Vom 16. bis 21. Februar 2025 fand die 69. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e.V. (GTH) in Lausanne, Schweiz, statt. Die Swedish Orphan Biovitrum GmbH (Sobi) stellte das neue Faktorkonzentrat ALTUVOCT® zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A unter anderem in einem Symposium vor. „In der Therapie der Hämophilie konnten mit der Entwicklung neuer Präparate in jüngster Vergangenheit Meilensteine erreicht werden“, unterstrich Dr. Wolfgang Walter, Vice President & Managing Director DACH & Netherlands, das Engagement von Sobi. „Wir sind stolz, für Hämophilie-Behandler, Zentren und Patientenorganisationen ein verlässlicher und wichtiger Partner zu sein.“
Trotz großer bisheriger Fortschritte in der Therapie der Hämophilie besteht weiterhin Bedarf an Behandlungsoptionen, die einen erhöhten Blutungsschutz bieten.5 Vor diesem Hintergrund stellte die EMA-Zulassung von ALTUVOCT® (Efanesoctocog alfa) zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie A (angeborener Faktor-VIII-Mangel) im Juni 2024 einen wichtigen Meilenstein dar.6 Efanesoctocog alfa ist der erste Vertreter einer neuen Faktor-VIII-(FVIII)-Klasse, der aufgrund seiner innovativen Molekülstruktur gegenüber herkömmlichen (SHL) und halbwertszeitverlängerten (EHL) FVIII-Präparaten nochmals eine deutlich verlängerte Halbwertszeit (HWZ) aufweist - bezeichnet als High Sustained FVIII (HSF).7
Hämophilie A: Sobi-Symposium „Lo stato dell´ARTE”
Unter Vorsitz der Tagungspräsidenten Prof. Dr. Manuela Albisetti Pedroni und Prof. Dr. Lorenzo Alberio sprachen Prof. Dr. Cihan Ay, Wien, Prof. Dr. Andreas Tiede, Hannover und PD Dr. Robert Klamroth, Berlin.
Prof. Dr. Manuela Albisetti Pedroni & Prof. Dr. Lorenzo Alberio sowie Prof. Dr. Cihan Ay stellten das innovative Molekül und das klinische Studienprogramm vor: ALTUVOCT® (Efanesoctocog alfa) vermag als Vertreter der neuen FVIII-Klasse HSF schützende FVIII-Spiegel deutlich länger aufrechtzuerhalten: In einer Phase-I-Studie bei erwachsenen Patienten war nach einer intravenösen (i.v.) Einzeldosis von Efanesoctocog alfa für den Großteil einer Woche eine FVIII-Aktivität von über 40 % nachweisbar, und es zeigte sich gegenüber anderen FVIII-Produkten mit EHL bzw. SHL eine 3- bzw. 4-fach verlängerte HWZ.6,8 Dabei tragen mehrere Komponenten des Moleküls Efanesoctocog alfa zur HWZ-Verlängerung bei. Entscheidend ist dabei seine Entkopplung vom endogenen von-Willebrand-Faktor (vWF), der FVIII schützt und stabilisiert. Efanesoctocog alfa bindet nicht an den endogenen vWF, sodass es die durch FVIII-vWF-Interaktion bedingte Begrenzung der HWZ überwinden kann.9 ALTUVOCT® gewährleistet im Verlauf der einmal wöchentlichen Dosierung eine stabile Faktoraktivität. Dabei ließen sich für bis zu vier Tage nach Infusion normalisierte bis nahezu normale Faktor-VIII-Aktivitätswerte von über 40 % erreichen, mit mittleren Talspiegeln von 15 % bzw. 10 % (Patienten unter 12 Jahren) nach sieben Tagen.6,7,10
Prof. Dr. Tiede erläuterte die neue Ära auch im Hinblick auf die Gelenkgesundheit in der Hämophilie-A-Therapie: Wie die Ergebnisse der Zulassungsstudie zeigten, führten die hohen Faktorspiegel bei Jugendlichen und Erwachsenen im Vergleich zur vorherigen Prophylaxe zu einem deutlich verbesserten und statistisch signifikanten Blutungsschutz mit Verbesserungen von Lebensqualität und Gelenkgesundheit im Vergleich zur Baseline bei gleichzeitig sehr guter Verträglichkeit.6,7 Prof. Tiede adressierte zudem die Wichtigkeit der frühzeitigen Detektion und Behandlung einer Synovitis. Die Inzidenz dieser sei hoch11, wobei sie der erste umkehrbare Schritt auf dem Weg zu einer irreversiblen Gelenkschädigung sei.12
ALTUVOCT® erwies sich in den Studien bei Jugendlichen/Erwachsenen und Kindern als hoch wirksam in der Behandlung von Blutungen: 97 % bzw. 95 % der Blutungsepisoden wurden mit nur einer Injektion von 50 I.E./kg Körpergewicht (KG) kontrolliert, und das Ansprechen wurde von 95 % bzw. 97 % der Patienten als exzellent oder gut eingeschätzt.7,10
PD Dr. Robert Klamroth berichtete, dass im perioperativen Management eine einzelne präoperative Dosis ausreichend sei zur Erhaltung der Hämostase bei einem größeren chirurgischen Eingriff, wobei das hämostatische Ansprechen in den Zulassungsstudien bei allen Eingriffen als exzellent bewertet wurde.10,13
Vorgestellt wurden neue Daten aus dem Studienprogramm XTEND über vier Jahre von 45 Patienten, bei denen 62 große Operationen mit gutem bis exzellentem Outcome durchgeführt wurden. Durchschnittlich seien vier Injektionen für eine große Operation eingesetzt worden mit einer zweiten Dosis an Tag drei, berichtete PD Dr. Klamroth.14 Er brachte auch eigene Erfahrungen ein: Es seien insgesamt neun große Operationen an seinem eigenen Zentrum durchgeführt worden, davon sechs Gelenkoperationen. Ein Patient habe im Rahmen einer Knieoperation (Gelenkersatz) präoperativ 55,6 Internationale Einheiten (I.E.)/kg KG erhalten (4.000 I.E. bei 72 kg KG), gefolgt von 2.000 I.E. and Tag drei und 3.000 I.E. an Tag sieben. Die Daten zeigten zudem, dass sich nicht nur das perioperative Management vereinfache, sondern auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität sich verbessere, schloss der Experte.15,16
Referenzen:
1 Seth Chhabra E et al. Blood 2020;135(17):1484-14962 Roopenian DC, Akilesh S. Nat Rev Immunol. 2007;7(9):715-253 Shapiro A. Expert Opin Biol Ther 2013;13(9):1287-974 Podust VN et al. J Control Release 2016;28:240:52-665 Kenet G et al. J Clin Med 2021; 10(24):59596 Fachinformation Altuvoct®, Stand Juni 20247 von Drygalski A et al. N Engl J Med 2023;388:310-3188 Lissitchkov T et al. Blood Adv. 2022;6(4):1089-10949Chhabra SE et al. Blood 2020; 135(17):1484-149610Malec L et al. N Engl J Med 2024;391:235-24611De la Corte-Rodriguez H et al. Haemophilia 2022 Jan;28(1):138-14412Mancuso ME et al. Haemophilia 2023 March;29(2):619-62813Valentino LA et al. Haemophilia 2016;22(4);514-52014 Chan A et al. oral presentation OR02, EAHAD 2024 15Wilson A et al. poster presentation PO203, EAHAD 202316Spasov E et al. poster presentation PO123, EAHAD 2024