Ein mehr als dreifach erhöhtes Unfallrisiko hatten Menschen mit überstandener hepatischer Enzephalopathie (OHE) verglichen mit anderen Zirrhosepatienten. Was es damit auf sich hat.
Kognitive Beeinträchtigungen bei Leberzirrhose – etwa durch eine hepatische Enzephalopathie – stehen im Verdacht, die Fahrsicherheit von Betroffenen zu beeinträchtigen. Die Minimale Hepatische Enzephalopathie (MHE) wurde schon häufig mit einer eingeschränkten Fahrleistung im Simulator assoziiert. Die klinische Relevanz war aber bisher umstritten, da Zusammenhänge mit echten Unfällen selten statistisch signifikant waren.
In einer Studie wurden nun 433 ambulante Zirrhosepatienten (46–61 Jahre alt, 98 % männlich, 30 % alkoholbedingt, 13,6 % überstandene hepatische Enzephalopathie (OHE), MELD-Score 10–16, 45,5 % nahmen Lactulose, 23 % nahmen Rifaximin) befragt, von denen 147 aktiv Auto fuhren. Zweiundzwanzig (14,9 %) dieser Fahrer berichteten von einem Verkehrsunfall im letzten Monat.
Eine detaillierte Analyse zeigte: Nicht der MELD-Score, nicht der Ammoniakwert, nicht einmal die Ergebnisse psychometrischer Tests sagten Unfälle klar voraus – sondern zwei einfache klinische Parameter:
eine frühere Episode einer OHE (OR: 3,48, P = 0,03)
Hyponatriämie (OR: 0,89 pro mmol/l, P = 0,03)
Nicht die stille MHE, sondern der „geheilte“ OHE-Patient scheint das größere Risiko im Straßenverkehr zu sein. Auch vermeintlich stabile Zirrhotiker mit OHE-Anamnese verdienen also ein kritisches Auge – insbesondere, wenn sie sich wieder ans Steuer setzen.
Quellen:
Roy et al. Prior overt hepatic encephalopathy and hyponatremia are more strongly linked to recent driving accidents than measures of minimal hepatic encephalopathy. European Journal of Gastroenterology & Hepatology 37(5):p 612-618 (2025) DOI: 10.1097/MEG.0000000000002924
C. Wein et al. LIVER FAILURE AND LIVER DISEASE Minimal Hepatic Encephalopathy Impairs Fitness to Drive (2004).
Bajaj et al. Navigation skill impairment: Another dimension of the driving difficulties in minimal hepatic encephalopathy. Hepatology 47(2):p 596-604 (2008) DOI: 10.1002/hep.22032
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