Wenn ich als Zahnärztin in Schulen zur Prophylaxe aufkläre, wissen die Kinder häufig längst Bescheid. Wer dabei mal besser aufpassen sollte? Die Lehrer.
Sonntagnachmittag, 15 Uhr. Ich sitze am Schreibtisch und soll Unterricht vorbereiten. Ja, richtig gelesen: Ich verwende meine Freizeit darauf, für 134 Grundschüler sechs Stunden Programm rund um das Thema Zähne vorzubereiten. Die vier Säulen der Prophylaxe – Zähneputzen, gesunde Ernährung, Zahnarztbesuch und Fluoridierung – sollen jedes Schuljahr erörtert werden. Ich gebe mir größte Mühe, genau zu dokumentieren, welche Klasse welche Lernmittel von mir schon bekommen hat, denke mir immer neue überraschende Elemente aus und versuche, den Kindern eine Show zu bieten, die sie so schnell nicht vergessen werden.
Ob ich da aufgeregt bin? Ja, sehr. Was mir hilft? Ein Kuscheltier, das ich als Erwachsene in aller Öffentlichkeit mit mir rumtragen darf. Denn ich nehme einen Zahnputzlöwen mit: rote Mähne, flauschiges Fell und ein vollbezahntes Gebiss, das glatt als Frasaco-Modell durchgehen könnte (alle Zahnis da draußen werden jetzt sicher schmunzeln).
Aber warum bin ich nervös? Nicht wegen der Kinder. Die sind superlieb und denen gefällt alles, was man als Showeinlage bietet. Sie sind mucksmäuschenstill, wenn es in der Reisetasche raschelt und der Löwe verängstigt ins Klassenzimmer lugt. Sie machen in einer Synchronität beim Zahnseidenyoga mit, von der Sportlehrer nur träumen können. Und sie sind wissbegierig, sie hinterfragen, wie künstliche Zähne im Mund überhaupt halten können. Sie wollen wissen, warum manche Tiere ganz andere Zähne haben als Menschen. Und ja, sie verbessern einen sogar, wenn man erklären will, dass Cola eigentlich nicht gut ist. Doch, bei Kreislaufproblemen oder Magen-Darm-Beschwerden. Pfiffige kleine Köpfe sind das. Die kann man nicht für doof verkaufen.
Wen ich hingegen des Öfteren mit Unwissenheit ertappe, das sind die Lehrkräfte. Und dabei hören sie es jedes Schuljahr in jeder Klasse, wie das so ist mit den Zähnen. Ob da was hängen bleibt? Naja, sie sollten vielleicht auch mal gut aufpassen! Und nicht nebenbei korrigieren, in die Kaffeepause verschwinden und meine Besuche als „immer das Gleiche“ abtun.
Aber gut, ich musste manchmal schon froh sein, dass mir überhaupt im Laufe des Schuljahres ein Termin für den Zahnarztbesuch eingeräumt wurde. Sportfeste, Zaubervorführungen und Ausflüge nehmen viel Zeit in Anspruch. Da ist für extra Bespaßung rund um das Thema Zähne nicht immer Platz. Doch die lachenden Kindergesichter belohnen jegliche Mühe und ich denke schon, dass da manchmal mehr im Kopf hängen bleibt als bei der Bearbeitung von Arbeitsblättern.
Ich für meinen Teil sehe das als wichtigen Part meiner zahnärztlichen Tätigkeit. Fragt doch auch mal bei euch im Umkreis nach, welche Kindergärten und Schulen noch zahnärztliche Betreuung brauchen könnten. Eigentlich ist es auch gar nicht schlimm – der Löwe hilft euch ja!
Der Autor ist der Redaktion bekannt, möchte aber anonym bleiben.
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