitete Fette (Butter versus Pflanzenöle) miteinander verglichen. Trotz Berücksichtigung relevanter Störfaktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht (BMI), familiäre Disposition, körperliche Aktivität, Einnahme von Medikamenten bzw. Nahrungsergänzungsmitteln sowie der individuellen Kalorienzufuhr sind die Ergebnisse mit einigen Restunsicherheiten behaftet.
So waren beispielsweise die leidenschaftlichsten Butterliebhaber gleichzeitig auch die stärksten Raucher und hatten einen überdurchschnittlich hohen Alkoholkonsum. Nicht explizit berücksichtigt wurde der Konsum von Butterschmalz, Schlagsahne, Crème fraîche, Käse, griechischem Joghurt und anderen hoch milchfetthaltigen Nahrungsmitteln. Ebenfalls nicht unterschieden wurde zwischen nativen und raffinierten bzw. gehärteten Pflanzenölen. Zudem wurden andere pflanzliche Öle wie Palmöl und Kokosöl in der Studie nicht untersucht.
Eine weitere Schwäche der Studie stellt die fehlende Fettsäureanalytik im Blut dar: Wie bei allen Beobachtungsstudien handelt es sich auch bei dieser Analyse lediglich um statistische Zusammenhänge, die aufgrund der gewählten Methodik keine zweifelsfreien Aussagen zur Kausalität zulassen. Dennoch stimmen die Ergebnisse mit den Befunden früherer Studien (hier und hier) überein.
Solange eindeutige Studienergebnisse zur gesunden Fettauswahl weiterhin ausstehen, kann vielleicht die evolutionsbiologische Perspektive der menschlichen Ernährung vorläufige Anhaltspunkte für eine bedarfsgerechte Fettversorgung liefern. Es lohnt sich also, das Thema Fette und Öle einmal etwas grundsätzlicher zu betrachten.
Die Ernährungsentscheidungen unserer frühen Vorfahren waren instinktiv, erfolgten ohne biochemische Kenntnisse über Fettarten und Fettsäuremuster und beschränkten sich auf verfügbare, natürlich vorkommende tierische und pflanzliche Nahrung. Das Ergebnis war eine artgerechte und gesunde Ernährung, wie sie bei unseren freilebenden Verwandten heute noch zu beobachten ist. Die längste Zeit seiner mehr als 7 Mio. Jahre dauernden Evolution hat der Mensch als Jäger und Sammler gelebt. Seinen Fettbedarf hat er durch eine Vielzahl natürlich vorkommender, energiereicher Nahrungsmittel gedeckt, die je nach geografischer Region, Jahreszeit sowie Pflanzen- und Tierwelt stark variierten. Dazu gehörten Fleisch, Innereien, Knochenmark, Fisch, Muscheln, Eier, Amphibien, Schnecken, Insekten, Nüsse, Kerne, Samen, Wurzeln, Knollen sowie ölhaltige Früchte. Während dieser Zeit haben sich die menschliche Physiologie sowie der Stoffwechsel optimal an die Ernährungsumgebung angepasst.
Durch die Entwicklung von Werkzeugen sowie die Nutzung des Feuers konnte die Nahrung zunehmend besser aufgeschlossen werden; tierische Fette wie Schmalz, Talg und Tran konnten ausgeschmolzen werden. Butter sowie extrahierte Pflanzenöle waren zu dieser Zeit jedoch noch nicht Bestandteil menschlicher Ernährung. Das änderte sich erst mit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht vor etwa zehn- bis zwölftausend Jahren.
Die frühesten Hinweise auf menschliche Milchwirtschaft finden sich in den Höhlen von Messak Mellet im Grenzgebiet von Libyen, Algerien und Niger. Analysen legen nahe, dass Milch erst vor etwa 7.000 Jahren zu Käse oder einem butterähnlichen Produkt verarbeitet wurde. Etwa zur gleichen Zeit begannen Menschen, Pflanzenöl zu gewinnen, zunächst durch Zerquetschen und Zerreiben von ölhaltigen Samen und Früchten. Erste mechanische Olivenölpressen tauchten vor etwa 5.000 Jahren in Ägypten und Griechenland auf. Erst im 16. Jahrhundert entwickelte sich der Beruf des Ölmüllers in Deutschland.
Mit der Entwicklung leistungsfähiger Ölmühlen und hydraulischer Pressen um 1850 begann schließlich die industrielle Herstellung von pflanzlichen Speiseölen. Durch die Einführung chemischer Extraktionsverfahren konnten die Ausbeuten rasch erhöht werden. Um das Öl haltbarer, geschmacklich neutraler und optisch ansprechender zu machen, wurden im 20. Jahrhundert zusätzlich Verfahren zur Entschleimung, Entsäuerung, Bleichung und Desodorierung eingeführt. Das Ergebnis dieses mehrstufigen Verarbeitungsprozesses ist ein haltbares farb-, geruchs- und geschmackloses Universal-Öl ohne jegliche bioaktiven Begleitsubstanzen. Haben Pflanzenöle die Raffination erst einmal durchlaufen, sind sie im Grunde austauschbar.
