Kaiserschnittgeburten können Wochenbettdepression begünstigen. Zur Geburt verabreichte Esketamin-Infusionen können laut Studie das Risiko einer postpartalen Depression halbieren.
Postpartale Depressionen (PPD) gehören zu den häufigsten psychischen Komplikationen nach der Geburt – und bleiben dennoch oft unerkannt. Weltweit ist etwa jede sechste Wöchnerin betroffen, in China zeigen Statistiken eine Prävalenz von über 21 %. Besonders nach einem Kaiserschnitt ist das Risiko erhöht. Eine unbehandelte PPD kann nicht nur das emotionale Wohlbefinden der Mutter stark beeinträchtigen, sondern auch die Bindung zum Kind und das gesamte Familiengefüge belasten – mit potenziell langfristigen Folgen.
Jetzt berichten Forscher von einem neuen Ansatz: Sie haben Esketamin, das S-Enantiomer des Ketamins, untersucht. Die Substanz wird bereits seit einigen Jahren bei therapieresistenten Depressionen eingesetzt – wegen der schnellen, oft innerhalb weniger Stunden einsetzenden Wirkung. Ob Esketamin auch zur Prävention postpartaler Depressionen geeignet ist, wurde bisher nur in wenigen Studien untersucht. Hochwertige Real-World-Daten gab es bislang nicht.
Wissenschaftler um Li Ren von der Chongqing Medical University, China, haben jetzt mit einer pragmatisch angelegten, randomisierten, doppelblinden Studie die Wirksamkeit von Esketamin in der klinischen Routine untersucht.
In ihre Studie eingeschlossen wurden 308 Frauen mit geplanter oder notfallmäßiger Sectio caesarea unter Spinal- oder Periduralanästhesie. Alle erhielten nach der Geburt ihres Kindes entweder 0,25 mg/kg Esketamin in Kochsalzlösung oder Placebo, über 20 Minuten infundiert. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer PPD sechs Wochen nach der Entbindung, gemessen anhand der Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS). Sie umfasst 10 Fragen zu typischen Symptomen einer Depression, etwa Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle oder Schlafstörungen. Ein Wert ab 10 (von maximal 30) Punkten deutet auf eine mögliche Depression hin, was ärztlich abzuklären ist. Auch Daten zu Schmerzintensität, zum Analgetikaverbrauch, zu maternalen Nebenwirkungen und zu neonatalen Parametern haben die Forscher systematisch erfasst.
Sechs Wochen nach der Geburt lag die Rate postpartaler Depressionen in der Esketamin-Gruppe bei lediglich 10,4 %. In der Kontrollgruppe waren es jedoch 19,5 %. Das entspricht einer relativen Risikoreduktion von 47 % (RR: 0,53). Auch bei der Anwendung alternativer Grenzwerte auf der Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS), etwa 9 oder 12 Punkte, bestätigte sich der Vorteil von Esketamin. Zum früheren Zeitpunkt – eine Woche nach der Geburt – war dieser Effekt aber noch nicht nachweisbar.
In Subgruppenanalysen (z. B. Alter ≥35 Jahre, Erstgebärende, Frühgeburt, vorbestehende Depression) zeigte sich kein signifikanter Unterschied: Esketamin wirkte unabhängig von den untersuchten Risikofaktoren. Bei der postoperativen Schmerzintensität (NRS) zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Allerdings benötigten Frauen der Esketamin-Gruppe signifikant seltener zusätzliche Bolusgaben mit Analgetika über die PCA-Pumpe: ein Hinweis auf eine mögliche Verringerung von Schmerzspitzen. Der Gesamtverbrauch an Opioiden war jedoch vergleichbar.
Erwartungsgemäß kam es unter Esketamin häufiger zu neuropsychiatrischen Nebenwirkungen wie Schwindel (18,2 %), tranceartigen Zuständen (5,8 %) oder lebhaften Träumen (10,4 %). Diese Beschwerden waren jedoch mild, vorübergehend und hatten keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf. Unter Verum stieg die Herzfrequenz an, das war jedoch klinisch unauffällig. Blutdruck und Sauerstoffsättigung blieben stabil. Auch auf neonataler Seite zeigten sich keine negativen Effekte hinsichtlich Apgar-Werten oder Intensivpflichtigkeit.
Diese Studie liefert erstmals unter realitätsnahen klinischen Bedingungen Hinweise darauf, dass Esketamin in niedriger Dosis während der Sectio das Risiko einer postpartalen Depression signifikant senken kann – ohne relevante Sicherheitsbedenken. Anders als in früheren Studien wurde hier nicht nur unter idealisierten Bedingungen, sondern im klinischen Alltag gearbeitet – mit entsprechender Übertragbarkeit auf die Praxis.
Zu den Limitationen der Studie zählen unter anderem das Design als Einzelzentrenstudie, das Fehlen einer differenzierten psychiatrischen Diagnostik sowie die kurze Beobachtungsdauer von lediglich sechs Wochen. Zudem sind sowohl der optimale Zeitpunkt der Esketamin-Gabe als auch die ideale Dosierung noch nicht abschließend geklärt.
Quelle
Li Ren et al.: Intraoperative Esketamine and Postpartum Depression Among Women With Cesarean Delivery: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open, 2025. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.59331
Bildquelle: Matt Hoffmann, Unsplash