Schätzungsweise enden 20 % aller Schwangerschaften in einer Fehlgeburt. Was ihr zum Thema wissen solltet, welche Rolle Nüsse dabei spielen und wann ein Recht auf Mutterschutz besteht.
Wenn eine Schwangerschaft mit einer Fehlgeburt endet, ist das für die betroffenen Familien meist ein trauriges Ereignis. Eine Fehlgeburt ist definiert als der Verlust einer Schwangerschaft vom Beginn der Konzeption bis 24+0 Schwangerschaftswochen (SSW). Bei einer Fehlgeburt in den ersten 12 SSW spricht man von einem Frühabort, der mit 80 % den Hauptanteil ausmacht. Verliert eine Schwangere ihr Kind später, wird dies bis 24+0 SSW als Spätabort bezeichnet.
Ab drei Ereignissen spricht man laut WHO-Definition von einem wiederholten Spontanabort (WSP). Das betrifft etwa 1–3 % aller Paare. Nach Definition der amerikanischen Fachgesellschaft, welche bereits nach 2 Vorfällen von einem WSP ausgeht, sind sogar 5 % aller Paare betroffen. Synonym für ein gehäuftes Erleben von Fehlgeburten ist auch die Bezeichnung habitueller Abort.
Eine Fehlgeburt kann verschiedene Ursachen haben. Während einige davon veränderbar sind, sind es andere nicht:
Genetische Faktoren: Die häufigste Ursache sind embryonale bzw. fetale Chromosomenaberrationen. Je früher eine Fehlgeburt eintritt, desto wahrscheinlicher ist einer Chromosomenstörung die Ursache. So lassen sich im ersten Trimenon in etwa 50 % der Fälle genetische Faktoren als Ursache der Fehlgeburt nachweisen.
Anatomische und organische Gründe: Uterusfehlbildungen, Myome, Polypen und intrauterine Synechien (Asherman-Syndrom) erhöhen das individuelle Risiko für eine Fehlgeburt. Chronische Entzündungen des Endometriums, aber auch Abweichungen im Mikrobiom der Vagina können die Implantation negativ beeinflussen und letztendlich zu einem Verlust der Schwangerschaft führen.
Lebensalter und vorausgegangene Fehlgeburten: Mit steigendem Lebensalter erhöht sich das Risiko für eine Fehlgeburt. Dabei nimmt auch die Wahrscheinlichkeit eines WSP zu. Bei einer 30- bis 34-jährigen Frau, die bereits eine Fehlgeburt erlitten hat, beträgt die Chance für eine zukünftige Lebendgeburt 80 %, nach vier Aborten fällt sie unter 60 %. Ist eine Frau über 40 Jahre alt, sinkt die Wahrscheinlichkeit, nach einem erlittenen Abort ein Kind auszutragen auf 52 %, nach vier Aborten auf knapp 25 %.
Endokrine Faktoren: Bei Frauen mit einem PCO-Syndrom, die wiederholte Fehlgeburten hatten, sollten die damit einhergehenden endokrinen und metabolischen Pathologien diagnostiziert werden. Auch Schilddrüsenfunktionsstörungen können ursächlich beteiligt sein.
Autoimmunologische und thrombophile Faktoren: Der unspezifische Nachweis von Antikörpern gegen anionische Phospholipide wie Cardiolipine und ß2-Glykoproteine, sogenannte Antiphospholipid-Antikörper (APL-AK), wird bei Frauen mit wiederholten Spontanaborten häufiger diagnostiziert. Beim Antiphospholipid-Syndrom hat sich niedrig dosierte Acetylsalicylsäure bis etwa 34+0 SSW und niedermolekulares Heparin bis sechs Wochen postpartal etabliert. Bei Frauen mit wiederholten Fehlgeburten und thromboembolischen Risiken soll, so die Leitlinie, eine Thrombophiliediagnostik durchgeführt werden.
Lebensstil: Stress und traumatische Erlebnisse während der Schwangerschaft können zu einer Fehlgeburt führen, wobei noch unklar ist, ob dies durch das Stressereignis an sich oder durch die damit einhergehende gesundheitsschädliche Verhaltensweise ausgelöst wird. Sowohl ein pathologisch erhöhter als auch erniedrigter BMI scheinen das Fehlgeburtenrisiko zu erhöhen. Kontrovers diskutiert werden erhöhter Kaffeekonsum, Vitamin-D-Mangel und Nikotinabusus. Auch die Ernährung scheint eine erhebliche Rolle zu spielen, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Viele der genannten Faktoren sind nicht beeinflussbar, andere bedingt und wenige definitiv, wie etwa eine gesunde Ernährung. Hierzu wurden in einer Multicenter-Kohortenstudie Daten von 1.035 Frauen aus drei Universitätskliniken in Großbritannien analysiert. Alle Patientinnen hatten anamnestisch zwei oder mehr Fehlgeburten erlitten. Basisdaten zur Ernährung wurden anhand eines speziell entwickelten Food Frequency Questionnaire, der zehn verschiedene Lebensmittelkategorien erfasste, erhoben. Berücksichtigt wurden bestimmte Störfaktoren wie mütterliches Alter, BMI und der Einfluss der väterlichen Ernährung.
