Bei Durchfall greifen Patienten häufig auf Loperamid zurück. Wie das Opioid genau wirkt und wann es auf keinen Fall eingenommen werden sollte, erfahrt ihr hier.
Loperamid gehört – wie Morphin oder Fentanyl – zu den Opioiden und wird zur Behandlung von Durchfall eingesetzt. Während Opiate Verbindungen sind, die natürlich im Opium vorkommen, versteht man unter Opioiden Stoffe, die eine morphinartige pharmakologische Wirkung aufweisen und an Opioidrezeptoren binden können. Alle Opiate sind Opioide, aber nicht alle Opioide sind auch Opiate.
Opioide aktivieren die Opioidrezeptoren im Dünndarm, was die Darmbewegungen reduziert, sodass der Körper mehr Zeit hat, dem Darminhalt Wasser zu entziehen, wodurch der Stuhl gefestigt wird. Unabhängig davon, ob man unter Durchfall leidet oder nicht. Ebenfalls erhöhen Opioide die Spannung des Afterschließmuskels, wodurch der Drang nachlässt, den Darm zu entleeren. Obwohl Loperamid ein Opioid ist, führt es in therapeutischer Dosierung auch nicht zu Euphorie, Schmerzlinderung, Sedierung oder gar der gefürchteten Atemdepression. Der Grund dafür, dass Loperamid diese Wirkungen nicht ausübt und in normalen Dosierungen keine Effekte auf das zentrale Nervensystem ausübt, liegt daran, dass es nur lokal im Darm wirkt.
Der Grund dafür liegt einerseits am CYP3A4-Enzym, das weitgehend verhindert, dass Loperamid ins Blut aufgenommen wird und es folglich im Darm landet und andererseits am P-Glykoprotein (P-gp), das den Anteil, der es ins ZNS geschafft hat, schnell wieder herausschleust. CYP-Enzyme sind dafür zuständig, körperfremde Substanzen umzuwandeln, damit sie besser ausgeschieden werden können. Das P-Glykoprotein hingegen ist ein Transportprotein der Zellmembran. Es wird auch als Effluxpumpe bezeichnet, da es körperfremde Stoffe aktiv aus dem Inneren der Zelle nach außen schleust. Das P-Glykoprotein kann induziert, seine Aktivität also verstärkt werden, wodurch die Arzneimittel noch schneller ausgeschleust werden. Ebenso kann es blockiert werden, was dann wiederum zu einer höheren Bioverfügbarkeit des Arzneistoffs und zu einer besseren ZNS-Gängigkeit führen kann.
Vorsicht ist geboten, wenn Arzneimittel eingenommen werden, die CYP3A4 und/oder das P-gp hemmen, da dadurch mehr Loperamid ins Blut aufgenommen werden kann und durch die Hemmung des P-gp mehr Loperamid die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Beispiele für Arzneimittel, die das P-Glykoprotein hemmen und deshalb nicht zusammen mit Loperamid eingenommen werden dürfen:
Vorsicht ist ebenfalls bei Tonic Water (und somit auch Gin Tonic) geboten, da das darin enthaltene Chinin ebenfalls das P-Glykoprotein hemmt und so das Loperamid ZNS-gängig macht.
Loperamid wurde zum ersten Mal 1969 in Belgien hergestellt. In Deutschland kam es 1976 auf den Markt. In der Apotheke ist Loperamid in einer Packung mit maximal zwölf Kapseln oder Tabletten erhältlich. Größere Packungen bekommt man nur mit Rezept. Loperamid ist auch in Form von Schmelztabletten im Handel. Sie werden in den Mund gelegt, wo sie sich dann im Speichel auflösen, bevor sie geschluckt werden. Im Gegensatz zu Sublingual- oder Buccaltabletten, bei denen der Wirkstoff direkt über die Mundschleimhaut aufgenommen wird, wird er bei Schmelztabletten erst im Darm aufgenommen.
Mit Loperamid lassen sich nur die Symptome des Durchfalls bekämpfen, nicht aber die zugrunde liegende Ursache. Man darf es nicht einsetzen, wenn der Durchfall zum Beispiel mit Fieber oder blutigem Stuhl einhergeht. Ebenso wenig dann, wenn der Durchfall durch ein Antibiotikum verursacht wurde. Die normale Dosierung bei Menschen ab 12 Jahren lautet 4 Milligramm Loperamid auf einmal. Das entspricht in der Regel zwei Kapseln bzw. zwei Tabletten. Nach jedem ungeformten Stuhl dürfen erneut 2 Milligramm eingenommen werden. Die Höchstdosis beträgt 12 Milligramm pro Tag. Nicht jedoch länger als zwei Tage ohne ärztliche Aufsicht.
Es reichen jedoch fast immer 4 Milligramm Loperamid aus, um den Durchfall zu stoppen. Die Symptome werden meistens bereits innerhalb einer Stunde besser. So lange sollte man mindestens warten, bevor man weitere 2 Milligramm schluckt. Auch Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren dürfen Loperamid einnehmen, allerdings nur in einer altersentsprechenden Dosierung auf ärztliche Verordnung. Da die Blut-Hirn-Schranke bei Säuglingen und Kleinkindern noch nicht voll ausgebildet ist, darf wegen der oben genannten Nebenwirkungen Loperamid erst bei Kindern ab zwei Jahren eingesetzt werden.
Durch die Einnahme von Loperamid können Verstopfung, Blähungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel auftreten. Bezogen auf die Verstopfung muss man aber auch immer bedenken, dass der Darm durch den Durchfall bereits ordentlich entleert wurde, es also nicht unbedingt ungewöhnlich ist, wenn man erstmal für ein, zwei Tage keinen Stuhlgang hat.
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