Die Zahl der Scharlach-Erkrankungen steigt seit einigen Jahren kontinuierlich. Umso wichtiger, sich mit Diagnose und Therapie auszukennen – ein Refresher.
Scharlach ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die vor allem bei Kindern auftritt. Sie wird durch Streptokokken der Gruppe A (GAS) verursacht und äußert sich durch typische Symptome wie Fieber, Halsschmerzen und einen charakteristischen Hautausschlag. Trotz moderner Diagnose- und Behandlungsmethoden hat die Zahl der Erkrankungen in den letzten Jahren zugenommen.
Scharlach beginnt oft mit einer Rachenentzündung und entwickelt sich weiter zu einer systemischen Erkrankung mit typischen Symptomen (die aber nicht immer alle auftreten müssen):
Die Krankheit wird durch spezielle Giftstoffe der Bakterien (Exotoxine) ausgelöst, die eine Reaktion des Immunsystems hervorrufen.
Ärzte nutzen den McIsaac-Score, um das Risiko einer Streptokokken-Infektion einzuschätzen. Dabei werden folgende Kriterien bewertet:
Auswertung des Scores:
Ab 3 Punkten wird ein Streptokokken-Schnelltest empfohlen.
Ein Streptokokken-Schnelltest kann innerhalb weniger Minuten eine GAS-Infektion nachweisen. Dabei wird mit einem Wattestäbchen ein Abstrich aus dem Rachen genommen. Diese Tests haben eine Trefferquote von etwa 70–90 %, sodass ein negatives Ergebnis eine Infektion nicht immer ausschließt. Andererseits gibt es Schätzungen, wonach in einer Gruppe mit Scharlacherkrankten bis zu 20 % Streptokokken-Träger vorkommen: Sie hätten einen positiven Abstrich, ohne klassisch erkrankt zu sein.
Fazit: Wir streichen nur Kinder ab, die typische Symptome zeigen. Bei jedem Halsschmerz einen Abstrich zu machen, erhöht nur die Wahrscheinlichkeit falsch-positiver Diagnosen.
Nicht jede Halsentzündung erfordert eine Antibiotikatherapie, doch bei einer bestätigten GAS-Infektion können Antibiotika helfen, die Ansteckungszeit zu verkürzen und Komplikationen zu vermeiden. Heute entscheiden wir nach dem Allgemeinzustand des Kindes: Bei wenig Fieber und wenig Halsschmerzen, muss kein Antibiotikum gegeben werden.
Die Standardtherapie ist Penicillin V für sieben Tage. Bei Penicillin-Allergie – die sehr selten ist! – werden Makrolide (z. B. Azithromycin, Clarithromycin) eingesetzt. Bereits nach 24 Stunden Antibiotika-Therapie sind Patienten in der Regel nicht mehr ansteckend.
Nebenbei: Das Kontrollieren eines positiven Abstriches wird ebenso wenig empfohlen, wie die Routineuntersuchung von EKG oder Urin – die Zeiten sind vorbei.
In den letzten Jahren ist die Zahl der Scharlach-Erkrankungen deutlich gestiegen. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland etwa 439.500 Fälle gemeldet – viermal mehr als im Vorjahr. Experten vermuten, dass sich durch die Corona-Maßnahmen das Immunsystem vieler Kinder weniger mit Krankheitserregern auseinandersetzen konnte, was nun zu einer erhöhten Anfälligkeit führt.
Quellen:
Ferretti et al. Streptococcus pyogenes: Basic Biology to Clinical Manifestations. University of Oklahoma Health Sciences Center, 2016. PID: 26866208
Gerber et al. Prevention of rheumatic fever and diagnosis and treatment of acute Streptococcal pharyngitis: a scientific statement from the American Heart Association Rheumatic Fever, Endocarditis, and Kawasaki Disease Committee. Circulation, 2009. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.109.191959
Antibiotic Stewardship in der Kinder- und jugendärztlichen Praxis (Juli 2021)
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