Von der Party in die Notaufnahme: Ein 18-Jähriger wird mit stechenden Brustschmerzen vorstellig. Er habe nur getanzt – doch die Bildgebung macht die Ärzte stutzig.
Ein 18-jähriger junger Mann kommt in die Notaufnahme. Er klagt über stechende, atemabhängige Brustschmerzen, die bis in den Hals ausstrahlen und sich im Liegen verschlimmern. Trotz seiner dramatischen Beschreibung: Der Patient ist wach, klar orientiert, spricht in ganzen Sätzen. Kein Hinweis auf Atemnot. Vitalwerte? Unauffällig. Er gibt an, keine Vorerkrankungen zu haben. Gelegentlich raucht er, manchmal greift er zur E-Zigarette.
Doch dann fällt bei der Palpitation etwas Unerwartetes auf: ein knisterndes subkutanes Emphysem am Hals. Das Röntgen bestätigt: Luft im Weichteilgewebe.
Abb. 1: Röntgen-Thorax mit Nachweise eines subkutanen Emphysems (orangene Pfeile). Credit: George et al.
Die darauf folgende CT-Untersuchung zeigt ein ausgedehntes Pneumomediastinum – Luft im Mediastinum, die sich bis in den Hals, unter das Brustbein, zu den Achseln und entlang des Herzens zieht.Die Lungen? Frei. Kein Pneumothorax. Keine knöchernen Läsionen. Keine Lymphadenopathie.
Abb. 2: Axiale Schnittbilder mit Pneumomediastinum (blauer Pfeil) und subkutanem Emphysem (oranger Pfeil). Credit: George et al.
Abb. 3: Koronarschnitt mit Pneumomediastinum (oragner Pfeil) und subkutanem Emphysem im Halsbereich (blauer Pfeil). Credit: George et al.
Doch woher kommt die Luft? Labor, BGA und EKG sind unauffällig.Auch das Troponin ist normal.
Die nachträgliche Anamnese liefert schließlich die Auflösung: Der Patient hat mehrere Lachgas-Ballons konsumiert, dazu Kokain und Ecstasy – nur wenige Stunden vor Symptombeginn. Ein Röntgen-Breischluck schließt eine Ösophagusperforation aus. Kein Leck, keine Risse. Der Patient bleibt stabil – doch entlässt sich selbst gegen ärztlichen Rat.
Abb. 4: Röntgenuntersuchung mit wasserlöslichem Kontrastmittel ohne Nachweis einer Ösophagusleckage. Credit: George et al.
Lachgas ist leicht verfügbar – und oft verharmlost. Doch seltene, aber relevante Komplikationen sind möglich. Die Studienlage hierzu ist dünn. Es gibt keine klaren Leitlinien zum Management eines Lachgas-bedingten spontanen Pneumomediastinum und nur wenige Fallberichte. Es ist unklar, ob diese Patienten ambulant sicher betreut werden können oder immer stationär aufgenommen werden sollten.
Klar ist jedoch: Bei unklarer Diagnose oder möglicher Organverletzung ist eine stationäre Aufnahme Pflicht. Und: Eine ehrliche Drogenanamnese spart Zeit, Diagnostik – und rettet manchmal Leben. Lachgas ist kein harmloser Spaß. Wer’s einnimmt, sollte das wissen. Wer’s behandelt, auch.
Bildquelle: Wilhelm Gunkel, Unsplash