Intermuskuläres Fett macht Rinder-Steaks zart – und ist ein kardiometabolischer Risikofaktor. Wie weit verbreitet die Skelettmuskeladipositas ist und worauf ihr bei euren Patienten achten solltet.
Wer gerne Fleisch verzehrt, schätzt es mit einer feinen Fettmarmorierung, die den Geschmack intensiviert und das Aroma vollmundiger macht. Nach japanischer Einteilung gibt es zehn Marmorierungsgrade, so genannte Marbling Grades. Intramuskuläres Fett wird besonders gut von Angus- und Kobe-Rindern eingelagert. Dabei spielen Genetik und Fütterung eine große Rolle: Bei Bullen mit hohem Testosterongehalt findet man es kaum, Ochsen produzieren es nach der Kastration und weibliche Rinder, die noch nicht gekalbt haben (sog. Färsen), bilden intramuskuläre Fettreserven in Erwartung einer Schwangerschaft. Rinder, die Fett einlagern sollen, erhalten energiehaltiges Futter wie Getreide statt Gras und werden oft im Stall statt auf einer Weide gehalten, damit sie das Fett nicht durch Bewegung verbrennen.
In den USA sind mehr als 71 % der Erwachsenen übergewichtig. Mit Adipositas sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, eine kürzere durchschnittliche Lebenserwartung und entzündliche Prozesse als ein Schlüsselfaktor bei kardiometabolischen Erkrankungen assoziiert. Komorbiditäten sind Bluthochdruck, Dyslipidämie und Diabetes mellitus. Beim Menschen gibt es sowohl Fettinfiltrationen in der Skelettmuskulatur als auch intermuskuläre Fettdepots.
Untersuchungen haben ergeben, dass intermuskuläres Fettgewebe mit dem BMI korreliert und mit Insulinresistenz, Typ 2-Diabetes und der erhöhten Expression von Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor in Verbindung steht. Ein weiterer Faktor, der mit dem BMI korreliert, ist die koronare mikrovaskuläre Dysfunktion, die ein besserer Indikator für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist als der BMI (hier).
Eine im März 2025 im European Heart Journal veröffentlichte Studie hat die Folgen der Skelettmuskeladipositas und den Zusammenhang mit koronarer mikrovaskulärer Dysfunktion nun näher untersucht. In die Studie aufgenommen wurden 669 Patienten am Brigham und Women’s Hospital Boston, die von 2007 bis 2014 mit Brustschmerzen und/oder Dyspnoe einem Herz-Stresstest mit PET/CT unterzogen wurden. Das Durchschnittsalter der Probanden betrug 62,6 Jahre. 69,8 % waren weiblich, 46,2 % nicht weiß und 45,9 % hatten einen Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m2. Ausgeschlossen wurden Patienten mit KHK, Herzinfarkt in der Anamnese, schwerer Herzklappenerkrankung oder abnormer linksventrikulärer Auswurffraktion.
Die Studienteilnehmer wurden mit einem Ganzkörper-PET-CT-Scanner untersucht und ihre Körperzusammensetzung auf Höhe des 12. Brustwirbels bestimmt. Damit konnte das Fettgewebe differenziert werden in subkutanes, intramuskuläres und intermuskuläres Fettgewebe. Der BMI korrelierte stark mit dem subkutanen und intermuskulären Fettgewebe und moderat mit dem intramuskulären Fettgewebe. Die Koronarflussreserve wurde als ein Marker der koronaren mikrovaskulären Dysfunktion bestimmt. Sie verringerte sich bei steigendem BMI und höherem subkutanen Fettgewebe. Sowohl eine niedrigere Koronarflussreserve als auch mehr intermuskuläres Fettgewebe führten häufiger zu schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinsuffizienz, Herzinfarkt und Tod.
Jeder Anstieg des intermuskulären Fettanteils um 1 % führte zu einer Erhöhung des Risikos für eine koronare mikrovaskuläre Dysfunktion um 2 % und zu einer Erhöhung des Risikos für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse um 7 %. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass die Fettinfiltration der Skelettmuskulatur ein kardiometabolischer Risikophänotyp ist.
In diesem Zusammenhang muss auf die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen bereits im Kindesalter hingewiesen werden. Laut Themenblatt des Robert Koch-Instituts zu Adipositas bei Kindern und Jugendlichen aus dem Jahr 2020 sind in Deutschland 15,4 % der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht betroffen, und 5,9 % haben eine Adipositas.
Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter: Beim Übergewicht erhöhen sie sich von 9,0 % bei 3- bis 6-Jährigen auf 17,4 % bei 14- bis 17-Jährigen mit einem Erkrankten-Peak von 20,6 % bei 11- bis 13-Jährigen. In dieser Altersgruppe ist jedes fünfte Mädchen bzw. jeder fünfte Junge übergewichtig, ohne dass geschlechterspezifische Unterschiede bestehen. Das gilt auch für die Adipositas-Prävalenz: Während nur 2 % der 3- bis 6-Jährigen betroffen sind, steigt die Rate auf 8,5 % bei 14- bis 17-Jährigen. Auffallend ist, dass die Prävalenz in niedrigen sozialen Statusgruppen deutlich höher ist als in mittleren und hohen sozialen Statusgruppen.
Ziel einer Prävention muss sein, möglichst alle betroffenen Kinder und Jugendlichen zu erreichen. Eine wichtige Aufgabe haben Kindertagesstätten und Schulen. Hier müssen gesundheitsförderliche Maßnahmen wie Wissensvermittlung zu gesunder und ausgewogener Ernährung und Freude an Bewegung jeden Tag auf dem Programm stehen. Gerade, wenn Schüler auf Stühlen und an Tischen, die sie nicht auf ihre eigenen Körperproportionen anpassen können, sitzen, müssen spätestens nach jeweils 90 Unterrichtsminuten – besser sogar nach jeweils 40 Minuten – fünfminütige Bewegungspausen eingerichtet werden. Dadurch können körperliche Schäden besonders an der Wirbelsäule reduziert bzw. vermieden werden. Außerdem verbessert Bewegung die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung im Gehirn, was sowohl Konzentrations- als auch Lern- und Leistungsfähigkeit steigert.
Durch einfache, aber effektive Maßnahmen kann so das Risiko, bereits in jungen Jahren übergewichtig oder adipös zu werden, gesenkt werden. Damit können gesundheitliche Folgeschäden wie Skelettmuskeladipositas verringert und das Gesundheitssystem entlastet werden.
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