Wie beurteilen junge Frauen ihre Zukunftsperspektiven im Arztberuf? Die Ergebnisse einer umfassenden Umfrage des Hartmannbundes unter Medizinstudentinnen und jungen Ärztinnen fallen zumindest ernüchternd aus.
Karriere nur unter Verzicht auf Kinder und Familie. Keine fairen Chancen gegenüber den männlichen Kollegen. Benachteiligt durch Teilzeittätigkeit. So sehen, laut der Umfrageergebnisse, viele junge Frauen ihre Perspektiven im Arztberuf. Der Hartmannbund-Vorsitzende Dr. Klaus Reinhardt sieht deshalb vor allem die Arbeitgeber gefordert und plädiert für eine Abkehr von altem Rollendenken. Für den Vorsitzenden sei besonders alarmierend, dass fast jede zweite der rund 2.800 Umfrageteilnehmerinnen glaube, dass sie für die Erreichung ihrer Karriereziele auf Kinder und Familie verzichten müsse. Und: Strebten rund 50 Prozent der Befragten eine Position als Oberärztin oder Chefärztin an, so seien gleichzeitig zwei Drittel von ihnen davon überzeugt, dass sie nicht die gleichen Chancen auf eine erfolgreiche Karriere hätten wie ihre männlichen Kollegen. Ein Blick auf Details der Umfrageergebnisse offenbare zudem entscheidende Kernprobleme: Benachteiligung durch Teilzeitarbeit – kombiniert mit noch immer nicht überwundenem Rollendenken und verkrusteten Strukturen. Noch immer mangele es an flexiblen Arbeitszeitmodellen und arbeitszeitkompatiblen Kinderbetreuungsangeboten. Und nach wie vor verhinderten zu oft hierarchische Strukturen notwendige Veränderungen, kritisieren die befragten Frauen. Nur sieben Prozent von ihnen bescheinigten ihren Arbeitgebern und Ausbildungsstätten, sie hätten die Bedeutung einer besseren Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben in ausreichendem Maße erkannt und entsprechend darauf reagiert. Die Dimension der Herausforderung, die sich hinter diesen Defiziten verberge, verdeutlichten, so die Umfrage-Verantwortlichen, zwei weitere Zahlen: Rund 90 Prozent der jungen Frauen könnten sich grundsätzlich vorstellen, ihre ärztliche Tätigkeit – zumindest phasenweise – in Teilzeit auszuüben. Nur rund ein Drittel von ihnen glaube allerdings, dass dies kein Karrierehindernis darstelle; neun von zehn Befragten bewerteten das Thema Teilzeitbeschäftigung noch immer als eine besondere Herausforderung für Frauen.
Der Vorsitzende des Hartmannbundes sieht deshalb nicht nur Arbeitgeber und Politik gefordert. „Um Frauen wirklich gleiche Karrierechancen innerhalb der ärztlichen Laufbahn zu gewährleisten, braucht es auch ein anderes Rollendenken in der Partnerschaft und mehr Akzeptanz für Männer, die sich für Vaterschaftsurlaub und Teilzeit entscheiden.“ Dafür sprächen auch zahlreiche Kommentare, die den Hartmannbund im Rahmen der Umfrage erreicht hätten. „Wir brauchen Frauen, die durchsetzen, dass ihre Partner mindestens ebenso viel Familienarbeit leisten“, brachte es eine Teilnehmerin auf den Punkt. Die komplette Umfrage und deren Ergebnisse findet Ihr hier.