Bläschen, Schmerzen und Juckreiz im Intimbereich – Herpes genitalis bringt einen hohen Leidensdruck mit sich. Trotzdem nehmen Ärzte die Erkrankung häufig nicht ernst genug. Wie ihr es besser macht und wie Melatonin dabei helfen kann.
Genitalherpes gehört zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen weltweit – und bleibt in der täglichen Praxis dennoch oft unterdiagnostiziert und verharmlost. Dabei leiden viele Betroffene nicht nur unter den akuten Symptomen, sondern vor allem unter schmerzhaften Rezidiven, die ihre Lebensqualität massiv beeinträchtigen.
Die Behandlung des rezidivierenden Herpes genitalis zielt darauf ab, die Häufigkeit, Dauer und Schwere der Ausbrüche zu reduzieren. Orale antivirale Medikamente wie Aciclovir, Valaciclovir und Famciclovir sind die Standardtherapie und zeigen eine hohe Wirksamkeit. Neue Ansätze wie Impfstoffe und Immuntherapien werden erforscht, sind aber noch nicht etabliert.
Herpes genitalis wird durch das Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) oder Typ 2 (HSV-2) verursacht. Die Übertragung erfolgt meist durch direkten Kontakt mit infizierten Schleimhäuten, Hautstellen oder Körperflüssigkeiten, typischerweise beim vaginalen oder analen Geschlechtsverkehr (HSV-2) oder durch Oralsex (HSV-1). Nach der Erstinfektion wandert das Virus entlang der Nervenbahnen und verbleibt lebenslang in einem latenten Zustand in den Nervenzellen. Es kann später reaktiviert werden, was zu erneuten Ausbrüchen führt.
Nur etwa 20 % der Infizierten zeigen Symptome. Typische Beschwerden sind Bläschen im Genitalbereich, begleitet von Brennen, Juckreiz, Schmerzen, eventuell Fieber und Kopfschmerzen. Die Bläschen treten in der Genital- und Analregion sowie an den Oberschenkeln auf. Bei Frauen also u. a. an Vulva, Perineum, Zervix und Vagina, bei Männern an Penis und Skrotum. Die Erstinfektion ist in der Regel ausgeprägter, mit mehreren beidseitigen, pustulösen, ulzerierenden Läsionen, die durchschnittlich 19 Tage bestehen. Rezidive zeigen meist kleinere, einseitige Bläschen oder Ulzera, die etwa 10 Tage andauern und seltener mit Allgemeinsymptomen einhergehen.
Rezidive entstehen durch Reaktivierung des in den Nervenzellen ruhenden Virus. HSV-2 verursacht deutlich häufiger Rückfälle als HSV-1. Bis zu 90 % der mit HSV-2 Infizierten erleben innerhalb eines Jahres nach der Erstinfektion ein Rezidiv. Bei HSV-1 sind es nur 20–30 %. Die Häufigkeit der Rückfälle nimmt im Verlauf der Zeit oft ab. Zu den begünstigenden Faktoren für Rezidive zählen ein geschwächtes Immunsystem (z. B. bei HIV-Infektion oder nach Organtransplantation), Stress, andere Infektionen, hormonelle Schwankungen und mechanische Reize im Genitalbereich. Zur diagnostischen Abklärung sollte einmalig ein PCR-Test durchgeführt werden, um die exakte Virusvariante zu bestimmen. Ergänzend empfiehlt sich ein HIV-Test, um Risikogruppen frühzeitig zu identifizieren und gegebenenfalls besondere Maßnahmen zu ergreifen.
Zur Standardtherapie gehört in erster Linie die Akuttherapie mit Aciclovir. Orales Aciclovir verkürzt die Zeit bis zur Abheilung und reduziert Symptome. Eine frühzeitige, selbstinitiierte Einnahme kann einen Ausbruch sogar verhindern. Bei akuten Rezidiven sollten unterstützende Maßnahmen wie zinkhaltige Externa, lokale Antiseptika und Analgetika ergänzend zur antiviralen Therapie eingesetzt werden. Kern der Behandlung bleibt die orale Einnahme antiviraler Medikamente, idealerweise beginnend innerhalb von 24 Stunden nach den ersten Symptomen.
Übliche Akut-Dosierungen sind:
Bei häufigen oder schweren Rezidiven empfiehlt sich eine dauerhafte Einnahme von Aciclovir (400 mg 2x täglich), Valaciclovir (250–500 mg 1–2x täglich) oder Famciclovir (250 mg 2x täglich). Diese Regime senken die Rezidivrate signifikant und sind auch über mehrere Jahre gut verträglich. Bisher wurden bei ordnungsgemäßer Anwendung weder Toxizitäten noch Organschäden dokumentiert, regelmäßige Laborkontrollen sind lediglich bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion notwendig. Hier kann man also den besonders skeptischen Patienten die Ängste etwas nehmen. Einmal jährlich sollte jedoch eine Reevaluation der Therapie erfolgen.
Studien zeigen, dass eine suppressive Therapie die Lebensqualität bei Patienten mit häufigen Rückfällen deutlich verbessert (hier, hier, hier und hier). Die Expertin Dr. Luisa Bopp empfahl bei der diesjährigen Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Berlin bei mehr als vier bis sechs Rezidiven pro Jahr eine antivirale Dauertherapie, entsprechend nationaler und internationaler Leitlinien. Dr. Bopp betonte, dass eine korrekte Diagnosestellung mittels PCR entscheidend für eine zielgerichtete Therapie ist. Eine antivirale Dauertherapie bietet also nicht nur den Betroffenen einen signifikanten Schutz und eine Verbesserung der Lebensqualität, sondern reduziert auch das Risiko einer Übertragung auf Sexualpartner erheblich.
Darüber hinaus werden weitere Therapieansätze verfolgt und erforscht:
Sollten trotz adäquater antiviraler Therapie weiterhin Rezidive auftreten, empfiehlt sich zunächst eine kritische Überprüfung der Therapieadhärenz. Zudem muss abgeklärt werden, ob die Symptome tatsächlich auf Herpes genitalis zurückzuführen sind oder ob andere dermatologische Erkrankungen wie Lues oder Psoriasis ursächlich sein könnten.
Tatsächliche Resistenzen gegen antivirale Medikamente treten vor allem bei Immunsupprimierten auf und sind insgesamt relativ selten (5–7 %). In 95 % dieser Fälle handelt es sich um Mutationen im Thymidinkinase-Gen von HSV-2. Die Resistenztestung erfolgt in Speziallaboren. Therapeutisch kann zunächst eine Dosiserhöhung des antiviralen Medikaments versucht werden. Sollte dies unwirksam sein, ist die Anwendung von topischem oder intravenösem Foscarnet möglich.
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