Schluckstörungen sind häufige und gefährliche Symptome verschiedener Erkrankungen. Mit diesem einfachen Screening-Instrument findet ihr heraus, bei welchen Patienten ihr genauer hinsehen müsst.
Wie wertvoll die Fähigkeit ist, schlucken zu können, wird vermutlich vielen Menschen erst bewusst, wenn es nicht mehr richtig funktioniert. Der Schluckakt ist ein hochkomplexer neuromuskulärer Vorgang, der die präzise Koordination von über 25 Muskelpaaren erfordert. Neurogen oder muskulär bedingte Schluckbeschwerden können deshalb Symptome verschiedener Erkrankungen sein. Dysphagie tritt bei etwa 50 Prozent der Schlaganfallpatienten auf und erhöht das Risiko für Aspirationspneumonie sowie Mortalität. Unter Schluckstörungen leiden auch viele Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma, Parkinson-Syndromen, Demenz, amyotropher Lateralsklerose (ALS), Myasthenia gravis, Multipler Sklerose und entzündlichen Muskelerkrankungen. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Auch einige Medikamente, vor allem Neuroleptika, werden mit Dysphagien in Zusammenhang gebracht. Zur Diagnostik und Therapie neurogener Dysphagien gibt es eine S1-Leitlinie, die noch bis 28.02.2025 gültig ist.
Schluckstörungen können sich durch verschiedene direkte und indirekte Anzeichen bemerkbar machen. Direkte Anzeichen einer Schluckstörung treten häufig während oder unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme auf. Betroffene fürchten sich oft vor Mahlzeiten und verweigern das Essen aus Sorge, sich zu verschlucken oder gar zu ersticken. Ein weiteres typisches Symptom ist wiederholtes Husten oder Räuspern während oder nach dem Essen. Da die Nahrung nicht vollständig weitertransportiert wird, bleiben oft Speisereste im Mundraum zurück. In schwereren Fällen kann es sogar zu Atemnot kommen, wenn die Atemwege durch unzureichend geschluckte Nahrung teilweise blockiert werden. Auch das Vermeiden von Getränken ist ein häufiges Warnsignal, da Flüssigkeiten für die Patienten besonders schwer zu kontrollieren sein können.
Neben diesen unmittelbaren Symptomen können auch indirekte Hinweise auf eine Schluckstörung hindeuten. Unklares Fieber kann beispielsweise eine Folge davon sein, dass unbemerkt Nahrungspartikel oder Flüssigkeiten in die Lunge gelangt sind und dort eine Aspirationspneumonie verursacht haben. Ein schleichender Gewichtsverlust deutet darauf hin, dass die Nahrungsaufnahme über einen längeren Zeitraum unzureichend war. Auch eine Dehydratation kann eine Folge der Schluckstörung sein und sich durch trockene Haut, Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme bemerkbar machen.
Ein einfaches Screening-Instrument, um Dysphagien festzustellen, ist der Wasserschlucktest: Ein Patient erhält zunächst zweimal einen Teelöffel Wasser und soll diesen schlucken. Danach folgen mindestens zwei Schlucke aus einem normalen Wasserglas. Dabei darf dem Patienten das Glas angereicht werden oder ein Strohhalm verwendet werden – wichtig ist nur, dass kein Schnabelbecher zum Einsatz kommt. Während des Tests wird beobachtet, ob der Patient husten oder sich räuspern muss oder ob sich seine Stimme verändert. Falls eines dieser Symptome innerhalb einer Minute nach dem Schlucken auftritt, deutet das auf eine Schluckstörung hin.
Das Besondere an diesem Test ist seine einfache Durchführbarkeit. Er kann von geschultem Pflege- und Praxispersonal durchgeführt werden und ermöglicht so eine frühe Erkennung von Schluckstörungen, die bei älteren Menschen sehr häufig sind (bis zu 70 Prozent in geriatrischen Kliniken). Eine frühe Erkennung ist wichtig, da Schluckstörungen zu weiteren, bereits weiter oben genannten Komplikationen wie Ersticken, Lungenentzündung oder Mangelernährung führen können.
Je nach Grunderkrankung und Auslöser der Dysphagie können Medikamente eine Schluckstörung bessern. In den meisten Fällen besteht die Behandlung jedoch aus logopädischen und diätetischen Maßnahmen. Die funktionell-orientierte Schlucktherapie wird idealerweise von speziell ausgebildeten Sprachtherapeuten oder Logopäden durchgeführt und kann durch die Einbindung von Pflegepersonal und Angehörigen ergänzt werden. Restituierende Verfahren haben das Ziel, die am Schluckakt beteiligte Muskulatur durch gezieltes Training und Stimulation zu stärken.
Kompensatorische Verfahren umfassen Haltungsänderungen und spezielle Schlucktechniken, die den Transport des Nahrungsbolus optimieren und das Risiko einer Aspiration verringern. Adaptive Verfahren beinhalten die Anpassung der Nahrungskonsistenz an die individuellen Schluckfähigkeiten sowie den Einsatz geeigneter Ess- und Trinkhilfen. Solche Maßnahmen erleichtern den Schluckvorgang und stellen oft die erste therapeutische Option dar, da sie keine aktiven Anforderungen an den Patienten stellen.
Nicht alle Lebensmittel sind bei Dysphagie gleichermaßen geeignet. Feste Kost kann problematisch sein, wenn sie nicht ausreichend gekaut wird. Größere Stücke sind weniger gleitfähig und können im Rachen stecken bleiben. Abhilfe schaffen pürierte oder passierte Speisen sowie das Andicken von zu flüssigen Bestandteilen. Auch weiche Zubereitungsformen, wie gekochtes oder zerdrücktes Gemüse, erleichtern das Schlucken. Flüssigkeiten fließen oft zu schnell und sind schwerer zu kontrollieren, wodurch sie leicht in die Atemwege gelangen können. Hier hilft das Andicken von Getränken, wobei mit speziellen Verdickungsmitteln Konsistenzen von sirupartig bis puddingartig möglich sind.
Individuelle Vorlieben sollten berücksichtigt werden, um die Nahrungsaufnahme möglichst angenehm zu gestalten. Optisch ansprechende, gut riechende und schmackhafte Speisen regen den Appetit an und können den Schluckreflex positiv beeinflussen. Säuerliche Lebensmittel fördern die Speichelbildung und erleichtern so den Nahrungstransport, während andere, etwa Kaffee oder Milchprodukte, die Speichelproduktion eher hemmen und das Schlucken erschweren können. In manchen Fällen sind hochkalorische Ergänzungsnahrungen notwendig, um den Energiebedarf zu decken.
Bildquelle: engin akyurt, Unsplash