Mein Fazit nach Vet-Praxisgründung und zwei Jahren Betrieb: Ich liebe Angestellte! Wie ich es geschafft habe, nicht an Schrödingers Kontostand, Mitarbeiterführung und Steuerfragen zu verzweifeln.
Zum ersten Januar 2023 habe ich meine Praxis bei der Kammer angezeigt. Eine Praxis zu gründen, ist ja saueinfach in Deutschland. Ein Zweizeiler, „Hallo, hab’ jetzt ’ne eigene Praxis“, und schon kam die Rechnung über den höheren Kammerbeitrag, fertig. Danke, Deutschland!
Dann arbeitet man so vor sich hin, schreibt Rechnungen und hat Schrödingers Geld auf dem Konto: Es ist da, aber eigentlich auch nicht, weil man ja mehrere Sorten Steuern bezahlen muss. Wie viel, sagt dir später jemand, den du mit besagtem Geld dafür bezahlst. Gut, dass ich darüber im Studium wirklich NICHTS gelernt habe und mich einen kompletten Fachidioten nennen darf. Ich kann wirklich NUR Kühe. Nichts anderes. Was ich auch nicht kann: einschätzen, wie viel Arbeit normal ist, ob ich mir Angestellte leisten kann und, wenn ja, wie ich die führe. Gerade (Tier-)Ärzte sind ja nicht gerade für ihre Mitarbeiterführungsqualitäten bekannt – die hohe Fluktuation liegt laut Studienlage am Chef und wie der sich benimmt und nicht an der faulen Gen-Z oder Y oder wat jetzt gerade aktuell ist.
Jedenfalls hatte ich im ersten Winter meiner Selbstständigkeit ein kleines Formtief und mich echt gefragt, ob es das sein soll. Einerseits klasse, die Leute rennen mir die Bude ein und ich hab’ sehr viel zu tun. Andererseits … bisschen mehr als anstrengend. Da habe ich mir in einer ruhigen Minute (zwischen Weihnachten und Neujahr) überlegt, dass es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gibt: Ich säge entweder Kunden ab und mache allein weiter, oder ich hole mir Hilfe. Letzteres schien mir dann der sinnvollere Weg. „Ich hole mir (eine) Hilfe“ ist allerdings auch nicht so einfach. Woher nehmen, wenn nicht stehlen, Fachkräftemangel überall und so weiter.
Und da hat mir der berühmte Zufall zum Glück verholfen: Ich hatte kurz zuvor auf der Straße eine ehemalige Kollegin getroffen (echt jetzt!). Die fiel mir ein, so jemanden brauche ich, die wäre eine echte Bereicherung. Da habe ich sie gefragt, wo ich so jemanden wie sie finde – und sie fragte nur, wann sie anfangen kann. Was für ein Dusel! Meine strategische Mitwisserin (Neudeutsch Praxismanagerin) ist seitdem nicht mehr wegzudenken.
Im zweiten Sommer dann die Erkenntnis, dass auch im „Außendienst“, also für den Ultraschallservice, eine zweite Person hilfreich wäre. Es war wohl Zufall, dass sich genau in dem Zeitraum innerhalb kurzer Zeit mehrere Personen bewarben. Einen zugewanderten Tierarzt mit Repro-Hintergrund fand ich auch menschlich am geeignetsten. Das Internet sagt „hire character, train skill“ – was für ein unglaubliches Glück, dass fast nix mehr zu trainieren war. Das habe ich ein halbes Jahr lang sehr genossen, auch wenn der bürokratische Aufwand ein Monster ist.
Dieses Monster hat leider auch einen großen Anteil daran, dass mein erster angestellter Tierarzt wieder in sein Heimatland zurückgegangen ist. Ich kann ihn gut verstehen, denn als gestandener Mann mit 15 Jahren Praxis ist er hier mit seinem besseren Studentenstatus etwas gebremst. Er kann einmal alles neu machen, vom Führerschein bis zum Staatsexamen. Da ist der Abgang nachvollziehbar. Ausschließen kann ich es aber nicht, dass ich selbst auch irgendwas falsch gemacht habe. So lange bin ich ja schließlich noch nicht Chefin. Ich arbeite ständig an meinen zwischenmenschlichen Fähigkeiten, denn auch wenn ich Tierärztin geworden bin, weil ich Tiere mag und Menschen eklig finde – sie sind doch überall. Ich werde es weiter und wieder versuchen.
Meine neue Kollegin ist (wahnsinniges Glück!) Tierärztin mit sehr guten Ultraschall-Skills und ein wirklich netter Mensch. Und meldete sich original in der Woche, nachdem mein lieber Kollege seine Ausreise angekündigt hatte.
Krass, wie das Leben manchmal so spielt. Ich liebe Angestellte, es ist toll! Eine solche Bereicherung, ich lerne so viel und freue mich über neue Sichtweisen und Herangehensweisen und die Erleichterung, die Kunden in guten Händen zu wissen. Ich glaub, ich stell noch jemanden ein.
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