Östrogen, Melatonin, IGF-1 und Co. beeinflussen, wie schnell unsere Haut altert. Welche Möglichkeiten sich fürs Anti-Aging eröffnen, lest ihr hier.
Die Haut ist nicht nur unser größtes Organ, sondern auch ein erstaunlich aktives endokrines System. Sie produziert zahlreiche Hormone und verfügt auch über viele unterschiedliche Rezeptoren. Bei einer Dysbalance sind Falten, Elastizitätsverlust und Pigmentstörungen mögliche Folgen. Östrogene beispielsweise erhalten Hautdicke, Elastizität und Hydratation. Der postmenopausale Östrogenabfall hat deshalb sichtbare Folgen: Die Haut wird dünner, trockener und verliert an Spannkraft.
Um der Hautalterung entgegenzusteuern, nutzen Menschen bislang zahlreiche Anti-Aging-Wirkstoffe wie Hyaluronsäure, Retinol oder Ceramide. Retinoide wie Retinol nehmen dabei bereits eine besondere Stellung ein, da sie ihre Wirkung tief in der Haut über nukleäre Rezeptoren entfalten und somit einen nachweisbaren Einfluss auf zentrale Mechanismen der Hautalterung haben. Die Abkömmlinge von Vitamin A fördern die Zellreifung, hemmen übermäßige Verhornung und regen die Kollagenbildung in der Dermis an. Gleichzeitig verhindern sie den Kollagenabbau, verbessern die Hautelastizität und gleichen Pigmentstörungen aus.
Unter den hormonellen Signalwegen und nukleären Rezeptoren sind einige als mögliche Anti-Aging-Targets besonders interessant. Ein Beispiel ist IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1), das unter Kontrolle von Wachstumshormon (GH) in der Leber und lokal von Fibroblasten gebildet wird. Es spielt eine zentrale Rolle für die Regeneration, den Kollagenaufbau und die Stabilität der extrazellulären Matrix. Mit dem Alter sinkt die IGF-1-Produktion, resultierend in Hautatrophie, verringerter Barrierefunktion und beschleunigter Hautalterung.
Eine Reaktivierung der IGF-1-Freisetzung – beispielsweise über Hemmung des Transkriptionsfaktors JunB, der in Hautfibroblasten eine zentrale Rolle bei der Induktion der Zellalterung spielt – könnte dem Alterungsprozess entgegenwirken. GH beeinflusst die Hautalterung indirekt, da es die Bildung von IGF-1 stimuliert. Mit zunehmendem Alter fällt der GH-Spiegel, was zu verminderter Kollagenproduktion und reduzierter Hautdicke führen kann. Die Rolle von GH in der Hautalterung ist allerdings komplex und noch nicht abschließend geklärt.
Das „Schlaf-Hormon“ Melatonin verbindet wohl kaum jemand spontan mit Hautveränderungen. Es wirkt jedoch weit über den Schlaf hinaus: Es ist ein hochwirksames Antioxidans, das die Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen und UV-bedingter Alterung schützt. Studien zeigen, dass Melatonin nicht nur Entzündungen hemmt und den vorzeitigen Zelltod verhindert, sondern auch die Produktion von Kollagen und regenerativen Wachstumsfaktoren wie VEGF-A stimuliert. Es wirkt somit auf mehreren Ebenen der Hautalterung entgegen und kann topisch als Creme oder Serum angewendet werden.
Oxytocin, das sogenannte „Bindungshormon“, wirkt über OXT-Rezeptoren in Fibroblasten und Keratinozyten. Es reduziert oxidativen Stress und Zellseneszenz über die Aktivierung des Nrf2-Signalwegs und wirkt antiinflammatorisch. Höhere Oxytocinspiegel scheinen mit einem jüngeren Hautbild assoziiert zu sein. Auch Schilddrüsenhormone spielen lokal in der Haut eine Rolle: TRH (Thyrotropin-Releasing-Hormon) und TSH (Thyroid Stimulating Hormone) werden in Epidermis und Haarfollikeln exprimiert und fördern die mitochondriale Aktivität.
TRH stimuliert zudem die Melanogenese in den Haarfollikeln, die für die Pigmentierung verantwortlich ist. Mit zunehmendem Alter nimmt die TRH-Produktion in der Haut ab – das führt zu einer verringerten Pigmentierung und einer Verschlechterung der Mitochondrienfunktion.
Zukünftige Forschungen könnten untersuchen, ob die Stimulation von TRH in der Haut oder die Anwendung von topischem TRH die Hautalterung verlangsamen und die Mitochondrienfunktion verbessern kann. α-MSH (α-Melanocyte-stimulating hormone) ist weit mehr als nur ein Pigmenthormon. Es wirkt zytoprotektiv, antioxidativ und entzündungshemmend. Das sind Eigenschaften, die es zu einem spannenden Kandidaten im Kampf gegen Hautalterung machen.
Das Hormon wird direkt in der Haut gebildet, etwa durch UV-Strahlung, und aktiviert über den MC1R-Rezeptor Schutzprogramme in Hautzellen. Es fördert die Bildung von Eumelanin, das als UV-Schutz dient, und repariert DNA-Schäden. Menschen mit bestimmten MC1R-Genvarianten produzieren weniger Eumelanin und sind anfälliger für UV-Schäden und vorzeitige Hautalterung. Funktionsverluste in diesem Signalweg können das Risiko für Photoaging deutlich erhöhen. Interessanterweise können erhöhte α-MSH-Spiegel sogar graue Haare teilweise repigmentieren.
Auch das endogene Cannabinoidsystem (ECS) ist in der Haut präsent. Über CB1- und CB2-Rezeptoren reguliert es Zellproliferation, Entzündung und Wundheilung. Ob das ECS im Alter nachlässt, ist beim Menschen noch offen. Daten aus Tierexperimenten legen aber nahe, dass zumindest CB1 mit zunehmendem Alter abnimmt. Peroxisome proliferator-activated receptors (PPARs) sind nukleäre Schaltzentralen des Stoffwechsels und finden sich ebenfalls auch in der Haut. Sie regulieren Lipidhaushalt, Entzündung und Zellzyklus. Angesichts ihres breiten Wirkspektrums gelten sie als weitere mögliche Targets für die Anti-Aging-Forschung.
Das Potenzial dieser Hormone und Signalwege könnte zukünftig personalisierte Anti-Aging-Maßnahmen basierend auf Hormonstatus, Lebensalter und anderen relevanten Markern ermöglichen. Ein besonders vielversprechender Kandidat ist dabei Melatonin: Als kostengünstiges, lipophiles Molekül mit antioxidativen Eigenschaften eignet es sich gut für die topische Anwendung. Herausforderungen wie die gezielte dermale Wirkstofffreisetzung bleiben jedoch bestehen. Weiterhin gibt es regulatorische Beschränkungen: Stoffe mit östrogener Wirksamkeit sind zum Beispiel laut europäischer Kosmetikverordnung in kosmetischen Produkten nicht erlaubt.
Hersteller weichen daher auf östrogenähnlich wirkende Naturstoffe wie Isoflavone aus Soja oder Lavendelextrakten aus. Belastbare Daten zur Hautwirksamkeit fehlen aber noch. Ob und wie sich aus den Erkenntnissen zur hormonell regulierten Hautalterung in Zukunft praxistaugliche Mittel entwickeln lassen, wird sich zeigen – das endokrine Potenzial der Haut ist in jedem Fall ein spannendes Forschungsfeld.
Bildquelle: Matt Jones, Unsplash