GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid haben sich in der Adipositas-Therapie mittlerweile etabliert. Doch kriegt auch die Leber per Abnehmspritze ihr Fett weg?
Das Ozempic®-Geschäft boomt. Das Antidiabetikum ersetzt Kalorienzählen, Intervallfasten und Laufeinheiten durch einen wöchentlichen Pieks in den Bauch. Doch Fett lagert sich nicht nur am Bauch, sondern auch als viszerales Fett im Bauch an. Wird es der Leber zu viel, entwickelt sich aus einer Steatosis hepatis eine Steatohepatitis. Dabei ist die metabolisch-assoziierte Steatohepatitis (MASH) als Vorbote für eine Leberzirrhose nicht zu verharmlosen.
Die noch laufende doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie ESSENCE umfasst insgesamt 1.197 Patienten mit einer diagnostizierten MASH und einer Leberfibrose im Stadium 2 oder 3. Die Studienkohorte beinhaltet Patienten aus 253 Zentren und 37 Ländern. Die Verteilung auf die beiden Gruppen erfolgte im Verhältnis 2:1. Die ersten Zwischenergebnisse von 800 Teilnehmern wurden nun nach 72 Wochen veröffentlicht.
Die primären Fragestellungen waren:
Gab es eine Reduktion der Fibrose um ≥1 Stadium, ohne dass sich die Steatohepatitis verschlechtert hat?
Gab es eine Verbesserung von MASH und der Fibrose?
Die Analyse erfolgte durch Leberbiopsien vor Start der Therapie und nach 72 Wochen. Weitere Aspekte wie eine Gewichtsreduktion und die Verträglichkeit des Medikaments wurden auch überprüft.
Folgende Ergebnisse wurden beobachtet:
Bei 62,9 % der Semaglutid-Gruppe gab es eine Verbesserung der MASH ohne Fibroseverschlechterung. Bei der Placebo-Gruppe wurden 34,3 % erreicht.
Eine Fibrosereduktion ohne Verschlechterung der MASH wurde bei 36,8 % der Semaglutid-Gruppe beobachtet. In der Placebo-Gruppe lag der Anteil bei 22,4 %.
Semaglutid erreichte eine kombinierte Verbesserung der MASH und Fibrose von 32,7 %. Das Placebo konnte das nur bei 16,1 % erreichen.
Primäre Endpunkte der Studie. Credit: Sanyal et al. Auch der Gewichtsverlust unterschied sich stark zwischen den beiden Gruppen: Während unter Therapie mit Semaglutid eine Gewichtsreduktion um durchschnittlich -10,5 % erreicht wurde, konnte die Placebo-Gruppe nur durchschnittlich -2 % ihres Gewichtes verlieren. Neben der Leberbiopsien wurden auch nichtinvasive Marker wie die Lebersteifigkeit oder der ELF-Score gemessen und zeigten signifikante Verbesserungen in der Semaglutid-Gruppe.
… sollten auch unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen angesprochen werden. Denn die Abnehmspritze ist immer noch ein Medikament, das wie alle anderen Antidiabetika teils schwerwiegende Nebenwirkungen – wie beispielsweise akute Pankreatitiden – mit sich ziehen kann. Leichte bis moderate Nebenwirkungen, die sich vor allem auf den Gastrointestinaltrakt bezogen, traten deutlich häufiger in der Semaglutid-Gruppe auf. Für schwerwiegende oder gar fatale Ereignisse gab es keinen Unterschied.
Sicherheitsanalyse. Credit: Sanyal et al.
Die Studie wird vollständig vom dänischen Pharmaunternehmen Novo Nordisk finanziert, das selbst Hersteller von Semaglutid ist. Einige der Autoren sind Mitarbeiter der Firma und gestalteten die Studie aktiv mit. Ein Interessenkonflikt ist da, doch wird dieser durch die methodische Gestaltung, offen zugängliche Diclosure Forms und Data Sharing Systems teilweise kompensiert. Die Zwischenergebnisse scheinen eine überzeugende Promo für das Produkt zu sein. Ob Semaglutid auch einen tatsächlichen klinischen Benefit hat (Leberzirrhose, hepatische Dekompensation, Mortalität), erfahren wir wohl erst in ein paar Jahren.
Pearson et al. Enhanced liver fibrosis (ELF) score predicts hepatic decompensation and mortality. JHEP, 2024. doi: 10.1016/j.jhepr.2024.101062.
Bildquelle: erstellt mit Midjourney