Wie schlimm ist die Entwicklung von antimikrobiellen Resistenzen in Deutschland wirklich? Forscher haben die Verursacher nun genau unter die Lupe genommen.
Wir berichteten bereits über den aktuellen Bericht des Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für gramnegative Krankenhauskeime aus dem Jahr 2023, der zu Beginn des Jahres im Epidemiologischen Bulletin des RKI veröffentlicht wurde und einen besorgniserregenden Anstieg der antimikrobiellen Resistenzen aufzeigte. Solche Entwicklungen sind insbesondere hinsichtlich der zunehmenden Sterblichkeit in der älteren Bevölkerung bedenklich. Bislang wurde die tatsächliche epidemiologische Belastung durch gramnegative Blutstrominfektionen und ihre klinischen Auswirkungen in Deutschland jedoch nicht hinreichend dokumentiert.
Um die Datenlage zu verbessern, analysierte ein Team von Medizinern die longitudinale Epidemiologie und antimikrobielle Resistenzen in Deutschland. Dazu wurde eine Post-hoc-Analyse von dokumentierten Blutstrominfektionen durch
aus sechs Universitätskliniken durchgeführt, die zwischen 2016 und 2020 auftraten.
Insgesamt wurden 9.076 Blutstrominfektionen (BSI) ausgewertet, wobei der größte Anteil auf E. coli entfiel, mit 5.412 Fällen (59,6 %). Als zweithäufigster Erreger konnte Klebsiella spp. identifiziert werden (2.148 Fälle, 23,6 %), gefolgt von P. aeruginosa (789 Fälle), Enterobacter spp. (696 Fälle) und A. baumannii (31 Fälle). BSI traten am häufigsten in den Abteilungen für Hämatologie und Onkologie auf, wobei 58 % der Infektionen ambulant und nicht nosokomial erworben wurden.
Bei der Auswertung der Resistenzen war ein moderater Anstieg bei E. coli hinsichtlich der Resistenz gegenüber Drittgenerations-Cephalosporinen (3GCR) auffällig (13,9 % im Jahr 2016, 14,4 % im Jahr 2020). Im Gegensatz dazu zeigte sich bei Klebsiella spp. ein leichter Rückgang (16,5 % im Jahr 2016, 11,1 % im Jahr 2020). Erfreulicherweise ergab eine Subanalyse, dass bei Klebsiella spp. und E. coli, die eine Resistenz gegenüber Drittgenerations-Cephalosporinen (3GCR) aufwiesen, keine erhöhte Morbidität oder Mortalität festgestellt wurde.
Zusammenfassend bietet diese Studie einen wertvollen Überblick über die Epidemiologie, antimikrobielle Resistenzmuster und klinische Ergebnisse von gramnegativen Blutstrominfektionen (BSI) in deutschen Universitätskliniken. Obwohl die Auswertung stabile Raten von 3GCR für E. coli und Klebsiella spp. zeigt, steht dies im Gegensatz zu den globalen Daten zur Ausbreitung antimikrobieller Resistenzen. Die vorliegenden Ergebnisse sowie die zunehmenden Resistenzen bei gramnegativen Erregern, wie sie auch im Bericht des Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für gramnegative Krankenhauskeime dokumentiert sind, verdeutlichen die dringende Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung in den Krankenhäusern. Nur so können frühzeitig wirksame Strategien zur Infektionskontrolle und Behandlung entwickelt werden, um der wachsenden Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch antimikrobielle Resistenzen entgegenzuwirken.
Quellen:
Mischnik et al. Gram-negative bloodstream infections in six German university hospitals, 2016–2020: clinical and microbiological features. Infection (2024). doi: 10.1007/s15010-024-02430-7
RKI, Epidemiologisches Bulletin 05/2025.
Bildquelle: Karolina Grabowska, Unsplash