Die Forscher errechneten die Fehlgeburtenrate (relativer Anteil der spontanen Fehlgeburten < SSW 24 an der Gesamtzahl der Schwangerschaften in der Kohorte) in Abhängigkeit der Ernährungsdaten. Das Ergebnis war wie folgt:
Als Schlussfolgerung wurde ein Zusammenhang zwischen perikonzeptioneller Ernährung der Mutter und dem Risiko einer Fehlgeburt bei Frauen mit WSP gezogen, mit der Empfehlung, mehr Obst und Nüsse und weniger rotes Fleisch zu konsumieren.
In der britischen Leitlinie wird das rein exspektative Vorgehen als Behandlungsmethode der ersten Wahl für bis zu zwei Wochen nach Diagnosestellung angesehen. Ausschlusskriterien sind ein septischer Abort, Kreislaufinstabilität oder starke vaginale Blutung, Blutgerinnungsstörungen, eine Extrauteringravidität, Trophoblastenerkrankung oder liegendes Intrauterinpessar.
Andererseits wurde in einer 2019 publizierten Metaanalyse mit 9250 Frauen das rein exspektative Vorgehen im Gegensatz zur medikamentösen und chirurgischen Therapie als das am wenigsten effektive Verfahren beschrieben. Der Ausstoßungsprozess kann über Wochen andauern, der Blutverlust erheblich und eventuell doch eine chirurgische Therapie nötig sein. Ultraschallkontrollen und Absinken des Blutserum-hCG-Wertes bis zum Nullwert sind erforderlich.
Bei der medikamentösen Therapie gelten die gleichen Ausschlusskriterien wie beim exspektativen Vorgehen, zuzüglich der jeweiligen Medikamentenunverträglichkeit. Etabliert haben sich Schemata mit Misoprostol und Mifepriston. Ein medikamentöses Vorgehen soll laut Leitlinie bis 9+0 SSW vorgenommen werden.
Bei starker Blutung, unvollständiger Ausstoßung, weiterhin erhöhtem Serum-hCG-Wert oder auf Wunsch der Patientin ist das chirurgische Vorgehen Mittel der Wahl. Wegen der Planbarkeit, höchsten Effektivität und zeitlich begrenzten Vorgehensweise entscheiden sich viele Frauen erstrangig für eine Operation. Die Erfolgschancen liegen bei 98 %. Methode der Wahl ist die Saugcurettage. Das Risiko für Komplikationen wie Perforation, Narkosezwischenfall oder einem Ashermann-Syndrom liegt unter 1 %. Üblicherweise wird der Muttermund präoperativ mit Prostaglandinen vorbehandelt.
Eine Fehlgeburt wird nicht selten als traumatisch erlebt – es braucht oft Zeit, damit Körper und Psyche sich erholen können. Die Mehrzahl der Patientinnen wünscht deshalb eine Krankschreibung, deren Dauer bisher individuell erhoben wurde. Seit dem 1. Juni 2025 ist dies nun definitiv in einem gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburt geregelt:
Die Berechnung der Schwangerschaftswoche erfolgt wie üblich post menstruationem (p.m.) – also ab dem ersten Tag der letzten Regelblutung. Entscheidend für den Beginn des gestaffelten Mutterschutzes ist nicht der Diagnosezeitpunkt, etwa die fehlende kindliche Herzaktion im Ultraschall, sondern der tatsächliche Zeitpunkt der Trennung des Kindes vom Mutterleib durch spontanen Abgang oder durch medikamentöse oder operative Therapie.
Frauen erhalten eine arbeits- und sozialrechtliche Sicherheit, indem nach einer Fehlgeburt nun ähnlich wie nach einer ausgetragenen Schwangerschaft ein Anspruch auf Mutterschutz und Mutterschaftsgeld besteht. Abweichend vom herkömmlichen Mutterschutz ist es jedoch freigestellt, ob eine Frau nach einer Fehlgeburt sofort wieder arbeiten will, den Anspruch auf gestaffelten Mutterschutz in Anspruch nehmen oder eine individuelle Krankschreibung erhalten möchte. Übergangsweise existiert ein temporäres Formular für den Mutterschutz nach Fehlgeburt, das bis zum 31.12.2025 gültig ist.
Fehlgeburten sind ein nicht seltenes, oft einschneidendes und manchmal traumatisierendes Ereignis im Leben einer Frau und deren Familie. Vorkommen und Häufigkeit lässt sich meist nicht beeinflussen, eine gesunde Ernährung könnte das Risiko aber verringern. Damit Körper und Psyche sich erholen, gibt es nun einen gestaffelten Mutterschutz und alternativ weiterhin die individuelle Krankschreibung. Und wer denkt, durch seine Arbeit besser über das Ereignis hinwegzukommen, darf das für sich selbst entscheiden.
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