Durch weitere bahnbrechende Entwicklungen der industriellen Chemie wurde es schließlich möglich, Pflanzenöle zu härten und damit streichfähig zu machen (Hydrierung). Das war die Geburtsstunde der Margarine. Als unerwünschte Nebenprodukte dieses Prozesses entstehen Transfette, die mit zahlreichen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht werden. Um die Streichfähigkeit von Pflanzenölen weiter zu verbessern, werden heute auch Fettsäuren innerhalb der Triglyzeride nach Bedarf ausgetauscht (enzymatische Umesterung). Die unzähligen Industriefette, die man auf diese Weise herstellen kann, waren nie zuvor Teil der menschlichen Ernährung, finden sich heute jedoch in sämtlichen industriell hergestellten Fertigprodukten von Keksen über Pizza bis hin zu Speiseeis.
Selbst die Butter unterliegt einem mehrstufigen industriellen Verarbeitungsprozess. Im ersten Schritt wird die Milch durch Zentrifugieren in Rahm und Magermilch getrennt. Der Rahm wird pasteurisiert, wobei hitzeempfindliche Vitamine teilweise abgebaut werden und Maillard-Reaktionsprodukte (z. B. Acrylamid, Advanced Glycation Endproducts) entstehen können. Durch Zugabe von Milchsäurebakterien wird der verbleibende Milchzucker vergoren. Dabei sinkt der pH-Wert, was zur Denaturierung des restlichen Eiweißes führt. Beim intensiven Schlagen des Rahms zerbricht schließlich die Phospholipid-Protein-Hülle der Fetttröpfchen, das Fett tritt aus und verbindet sich zu einer festen Masse. Jeder dieser Schritte verändert die physikalische Struktur sowie die chemische Zusammensetzung des Milchfetts.
Sowohl Butter als auch pflanzliche Speiseöle sind also stark verarbeitete Industrieprodukte, die originär so in der Natur nicht vorkommen. In der NOVA-Klassifikation werden sie deshalb – zusammen mit Zucker, Mehl, Salz und Essig – der Gruppe der Zutaten zugeordnet. Vertreter dieser Gruppe sind nicht für den unmittelbaren Verzehr geeignet. Sie dienen primär zur Zubereitung von Speisen im Privathaushalt.
Nach der Intensität ihrer Verarbeitung lassen sich Fette und Öle somit in zwei Hauptgruppen einteilen: Nahrungsfette und Reinfette. Als Nahrungsfette im engeren Sinn gelten ausschließlich naturbelassene bzw. schonend verarbeitete fetthaltige tierische und pflanzliche Lebensmittel. Die darin enthaltenen Fette verbleiben dabei in ihrer natürlichen Lebensmittelmatrix und werden von Proteinen, Kohlenhydraten, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen umgeben. Beispiele für Nahrungsfette in ihrer ursprünglichen Form sind handwerklich zerlegtes Fleisch von Nutz- und Wildtieren sowie Fisch (z. B. Sushi), Meeresfrüchte (z. B. gekochte Muscheln), Eierspeisen, Nüsse, Kerne, Samen, Avocados, Oliven und Kokosnüsse.
Als Reinfette werden hingegen extrahierte und angereicherte Öle und Fette bezeichnet, die nahezu ausschließlich aus isolierten Triglyzeriden bestehen. Dazu gehören neben allen pflanzlichen Speiseölen auch Kokos- und Palmfett, Kakaobutter, Margarine sowie die tierischen Fette Schmalz, Talg, Tran und Butter. Gemeinsam ist diesen hochreinen Fettauszügen, dass sie kaum bioaktive Begleitsubstanzen enthalten, sofern diese nicht nachträglich wieder hinzugefügt wurden.
In industriell stark verarbeiteten Fertigprodukten werden überwiegend raffinierte und chemisch modifizierte Reinfette verarbeitet. Das gilt in besonderem Maße auch für vegetarische bzw. vegane Fleisch- und Käsealternativen. Diese so genannten verstecken Fette können nur durch einen Blick auf die Nährwerttabelle sowie auf die Zutatenliste identifiziert werden. Die in Deutschland gültige Kennzeichnungspflicht erstreckt sich nicht auf gesundheitsschädliche Transfette und auch nicht auf gesundheitsförderliche, mehrfach ungesättigte Fettsäuren.
