Wir alle kennen das Gefühl: Bei Hitze denkt es sich schlechter. Warum aber auch die gut klimatisierte Wohnung zum Problem werden könnte, erfahrt ihr hier.
Das Klima verändert sich, unser Planet wird langsam aber sicher immer wärmer. Die Veränderungen der Umgebungstemperatur beeinflussen den menschlichen Körper und seine Funktionen auf unterschiedliche Weise. Auch die Gehirnfunktion wird von der Temperatur beeinflusst. Das sieht man zum Beispiel, wenn man die Lektüre von Strandbesuchern analysiert. In der Sonne denkt es sich nicht ganz so flüssig, wie in einem wohltemperierten Raum, sodass hier eher leichte Kost gelesen wird. Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass bei Hitzewellen die Konzentrationsfähigkeit und die Denkgeschwindigkeit abnimmt. Bei hohen Temperaturen leiden die kognitiven Fähigkeiten sowohl bei jungen als auch bei alten Menschen, egal ob vorher schon leichte kognitive Einschränkungen bestehen oder nicht.
In früheren Studien wurde der Einfluss der Temperatur auf die Kognition entweder an großen Bevölkerungsgruppen oder unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht. In beiden Fällen wurde ein negativer Einfluss hoher Temperaturen auf die kognitiven Fähigkeiten festgestellt. Allerdings hatten diese Studien eines gemeinsam: Sie waren auf stark vereinfachte Bedingungen beschränkt, die nicht immer die Realität widerspiegeln.
Da die künstlichen Laborbedingungen mit einer definierten und konstant gehaltenen Temperatur nicht den realen Lebensbedingungen entsprechen, hat eine amerikanische Forschergruppe nun eine Studie mit realistischeren Konditionen durchgeführt. An der Studie nahmen Personen teil, die mindestens 65 Jahre alt waren und zu Hause lebten. Voraussetzung war außerdem eine stabile Internetverbindung, da die Temperaturen über Sensoren gemessen und übermittelt wurden. Neben dem Temperaturverlauf wurde auch die von den Studienteilnehmern selbst berichtete Aufmerksamkeitsfähigkeit gemessen.
Die Teilnehmer mussten über einen Zeitraum von einem Jahr zweimal täglich einen Fragebogen auf ihrem Smartphone ausfüllen. Zu verschiedenen Tageszeiten erhielten die Teilnehmer eine Benachrichtigung auf ihr Smartphone und wurden gefragt, ob es ihnen schwerfalle, ihre Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit zu richten, die sie gerade ausführten. Zudem wurde nach der subjektiven Einschätzung der Raumtemperatur gefragt. Die Antworten auf die Fragen wurden nur gewertet, wenn sich die Studienteilnehmer zu diesem Zeitpunkt zu Hause befanden. Schließlich wurde nur dort die Temperatur gemessen.
An der Studie nahmen 47 Personen teil, die im Durchschnitt 373 Smartphone-Befragungen beantworteten, sodass insgesamt ca. 17.000 Befragungsergebnisse mit der Raumtemperatur korreliert werden konnten. Das Ergebnis war ein U-förmiger Zusammenhang zwischen der Raumtemperatur und der subjektiven Schwierigkeit, aufmerksam zu bleiben. Bei einer Raumtemperatur von 20–24 °C fiel es den Studienteilnehmern am leichtesten, aufmerksam zu bleiben. Bei Abweichungen in beide Richtungen war die subjektive Aufmerksamkeit zunehmend eingeschränkt. Ähnlich wie mit der objektiven Temperatur war der Zusammenhang mit der subjektiv empfundenen Temperatur. Bei 20–24 °C empfanden die meisten Probanden die Temperatur als „neutral“, also weder warm noch kalt, und gaben an, sich gut konzentrieren zu können.
Die größte Einschränkung der Studie ist, dass es sich nicht um kontrollierte Bedingungen handelte. Die Teilnehmer konnten die Heizung und/oder die Klimaanlage nach Belieben einstellen. Daher besteht ein hohes Risiko für eine Verzerrung der Ergebnisse. Andererseits stimmen die Ergebnisse mit früheren Studien überein, die unter kontrollierten Laborbedingungen durchgeführt wurden. Außerdem decken sich die Ergebnisse mit dem Empfinden der meisten Menschen, die sich bei einer Temperatur von 20–24 °C am wohlsten fühlen. Die Autoren schlussfolgern, dass es angesichts des Klimawandels wichtig ist, Häuser und Wohnungen, insbesondere für ältere Menschen, so zu gestalten, dass optimale Temperaturen leicht eingestellt werden können.
Trezza et al. Environmental heat exposure and cognitive performance in older adults: a controlled trial. Age, 2015. doi: 10.1007/s11357-015-9783-zDai et al. Cognitive function and short-term exposure to residential air temperature: A repeated measures study based on spatiotemporal estimates of temperature. Environ Res, 2016. doi: 10.1016/j.envres.2016.06.036Baniassadi et al. Home Ambient Temperature and Self-reported Attention in Community-Dwelling Older Adults. J Gerontol A Biol Sci Med Sci, 2024. doi: 10.1093/gerona/glae286
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