Fischstäbchen, Weißbrot und Smoothies setzen dem Darmmikrobiom zu. Die gute Nachricht: Die Schäden sind nicht irreversibel. Zu welcher Diät ihr euren Patienten raten solltet, lest ihr hier.
Unsere moderne Ernährung ist schnell und praktisch, aber leider auch ein ziemliches Desaster für viele unserer Darmbewohner. Eine günstige Zusammensetzung des Mikrobioms ist jedoch wichtig für uns und spielt eine Schlüsselrolle für unsere Gesundheit. Das Darmmikrobiom unterstützt die Verdauung, bildet Vitamine und stärkt und trainiert unser Immunsystem.
Der Lebensstil vieler Menschen in den Industrieländern setzt dem System jedoch massiv zu. Industrialisierung und eine „westliche Ernährung“ (viel Zucker und Fett) lassen die Vielfalt unserer Darmflora dramatisch schrumpfen. Es nehmen entzündungsfördernde Bakterien wie Bilophila wadsworthia zu, während gesundheitsfördernde Mikroben verloren gehen. Das gestörte Mikrobiom wird mit der Entstehung vieler chronischer Krankheiten in Verbindung gebracht, von Diabetes bis zu Herz-Kreislauf-Krankheiten. Die gute Nachricht ist: Mit einer geeigneten Ernährung kann sich das Mikrobiom wieder zum Guten verändern.
Dazu hat ein Forscherteam die sogenannte Restore Diet entwickelt. Diese Ernährungsform baut hauptsächlich auf pflanzliche Kost, also Gemüse, Hülsenfrüchte, Wurzeln wie Süßkartoffeln und stärkehaltige Lebensmittel wie Naturreis. Weiterhin enthalten sind Topinambur, Zwiebeln und Erbsen, deren spezielle Zucker (Raffinose, Stachyose) sich als perfekte Nahrung für ausgewählte probiotische Bakterien erwiesen haben. Auf Weizen, Milchprodukte und hochverarbeitete Lebensmittel wird verzichtet, es gibt keine verarbeiteten Snacks und keinen Industriezucker. Die Restore Diet ist besonders ballaststoffreich und liefert mit etwa 22 g Ballaststoffen pro 1.000 kcal deutlich mehr dieser unverdaulichen Bestandteile als die gängigen Ernährungsempfehlungen. Sie ist durch eine geringe Energiedichte und einen niedrigen glykämischen Index gekennzeichnet. Die Speisen lassen also den Blutzucker langsamer ansteigen.
Um die Wirkung ihrer Mikrobiom-Wiederherstellungsstrategie zu testen, führten die Forscher eine randomisierte, kontrollierte Ernährungsstudie mit 30 gesunden Erwachsenen durch. Die Teilnehmer wurden randomisiert und erhielten entweder für drei Wochen die Restore Diet – bestehend aus standardisierten, ballaststoffreichen Mahlzeiten auf Basis eines 4-Tage-Rotationsplans, angepasst an ihren individuellen Kalorienbedarf – oder sie blieben bei ihrer gewohnten Ernährung. Letztere wurde durch wiederholte 24-Stunden-Ernährungsprotokolle kontrolliert. Nach einer dreiwöchigen Auswaschphase wechselten die Gruppen das Ernährungsregime (Crossover-Design), gefolgt von einer weiteren dreiwöchigen Auswaschphase.
Tagesverzehr eines Teilnehmers, der auf Grundlage seines berechneten Kalorienbedarfs einer Kalorienzufuhr von 2.000 kcal zugewiesen wurde. Das Foto zeigt die Menüpunkte vom vierten Tag des viertägigen Wechselmenüs der Restore-Diät (ca. 46 g Ballaststoffe): (A) Süßkartoffel-Bohnen-Hash und (B) Mandarinen (Frühstück); (C) Quinoa-Tabbouleh-Salat und (D) Dosenbirnen (Mittagessen); (E) gebackenes Schweinefilet, geröstete Topinambur und Kartoffeln sowie Krautsalat (Abendessen); und (F) getrocknete Aprikosen und Mandeln (Snack). Credit: A.M.A.
