Eine junge Patientin wird mit Blut im Urin und kolikartigen Bauchschmerzen vorstellig. Welchen überraschenden Übeltäter die Ärzte schließlich enttarnen, lest ihr hier.
Im Folgenden geht es um ein Fall, den ich nicht selbst erlebt, aber kürzlich gelesen habe und den ich so ungewöhnlich fand, dass ich ihn euch nicht vorenthalten will: Eine 30-jährige Patientin sucht aufgrund einer Makrohämaturie ein ambulantes Behandlungszentrum in Dänemark auf. Sie berichtet von plötzlich auftretenden, kolikartigen Schmerzen auf der rechten Seite sowie begleitenden Unterbauchbeschwerden. Die Patientin ist nullparitätisch. Vor drei Jahren wurde bei ihr eine ureterorenoskopische Steinentfernung (URS) aufgrund eines 9 mm großen Uretersteins im distalen rechten Ureter durchgeführt. Fieber oder dysurische Beschwerden verneint sie.
Seit etwa sechs Monaten leide sie bereits unter wiederkehrenden Flankenschmerzen, die zwei- bis fünfmal pro Woche auftraten und etwa eine Stunde anhielten. Häufig würden die Schmerzen von einer ausgeprägten Drangsymptomatik begleitet. In der Urinanalyse zeigen sich sowohl eine Makrohämaturie als auch Proteinurie, das Serumkreatinin lag mit 44 µmol/L im normalen Bereich.
Die Kollegen führen eine Zystoskopie durch, die jedoch keine auffälligen Befunde ergab. In der anschließenden CT-Urografie konnte eine Harnstauung rechts dargestellt werden. Die Einmündung ins rechte Ostium ist auffallend verengt. Aber nun zum unerwarteten Befund: In der Vagina zeigt sich eine nach rechts lateral verrutschte Menstruationstasse.
Könnte sie tatsächlich der Ursprung für alle Beschwerden sein? Denn Hinweise auf eine Urolithiasis oder andere mögliche Ursachen für die Makrohämaturie konnten nicht festgestellt werden. Oder war es nur ein Zufall, dass die Menstruation der Patientin begann, sie ihren Cup benutzte und gleichzeitig eine Nierenstauung vorlag? Vor drei Jahren hatte sie eine URS zur Entfernung eines 9 mm großen Steins nahe des Ostiums erhalten – vielleicht war hier eine Ureterstriktur entstanden?
Die Patientin wurde über die beiden möglichen Differentialdiagnosen aufgeklärt. Es wurde besprochen, dass ein Monat nach der Entfernung und der Nicht-Wiederbenutzung der Menstruationstasse eine erneute Sonografie sowie eine Nierenfunktionsszintigraphie durchgeführt werden sollten. Beim Folgetermin berichtete die Patientin, dass weder Schmerzen noch Makrohämaturie wieder aufgetreten seien. Der Sonografiebefund zeigte keine Anzeichen einer Nierenstauung. Die Nierenfunktionsszintigraphie ergab eine normale Funktion und Morphologie beider Nieren, mit einer Verteilung der Nierenfunktion von 52 % rechts und 48 % links.
Somit war klar, dass die Ursache der Beschwerden die externe Kompression durch die Menstruationstasse war. Sechs Monate später gab die Patientin an, keinerlei Beschwerden mehr zu haben und verzichtete auf die Menstruationstasse, mit Ausnahme gelegentlicher Schwimmbadbesuche.
Ein Menstruationscup oder eine Menstruationstasse ist ein glockenförmiger Silikonbehälter, der zwischen 10 und 40 ml fasst und in verschiedenen Größen, Farben und Formen erhältlich ist. Er wird beispielsweise in eine C-Form gefaltet und dann in die Vagina eingeführt, wo er vor der Zervix positioniert wird. Dort erzeugt der Cup ein Vakuum, das dafür sorgt, dass er sicher an seinem Platz bleibt und nicht verrutscht.
Seit etwa einem Jahrzehnt erfreut sich der Menstruationscup zunehmender Beliebtheit. Er gilt als nachhaltig, bequem und muss im Vergleich zu Tampons weniger häufig gewechselt werden, was ihn zu einer praktischen Alternative macht. Obwohl der heutige Menstruationscup weit entfernt ist von seinen frühen, wenig benutzerfreundlichen Prototypen, wurde die erste Version bereits 1867 in den USA entwickelt. Seitdem hat sich der Cup jedoch stetig weiterentwickelt und sieht heute keineswegs mehr wie ein Folterinstrument aus.
Es wurden bereits einige Nebenwirkungen des Menstruationscups dokumentiert, darunter Unterbauchschmerzen durch den Unterdruck, allergische Reaktionen, vaginale Wunden sowie Harninkontinenz. In seltenen Fällen kam es in Verbindung mit der Nutzung des Cups zum Toxic Shock Syndrome (TSS). Insgesamt jedoch zeigt sich im Vergleich zu herkömmlichen Periodenprodukten ein ähnliches oder sogar geringeres Risiko für Infektionen.
Doch wie kann ein Menstruationscup in der Vagina eine Harnstauung im Harntrakt auslösen? Anatomisch betrachtet verläuft der Ureter nahe der lateralen Vaginawand, kurz bevor er in die Blase einmündet. Der Sogeffekt, der durch den Menstruationscup erzeugt wird, könnte bei falscher Position theoretisch zu einer Engstelle im Harnleiter führen, was auch in einem ähnlichen Fallbericht beschrieben wird. Bei einem anderen Fall zeigte sich, dass es zu so einem starken Unterdruck der dislozierten Tasse kam, dass die rechten Vaginalwand inklusive der inferolateralen Blasenwand in das Tassenlumen eingesogen wurde und so zu einer Harnstauung auf der rechten Seite führte.
Weitere Fallberichte sprechen von einer Kompression durch zu große Tassen. In allen Fällen berichteten die Patientinnen nach der Entfernung der Tassen von einer vollständigen Beschwerdefreiheit. Mit der richtigen Lokalisierung oder Größe des Cups konnten sie diese weiterhin beschwerdefrei verwenden.
Bisher sind nur wenige Fälle dokumentiert, doch es ist wahrscheinlich, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist. Es könnte gut sein, dass Flankenschmerzen fälschlicherweise als Periodenschmerzen interpretiert werden, besonders wenn sie nach der Periode und der Entfernung des Menstruationscups wieder verschwinden oder nur bei einmaligem Verrutschen auftreten. In solchen Fällen kommt es möglicherweise nicht zur notwendigen Diagnostik oder einem Arztbesuch, da die Beschwerden als unbedeutend oder vorübergehend abgetan werden.
Von einer generellen Warnung zur Verwendung des Menstruationscups kann jedoch nicht die Rede sein. Sie sind praktisch, nachhaltiger als Einwegprodukte und es treten nur selten Probleme auf. Wichtiger ist es, das Bewusstsein der Anwenderinnen für die richtige Größe und Positionierung des Cups zu schärfen. Als Ärzte könnten wir außerdem bei Frauen im gebärfähigen Alter, die über Flankenschmerzen klagen, gezielt nach der Verwendung von Menstruationsprodukten fragen und diese so in die Differentialdiagnosen mit einbeziehen.
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