„Mach doch lieber Pädiatrie, dann übst du schonmal für deine eigenen Kinder!“ Obwohl die Medizin weiblicher wird, bleibt eine andere Statistik gleich: Je höher die Position, desto weniger Frauen besetzen sie. Woran liegt das?
Erinnert ihr euch noch an den Spruch aus der Arzneimittelwerbung „[…] fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker“? Während sich dieser Satz an dem gesellschaftlichen Wandel angepasst hat, sieht das in den Führungspositionen von staatlichen Kliniken in Deutschland anders aus. Der Deutsche Ärztinnenbund stellt seine neue Statistik „Medical Women on Top“ aus dem Jahr 2024 vor. Spoiler-Alarm: Es sieht immer noch nicht gut aus.
In die Statistik sind 37 staatliche Universitätskliniken aus Deutschland mit insgesamt 12.590 Personen in führenden Positionen eingeflossen. Außerdem wurden die laut des Deutschen Ärztinnenbundes 14 wichtigsten klinischen Fächer der höchsten Besoldungsstufe (W3) „mit großem Einfluss auf die Ausbildung der Studierenden, auf Therapieentscheidungen, Forschungsthemen“ ausgewählt.
Übersicht über alle 12.590 erfassten Personen. Credit: Deutsche Ärztinnenbund e.V.
Eine Sache springt direkt ins Auge: Je höher die hierarchische Stellung, desto niedriger ist der prozentuale Frauenanteil. Nur 14 % der Klinikdirektionen sind von einer Ärztin besetzt. Auch lokale Unterschiede wurden untersucht. Im Direktvergleich zwischen den einzelnen Kliniken stehen Dresden, TU München und Bonn an oberster Stelle mit 25–30 %, während Hannover, Würzburg und Frankfurt an der 5 %-Marke hängen.
Eine erfreuliche Entwicklung ist der Anteil an Oberärztinnen, der insgesamt auf 41 % gestiegen ist. Besonders die Gynäkologie glänzt mit fast 70 %. Das Argument des „mangelnden Interesses an chirurgischen Fächern“ ist damit geschlagen. Auch die Dermatologie und Pädiatrie überqueren locker die 50 %-Hürde. Das kann an einem vermehrten Interesse der Ärztinnen an den Fächern liegen. Aber auch eine positiver Rückkopplungsmechanismus kann ein Grund für die hohen Prozentzahlen sein. Eine erhöhte weibliche Präsenz begünstigt den Einstieg weiterer Frauen in das Fachgebiet – ein Effekt, der sich mit der Zeit verstärkt.
Inzwischen ist klar, dass Frauen sich trotz bestehender Qualifikationen seltener auf Führungspositionen bewerben. Das liegt unter anderem am Vereinbarkeitsproblem von Kind und Beruf, das auch heutzutage noch oft nur den Müttern überbelassen wird – obwohl sich beide Elternteile für ein gemeinsames Kind entscheiden. Eine Reform der bisherigen Strukturen ist dringend erforderlich, um dem Anteil an weiblichen Studentinnen von rund 70 % gerecht zu werden.
Bildquelle: Bermix Studio, Unsplash