Verpackungen, Spielzeuge, Sonnenbrillen: Bisphenol-A-haltige Kunststoffe sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Wie BPA genau im Körper wirkt – und warum es noch keine einheitlichen Grenzwerte gibt.
Bisphenol A – auch bekannt als BPA – ist eine chemische Verbindung, die erstmals 1891 hergestellt wurde. In den 1950er Jahren entdeckten Wissenschaftler dann, dass BPA mit Phosgen, einem giftigen und hochreaktiven Gas, reagiert, und dadurch ein Polycarbonat bildet. Bisphenol A wird auch zur Herstellung von Epoxidharzen verwendet.
Bei diesen Polycarbonaten und Epoxidharzen handelt es sich um Kunststoffe, die sich in vielen Alltagsprodukten wie Smartphones, Trinkflaschen, Lebensmittelverpackungen, Haushaltsgeräten und Innenbeschichtungen von Konserven- und Getränkedosen befinden. Diese BPA-haltigen Kunststoffe sind aufgrund ihrer Stabilität und Widerstandsfähigkeit besonders in Produkten beliebt, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind, wie z.B. Mikrowellengeschirr und medizinische Geräte.
Die Aufnahme von Bisphenol A erfolgt hauptsächlich über die Nahrung, kann aber auch durch Luft, Staub oder Wasser erfolgen. Bisphenol A wirkt als endokriner Disruptor, das heißt, es kann das Hormonsystem beeinflussen, indem es östrogenähnliche Effekte ausübt. Das ist besonders problematisch in den Entwicklungsphasen von Kindern: Eine gestörte Geschlechtsentwicklung und Zeugungsunfähigkeit gehören zu den möglichen Folgen.
Einige Forschungen legen zudem nahe, dass Bisphenol A das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und bestimmte Krebsarten erhöhen könnte. Bei Tieren hat man durch Bisphenol A eine verringerte Spermienproduktion und Entwicklungsstörungen festgestellt.
Problematisch sind vor allem Produkte, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, da Bisphenol A beim Erhitzen oder durch Kontakt mit Säuren und Laugen aus den Kunststoffen freigesetzt werden und in das Lebensmittel übergehen kann. Studien haben gezeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung, einschließlich Neugeborener, Bisphenol A im Körper hat.
In den letzten Jahren haben viele Länder Maßnahmen ergriffen, um das Problem zu bewältigen; in der Europäischen Union ist Bisphenol A beispielsweise in Babyflaschen verboten. Allerdings ist die Datenlage nicht einheitlich: Einige wissenschaftliche Untersuchungen konnten keine bedeutsamen gesundheitlichen Risiken durch Bisphenol A nachweisen, vor allem bei den niedrigen Konzentrationen, denen Menschen im Alltag ausgesetzt sind.
Im April 2023 veröffentlichte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Neubewertung von Bisphenol A. Diese Neubewertung führte zu einer Reduzierung der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (TDI) von vier Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht auf 0,2 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Der TDI-Wert gibt die Menge einer Verbindung an, die täglich über die gesamte Lebenszeit aufgenommen werden kann, ohne ein erkennbares Gesundheitsrisiko darzustellen.
Die EFSA führte diese Reduzierung aufgrund von Studien an Mäusen durch, die zeigten, dass Nachkommen der Muttertiere, die BPA ausgesetzt waren, einen erhöhten Anteil an Th17-Zellen aufwiesen. Th17-Zellen sind eine spezielle Art von Immunzellen, die eine wichtige Rolle im Schutz des Körpers vor bestimmten Infektionen spielen. Sie gehören zu den T-Helferzellen, einer Gruppe von Zellen, die das Immunsystem unterstützen.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) unterstützt die neuen TDI-Werte nicht, da es mehrere wissenschaftliche und methodische Unstimmigkeiten gibt. Laut BfR gebe es keine Belege dafür, dass die beobachteten Erhöhungen der Th17-Zellen schädliche Auswirkungen auf die Mäuse haben. Zudem sei es fraglich, ob diese Ergebnisse für die menschliche Gesundheit relevant sind.
Aufgrund ihrer eigenen Analyse der wissenschaftlichen Daten hat das BfR einen TDI-Wert von 0,2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag abgeleitet. 1 Mikrogramm entspricht 1.000 Nanogramm. Der Wert des BfR ist somit 1.000-mal höher als der der EFSA, aber dennoch 20-mal niedriger als der vorherige TDI-Wert der EFSA von 2015.
Dennoch empfiehlt es sich, Bisphenol-A-haltige Produkte so weit wie möglich zu vermeiden und stattdessen auf Alternativen wie Glas oder Edelstahl zurückzugreifen. Bisphenol-A-haltige Plastikbehälter sollten nicht in der Mikrowelle erhitzt werden oder in die Spülmaschine gegeben werden, da hohe Temperaturen die Freisetzung von BPA begünstigen können. Bisphenol A kann übrigens auch Probleme für die Umwelt bereiten, indem es hormonell wirksame Effekte auf Wasserorganismen wie Fische und Wasserschnecken ausübt, was zu Veränderungen im Ökosystem führt.
Bildquelle: Zuzanna Szczepańska, Unsplash