Hohe Gehalte an raffinierten, gehärteten und modifizierten Fetten finden sich vor allem in Backwaren (Blätterteig, Croissant, Berliner, Pizza), panierten Lebensmitteln (Fischstäbchen, Chicken Nuggets, Gemüsemedaillons), frittierten Speisen (Pommes frites, Quarkbällchen, Frühlingsrollen, Kroketten), Brotaufstrichen (Erdnussbutter, Schokoladencremes, Teewurst, Schmelzkäse), Knabberartikeln (ölgeröstete Erdnüsse, Kartoffelchips, Cracker), Süßigkeiten (Müsli- und Schokoriegel, Pralinen) sowie in Tiefkühltorten, Speiseeis, Salatdressings und Fertigsaucen.
Die American Heart Association (AHA), die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen eine Zufuhr von 30–35 % Fett täglich, bezogen auf die Gesamtkalorienzufuhr. Die gesättigten Fette sollten einen Anteil von 7–10 % nicht überschreiten und Transfette vermieden werden. Bei den mehrfach ungesättigten Fetten wird ein Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 Fettsäuren von 5:1 empfohlen. Es wird nicht zwischen unverarbeitetem Nahrungsfett, extrahiertem Reinfett sowie versteckten Industriefetten in Fertigprodukten unterschieden. Die Empfehlung wird nicht wissenschaftlich begründet. Der Verbraucher ist also auf sich selbst gestellt.
In puncto Fett gelten in der Ernährungswissenschaft folgende Erkenntnisse als gesichert: Es gibt zwei lebensnotwendige, vorwiegend pflanzliche Fettsäuren, die wir mit der Nahrung aufnehmen müssen, da unser Körper sie nicht selbst herstellen kann. Das sind die dreifach ungesättigte Omega-3-Fettsäure namens Alpha-Linolensäure (ALA) sowie die zweifach ungesättigte Omega-6-Fettsäure namens Linolsäure (LA). Alpha-Linolensäure kommt in Chia-, Lein- und Hanfsamen, Walnüssen, Kürbiskernen, Hülsenfrüchten, Kohlgemüse und Blaubeeren vor, Linolsäure findet sich vorwiegend in Sonnenblumen- und Pinienkernen, Sesam, Pekannüssen, Mandeln und Sojaprodukten (Tofu, Tempeh, Edamame).
Während eine Unterversorgung mit LA über die Nahrung heutzutage nahezu unmöglich ist, erreichen viele Menschen die optimal notwendige Zufuhr von ALA nicht regelmäßig. Der Grund dafür ist die tonnenweise Verarbeitung billiger, stark LA-haltiger Pflanzenöle aus Disteln, Sonnenblumen, Mais, Soja, Baumwollsamen, Weizen und Erdnüssen durch die Lebensmittelindustrie. Durch den übermäßigen Konsum stark verarbeiteter Fertigprodukte kann es zu einem relativen Mangel an ALA kommen.
ALA und LA sind ihrerseits Bausteine für zwei weitere essenzielle Fettsäuren wie die fünffach ungesättigte Omega-3-Fettsäure namens Eicosapentaensäure (EPA) sowie die sechsfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure namens Docosahexaensäure (DHA). Da der menschliche Stoffwechsel EPA und DHA nicht in ausreichendem Maße aus ALA selbst herstellen kann, müssen diese biologisch wichtigen Fettsäuren ebenfalls regelmäßig durch geeignete Lebensmittel ergänzt werden.
EPA und DHA kommen in nennenswerter Menge fast nur in tierischen Lebensmitteln, insbesondere in marinen Organismen, wie Kaltwasserfischen (Makrele, Hering, Wildlachs, Sardinen) und einigen Meeresfrüchten (Austern, Muscheln, Krabben) vor. Fische und andere Meerestiere sind selbst nicht in der Lage EPA und DHA zu synthetisieren. Sie reichern diese beiden Fettsäuren durch die Aufnahme von Mikroalgen (Schizochytrium, Nannochloropsis, Isochrysis) lediglich an. Bei Meeresfischen aus Aquakulturen ist der Anteil an EPA und DHA aufgrund der Fütterung mit Sojaschrot und Maispellets demzufolge deutlich reduziert.
Fleisch- und Milchprodukte sowie Eier von Nutztieren aus Weide- bzw. Freilandhaltung und Wild enthalten ebenfalls geringe Mengen an EPA und DHA. Stalltiere, die Kraftfutter erhalten, scheiden als Quelle für die beiden langkettigen Fettsäuren praktisch aus.
Für vegetarisch bzw. vegan lebende Menschen wird bei einem nachgewiesenen Mangel an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Omega-3-Index < 4 %) die Substitution von EPA und DHA über entsprechende Nahrungsergänzungsmittel (Fischölkapseln, Krill- oder Algenöl) empfohlen.
Für eine bedarfsgerechte Fettversorgung braucht es kein Fachstudium. Einige einfache Grundregeln könnt ihr euren Patienten mitgeben, um souverän durch das Dickicht der Fette zu navigieren:
Bildquelle: Midjourney