Parallel dazu erhielten die Probanden am vierten Tag jeder Diätphase entweder eine einmalige Gabe von etwa 1010 lebensfähigen Zellen eines Limosilactobacillus reuteri-Stammes (entweder PB-W1 aus Papua-Neuguinea oder den Referenzstamm DSM 20016T aus Deutschland) oder ein Placebo (Maltodextrin). Die Bakterienart L. reuteri wurde ausgewählt, da sie in industrialisierten Mikrobiomen selten vorkommt, während sie im Darm von Menschen aus ländlichen Regionen Papua-Neuguineas häufig zu finden ist und in US-amerikanischen Vergleichsgruppen nicht nachweisbar war. L. reuteri gilt als sicher und gesundheitsfördernd.
Die Restore Diet führte bereits innerhalb von vier Tagen zu einer deutlichen Reduktion der Diversität der Darmmikrobiota. Trotz der reduzierter Diversität kam es zu günstigen Verschiebungen: Gesundheitsfördernde Bakterien wie Bifidobacterium und Faecalibacterium nahmen zu, während entzündungsfördernde Arten wie Bilophila wadsworthia abnahmen. Zudem stieg die Aktivität von Enzymen, die pflanzliche Kohlenhydrate abbauen. Die Effekte waren sehr individuell, aber im Durchschnitt veränderte sich die Zusammensetzung der Mikrobiota deutlich unter der Restore Diet. Die Veränderungen waren jedoch reversibel: Nach Rückkehr zur üblichen Ernährung kehrten die Mikrobiota-Muster weitgehend auf das Ausgangsniveau zurück.
Parallel kam es zu einer vermehrten Produktion gesunder kurzkettiger Fettsäuren (SCFAs) und zu einer Abnahme unerwünschter Stoffwechselprodukte. Auch das Blutplasma spiegelte die Mikrobiom-Veränderungen wider. Mehr als 30 Metabolite wurden durch die Restore Diet beeinflusst. Klinisch zeigte sich eine signifikante Verbesserung wichtiger Gesundheitsmarker: Körpergewicht, LDL-Cholesterin, Blutzucker und Entzündungsmarker wie CRP sanken. Die Insulinsensitivität verbesserte sich, während HDL-Cholesterin leicht abnahm – ein Effekt, der auch bei anderen pflanzenbasierten Diäten bekannt ist.
Im Vergleich zur gewohnten Ernährung führte die Restore Diet zu weicherem Stuhl und häufigeren Stuhlentleerungen – ein Zeichen für eine beschleunigte Darmtransitzeit aufgrund des höheren Ballaststoffgehalts. Gleichzeitig traten verstärkt milde gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen und Spannungsgefühle auf. Diese Nebenwirkungen waren jedoch die einzigen berichteten unerwünschten Effekte und es kam zu keinen schwerwiegenden Zwischenfällen. Die Verabreichung von L. reuteri selbst hatte keinen Einfluss auf diese Symptome.
Eine nette Begleiterscheinung: Die positiven Effekte traten ein, obwohl die Probanden genau so viele Kalorien wie vorher zu sich nahmen. Sie verloren sogar noch etwas Gewicht, vermutlich, weil die ballaststoffreiche Kost die Nährstoffaufnahme verlangsamte.
Die Restore Diet liefert also eine Art Bauplan, wie wir unsere tägliche Ernährung mikrobenfreundlicher gestalten können: Mehr Natur, weniger Fabrik. Oder anders ausgedrückt: Mehr Süßkartoffel, weniger Tiefkühlpizza. Unser Darm wird es uns danken – mit besserem Stoffwechsel, weniger Entzündungen und einem stärkeren Schutzschild gegen die chronischen Krankheiten unserer Zeit.
Quelle:
Li et al.: Cardiometabolic benefits of a non-industrialized-type diet are linked to gut microbiome modulation. Cell, 2025. doi: 10.1016/j.cell.2024.12.034.
Bildquelle: Erstellt mit Midjourney