Was selten vorkommt, wird oft nicht erkannt – das gilt auch für Erkrankungen der Leber. Erfahrt hier, wie ihr eure Expertise zum Thema in einer aktuellen Leitlinie einbringen könnt.
Die aktuelle S3-Leitlinie zur genetisch-cholestatischen Lebererkrankung deckt ein komplexes Krankheitsbild ab. Es geht um seltene, meist autosomal-rezessiv vererbte Erkrankungen, bei denen die Gallensäureproduktion, -sekretion oder -rückresorption gestört ist – mit potenziell dramatischen Folgen für die Betroffenen.
Ob Neugeborenenikterus, Vitamin-K-Mangelblutungen bei Kindern oder unklarer Pruritus bei Erwachsenen – cholestatische Symptome können in jedem Alter auftreten. Ohne Behandlung drohen oft schwerwiegende Komplikationen wie Leberzirrhose, Tumoren oder neurologische Schäden durch Hyperbilirubinämie. Ein frühzeitiges „Whole Exome“ oder „Whole Genome Sequencing“ ist daher essenziell. Ergänzt wird die Diagnostik durch Urinanalysen, Sonographie und Elastographie. Eine Leberbiopsie ist dank molekulargenetischer Diagnostik meist verzichtbar.
Die Leitlinie deckt ein breites Spektrum ab:
Gallensäuresynthesestörungen (BASD) zeigen sich häufig schon in der Neonatalzeit, mit typischerweise erniedrigten Serumgallensäuren – entscheidend ist die Massenspektrometrie im Urin.
Bilirubinstoffwechselstörungen (BSS) wie das Dubin-Johnson- oder Rotor-Syndrom verlaufen meist milde, beim Crigler-Najjar-Syndrom drohen hingegen schwerste Hyperbilirubinämien.
Syndromale Formen wie das Alagille-Syndrom sind multisystemisch, mit Herz- und Skelettfehlbildungen.
PFIC und BRIC sind durch genetische Defekte in Gallensäuretransportern charakterisiert. Besonders tückisch: Die GGT ist oft normal, was die Diagnose erschwert.
ICP, die intrahepatische Schwangerschaftscholestase, tritt transient auf, kann aber erhebliche Auswirkungen auf Mutter und Kind haben.
Die Behandlung ist multidisziplinär: Ernährungstherapie mit MCT-Fetten, Supplementierung fettlöslicher Vitamine und medikamentöse Optionen wie die neuen IBAT-Inhibitoren, welche die Rückresorption der Gallensäuren im Ileum blockieren, bilden die Basis. Letztere lindern nicht nur den quälenden Juckreiz, sondern könnten auch die Leberfunktion langfristig erhalten – ein Hoffnungsschimmer für PFIC- und ALGS-Patienten.
Mit wachsender Lebenserwartung der Patienten steigt der Bedarf an strukturierten Transitionsprogrammen. Die Leitlinie fordert die enge Verzahnung von Pädiatrie und Innerer Medizin, um Versorgungskontinuität zu garantieren.
Die aktualisierte S3-Leitlinie Seltene Lebererkrankungen (LeiSe LebEr) – Genetisch-cholestatische Lebererkrankungen von der Pädiatrie bis zum Erwachsenenalter steht als Konsultationsfassung zur Verfügung. Ihr könnt eure Vorschläge noch bis zum 31. Mai 2025 unter leitlinien@dgvs.de einreichen.
Auch die S3-Leitlinie Seltene Lebererkrankungen (LeiSe LebEr) – Autoimmune Lebererkrankungen von der Pädiatrie bis zum Erwachsenenalter wurde aktualisiert. Ihr findet die Version von Februar 2025 hier.
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