Neurobiologen konnten nun die Aufgabe der sogenannten Cornichon-Proteine im Gehirn aufdecken: Diese verbessern demnach den Informationsfluss zwischen Nervenzellen und machen die Signalweiterleitung im Gehirn zuverlässiger.
Schon 2009 hatte die Gruppe um Prof. Dr. Bernd Fakler vom Institut für Physiologie und Exzellenzcluster BIOSS Centre for Biological Signalling Studies der Universität Freiburg zeigen können, dass die Cornichon-Proteine Teil der AMPA-Glutamat-Rezeptoren in Membranen von Nervenzellen des Gehirns sind. Diese Rezeptoren sind aus einem Pool von bis zu 35 Proteinen aufgebaut, bei 70 bis 80 Prozent sind Cornichon-Proteine vorhanden. Die AMPA-Rezeptoren befinden sich an Synapsen – also an der Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen, an der die Reizübertragung erfolgt. Setzt die eine Zelle den Neurotransmitter Glutamat frei, bindet dieser an die AMPA-Rezeptoren der angrenzenden Zelle und erregt diese. Die so erregte Nervenzelle leitet die Information in der Regel jedoch erst dann weiter, wenn sich Reize häufen. Je mehr Erregung aus verschiedenen Synapsen bei ihr ankommt, desto wahrscheinlicher ist es also, dass sie die Information weiterleitet. AMPA-Rezeptoren haben eine besondere Funktion für das zelluläre Lernen, erklärt Fakler: „Wenn die Zelle ‚lernt‘, gibt sie bei wiederholter Reizung Signale schneller und zuverlässiger weiter. Dies ermöglicht sie nach derzeitigem Wissen vor allem dadurch, dass sie die Zahl der AMPA-Rezeptoren in der Synapse erhöht, was zu einer stärkeren Erregung führt.“ Den Aufbau der AMPA-Rezeptoren aufzuklären, hilft Forschern, Lernvorgänge im Gehirn besser zu verstehen. Die Biologen entdeckten nun: „Rezeptoren mit Cornichon-Proteinen halten ihre Pore, die sich öffnet, wenn die AMPA-Rezeptoren Glutamat binden, länger aktiv und ermöglichen so einen länger dauernden Ionenstrom“, sagt Fakler. Die Erregung einer Synapse wird dadurch stärker und die Schwelle für die Weiterleitung der Information wird schneller und zuverlässiger erreicht. Bislang war unklar, warum manche Nervenzellen, etwa Interneuronen, kurze Erregungsströme haben und andere, zum Beispiel Mooszellen oder Pyramidenzellen, länger erregt bleiben. Die Freiburger Forscher wiesen die entscheidende Rolle der Cornichon-Proteine nach, indem sie die elektrischen Signale an einzelnen Synapsen im Gehirn von Ratten untersuchten: Sie stimulierten die Synapsen von Mooszellen und Interneuronen und verglichen die Ionenströme durch die entsprechenden AMPA-Rezeptoren. Indem sie die Cornichon-Proteine farblich markierten, konnten sie zeigen, dass Mooszellen, die Cornichon-haltige AMPA-Rezeptoren besitzen, die Erregung länger aufrechterhalten. Außerdem veränderten die Biologen die Mooszellen mithilfe eines Virus, sodass diese keine Cornichon-Proteine mehr besaßen. Das verkürzte die Erregungszeit. In die Interneuronen fügten die Forscher mit der gleichen Methode Cornichon-Proteine ein – die Zellen blieben länger erregt. Originalpublikation: Cornichon2 dictates the time course of excitatory transmission in individual hippocampal synapses Bernd Fakler et al.; Neuron, doi: 10.1016/j.neuron.2014.03.031; 2014