Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, wird es schnell unangenehm. Über zwei unterschätzte Formen der bakteriellen Dysbalance lest ihr hier.
Die Erkrankungen Small Intestinal Bacterial Overgrowth (SIBO) und Intestinal Methanogen Overgrowth (IMO) sind Formen einer Dysbiose, die zwar keine akute Gefahr für die Betroffenen darstellt, doch zu quälenden Symptomen führen kann.
Die SIBO ist definiert als Zunahme der bakteriellen (Fehl-)Besiedlung des Dünndarms über der Norm (> 100.000 pro Milliliter). Die Bakterien stammen meist aus Dickdarm oder Atemtrakt. Diese Überbesiedlung führt zu einer voreiligen und übermäßigen Fermentation von Kohlenhydraten, was wiederum eine erhöhte Gasproduktion (Wasserstoff und Wasserstoffsulfid) zur Folge hat. Betroffene beklagen pralle Blähbäuche, typischerweise kurz nach Nahrungsaufnahme, sowie Durchfall. Physiologische Prozesse werden beeinträchtigt und durch das neurotoxisch wirkende Wasserstoffsulfid kann es sogar zu Zell- und Nervenschäden kommen. Außerdem gibt es Hinweise auf Assoziationen mit verschiedenen anderen Erkrankungen:Mit SIBO assoziierte Erkrankungen. Credit: Roszkowska et al. Ursachen einer bakteriellen Dünndarmfehlbesiedlung können Störungen der antibakteriellen Mechanismen des Körpers, eine veränderte Anatomie oder intestinale Motilitätsstörungen sein. Dazu zählt beispielsweise auch eine langfristige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren.
Bei der IMO handelt es sich um eine Fehlbesiedlung des Dünn- oder Dickdarms mit darmfremden, methanbildenden Mikroben (Methanobrevibacter smithii). Typische Symptome sind Meteorismus und Obstipation.
Die Diagnose der beiden Dysbiosen ist aufgrund der unspezifischen Symptome und Überlappungen mit anderen gastrointestinalen Erkrankungen schwierig. Bevorzugt kommt ein Atemtest zum Einsatz, bei dem nach oraler Gabe von Glukose oder Laktulose Wasserstoff und Methan im Atemgas bestimmt werden. Einen allgemeingültigen Cut-Off gibt es nicht. Außerdem kann eine SIBO kaschiert werden, wenn gleichzeitig eine IMO vorliegt, da die Methanbildner den Wasserstoff verbrauchen. Auch die im Rahmen einer Endoskopie gewonnene Analyse der Dünndarmflüssigkeit kann den klinischen Verdacht erhärten, wird aber wegen der allgemeinen Risiken einer Endoskopie sowie Kontaminationen zurückhaltend eingesetzt.
Und wie therapiert man nun Patienten mit SIBO oder IMO? Eine einheitliche Leitlinie existiert nicht, jedoch empfiehlt das American Journal auf Gastroenterology den Einsatz von Antibiotika. Auch eine Ernährungsumstellung (wenig Ballaststoffe, Verzicht auf Zuckeralkohole, künstliche Süßstoffe und Präbiotika) könnte die Symptome der Dysbiose aufgrund der Reduktion von fermentierbaren Substraten reduzieren. Weitere Behandlungsoptionen wie Probiotika-Einnahme und ein fäkaler Mikrobiomtransfer zeigen inkonsistente Studienergebnisse.
Das Fazit lautet: Unspezifische Symptome erfordern leider unspezifische Maßnahmen. Doch wächst stetig das Interesse an der Darmflora-Forschung. In Zukunft wird es hoffentlich handfestere Mittel gegen das Problem geben.
Habt ihr schon Patienten mit SIBO oder IMO diagnostiziert? Erzählt es uns in den Kommentaren!
Bildquelle: Denny Müller, Unsplash