In einigen Fällen sollte direkt mit Beginn der Menopause ein Osteoporose-Screening starten. Diese Patientinnen müssen zuverlässig identifiziert werden – die verfügbaren Tests scheinen das aber nicht zu können.
Mit drei Millionen Knochenbrüchen pro Jahr allein in den USA entwickelt sich Osteoporose zum großen Problem für Gesundheitssysteme. Das sind mehr Betroffene als bei Herzinfarkten, Brustkrebs und Prostatakrebs zusammen. Weil das Risiko für Osteoporose mit dem Alter zunimmt, empfehlen Fachgesellschaften wie die Bone Health and Osteoporosis Foundation und die US Preventive Services Task Force (USPSTF) ein routinemäßiges Osteoporose-Screening für Frauen ab 65 Jahren. Für jüngere postmenopausale Frauen zwischen 50 und 64 Jahren gibt es keine allgemeine Empfehlung. Stattdessen sollen sie ihr individuelles Risiko mithilfe spezieller Risikobewertungs-Tools einschätzen lassen. Doch wie effektiv sind diese Instrumente wirklich? Damit haben sich Forscher jetzt befasst – mit überraschendem Ergebnis.
Um festzustellen, ob eine Frau zwischen 50 und 64 Jahren ein Screening benötigt, empfiehlt die USPSTF die Verwendung spezieller Risikobewertungs-Tools:
OSIRIS, ORAI und OST lassen sich einfach und ohne großen Zeitaufwand umsetzen und sollen Ärzten bei der Identifikation von Frauen helfen, die eine Knochendichtemessung benötigen. Nur gibt es bislang kaum Daten zum Nutzen bei 50- bis 64-jährigen postmenopausalen Frauen.
Genau hier setzt die neue Arbeit an: Die Forscher wollten herausfinden, wie zuverlässig OSIRIS, ORAI und OST Osteoporose in dieser Altersgruppe vorhersagen können. Für ihre Querschnittsstudie haben sie Daten der Knochendichte-Teilstudie der Women's Health Initiative mit 11.461 Frauen ausgewertet. Teilnehmerinnen waren gesunde postmenopausale Frauen im Alter von 50 bis 64 Jahren. Von ihnen lagen sowohl Knochendichtemessungen als auch Ergebnisse der Risikovorhersage-Tools OSIRIS, ORAI bzw. OST vor. Primäres Ergebnis war Osteoporose, definiert durch einen T-Score von mehr als 2,5 Standardabweichungen unterhalb des Mittelwertes. Das galt an drei anatomischen Stellen: dem Schenkelhals, der Hüfte und/oder der Lendenwirbelsäule.
Forscher haben den AUC-Wert (Area Under the Curve) verwendet, um die Genauigkeit des Verfahrens zu beschreiben. Dieser gibt an, wie gut ein Modell zwischen positiven und negativen Fällen unterscheiden kann. Ein AUC-Wert von 1,0 bedeutet eine perfekte Unterscheidung zwischen Osteoporose und keiner Osteoporose, während ein Wert von 0,5 einer zufälligen Entscheidung entspricht.
Das haben die Wissenschaftler herausgefunden:
Was bedeuten die Zahlen anschaulich? In einer Gruppe mit 1.000 postmenopausale Frauen zwischen 50 und 64 Jahren leiden laut Statistiken durchschnittlich 141 Frauen (14,1 %) an Osteoporose. OSIRIS würde 51 davon identifizieren (basierend auf 37,8 % Sensitivität), ORAI 75 (basierend auf 53,3 % Sensitivität) und OST 87 (basierend auf 62,4 % Sensitivität). Umgekehrt hätten 859 Frauen in der Gruppe (85,9 %) keine Osteoporose, aber OSIRIS würde zu 94 unnötigen Folgeuntersuchungen führen. Bei ORAI wären es 180 und bei OST zu 266 irrelevante Tests.
Bleibt als methodische Einschränkung: Teilnehmerinnen der Women's Health Initiative waren gesünder, verfügten über ein höheres Bildungsniveau und einen höheren sozioökonomischen Status als die Gesamtbevölkerung. Die Ergebnisse sind daher möglicherweise nicht auf alle Bevölkerungsgruppen übertragbar.
Bisher verlassen sich Ärzte auf diese Tools, um zu entscheiden, welche Frauen zwischen 50 und 64 Jahren eine Knochendichtemessung erhalten sollten. Doch wenn diese Methoden nicht zuverlässig funktionieren, besteht die Gefahr, dass viele gefährdete Frauen keine frühzeitige Diagnose und damit keine Behandlung erhalten – mit potenziell schwerwiegenden Folgen.
Jetzt lautet die Herausforderung, neue Methoden zu entwickeln, um zu entscheiden, wann eine Osteodensitometrie sinnvoll ist – und wann nicht. Das könnte mit Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen gelingen, falls solche Algorithmen mit deutlich mehr Parametern arbeiten als bei OSIRIS, ORAI oder OST. Generell erkennen KI-Tools erhöhte Osteoporose-Risiken anhand verschiedener Parameter. Das konnten Forscher bei Frauen mit Typ-2-Diabetes zeigen und das Prinzip lässt sich auf andere Personengruppen übertragen.
Quelle:
Zheng et al.: Identifying Younger Postmenopausal Women With Osteoporosis Using USPSTF-Recommended Osteoporosis Risk Assessment Tools. JAMA Netw. Open, 2025. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.0626
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