Eine junge Katze leidet unter Erbrechen und Appetitlosigkeit. Zunächst können die Tierärzte sie stabilisieren – doch dann verschlechtert sich ihr Zustand drastisch. Wer treibt hier sein Unwesen?
Eine 9 Monate alte kastrierte Ragdoll-Katze wird mit seit 5 Tagen bestehendem Erbrechen – mit einmaliger Hämatemesis – in einer Tierklinik im italienischen Bergamo vorgestellt. Die Besitzer berichten, dass die Katze seit einiger Zeit keinen guten Appetit zeige und lethargisch sei. Die restliche Anamnese ist unauffällig, bis auf die Tatsache, dass die Katze seit 3 Monaten mit einer BARF-Diät („biologisch artgerechte Rohfütterung“) auf Kaninchenbasis ernährt wird. Die klinische Untersuchung ergibt eine mäßige Dehydrierung (7 %), eine erhöhte Körpertemperatur (39,9 °C), blasse Schleimhäute mit einer Rekapillarisierungszeit von ca. 3 Sekunden und leichte Auffälligkeiten bei der Palpation des Abdomens. Der Body Condition Score liegt bei 4/9 und das Körpergewicht der Katze beträgt 4,2 kg.
Die Tierärzte machen sich an die weitere Diagnostik: die hämatologischen und biochemischen Laborparameter liegen innerhalb der Norm und die Katze wird negativ auf FIV-Antikörper und FeLV-Antigene getestet. Die Röntgenuntersuchung ist unauffällig, die abdominale Ultraschalluntersuchung zeigt jedoch mehrere rundliche Neoplasien am Pylorusantrum des Magens mit erhöhter Echogenität und leichter mesenterischer Lymphadenomegalie.
Zur Stabilisierung des klinischen Zustands leiten die Tierärzte eine Flüssigkeitstherapie und eine Omeprazol-Behandlung ein. Anschließend führen sie eine endoskopische Untersuchung durch, bei der mehrere Neoplasien am Pylorusantrum mit einer Größe von 0,5 bis 2 cm, glatter Oberfläche und hartelastischer Konsistenz bestätigt werden (Abb.1). Das Duodenum ist unauffällig. Während des Eingriffs werden zytologische Abstriche und Biopsien entnommen.
Abb.1: Gastrische Neoplasien, endoskopisch gesehen. Credit: Mavilio et al.
Die zytologische Analyse zeigt Schleimhautzellen in kleinen Clustern, gemischte Entzündungszellen mit einer Dominanz von Neutrophilen und Makrophagen sowie einige große, nicht septierte Hyphen mit unregelmäßigem Durchmesser und verzweigtem Aussehen. Bis die histologischen Ergebnisse vorliegen, werden Flüssigkeitstherapie und die Gabe von Omeprazol fortgesetzt. Zusätzlich verordnen die Tierärzte eine Therapie mit Maropitant, Sucralfat und dem Antimykotikum Ketoconazol in einer Dosierung von 20 mg/kg alle 12 Stunden. Eine Behandlung mit Amphotericin B wird von den Besitzern aufgrund der hohen Kosten und der Bedenken hinsichtlich der Nebenwirkungen abgelehnt.
In den Tagen nach der Endoskopie verbessert sich der Zustand der Katze leicht, sie zeigt wieder mehr Appetit und weniger Erbrechen. Sie ist jedoch weiterhin lethargisch und hat eine erhöhte Körpertemperatur.
Die histologische Untersuchung ergibt eine schwere diffuse nekrotisierende und granulomatöse Gastritis mit intraläsionalen Pilzhyphen, was auf eine Mukormykose hindeutet (Abb. 2a). Die weiteren Biopsien des Magens und des Zwölffingerdarms sind ohne Befund (Abb. 2b). Die PCR-Untersuchung bestätigt dann das Vorhandensein von Rhizopus microsporus.
Abb. 2: Magenbiopsien (Färbung mit Hämatoxylin und Eosin), entzündliche Läsionen als Folge des Vorhandenseins von Rhizopus microsporus. Credit: Mavilio et al.
Aufgrund des begrenzten klinischen Ansprechens auf Ketoconazol und seiner geringen Wirksamkeit bei Mukormykose schlagen die Tierärzte eine chirurgische Intervention und eine Amphotericin-B-Therapie vor. Am Tag vor der Operation wird die Katze jedoch stark lethargisch, mit steigender Körpertemperatur (40,3 °C) und Dehydrierung (10 %) sowie einem Abdomenerguss.
Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens ergibt Anzeichen einer Peritonitis, und die Zytologie der Bauchflüssigkeit zeigt eine septische neutrophile Entzündung mit Phagozytose von Kokken und Stäbchen, jedoch ohne Pilzbestandteile im Exsudat. Die Tierärzte entscheiden sich dafür, keine Kulturen oder zusätzliche PCR-Tests durchzuführen. Angesichts des kritischen Zustands der Katze entscheiden sich die Besitzer für eine Euthanasie.
Die Obduktion bestätigt eine septische Peritonitis als Folge einer Perforation der Magenwand an einer der Neoplasien im Pylorusantrum (Abb.3). Es wird eine histologische Untersuchung von Magen, Duodenum, Ileum, Dickdarm, Milz, Leber, Niere und Lunge durchgeführt, wobei das Vorliegen einer Mukormykose nur in den Magenbiopsien bestätigt werden kann.
Abb. 3: Magen bei der Obduktion: Perforation der Magenwand und Pilzgranulome. Credit: Mavilio et al.
Die Mukormykose ist eine Krankheit, die durch opportunistische Pilze verursacht wird, die im Boden, in verrottenden Materialien und in Lebensmitteln vorkommen. In der veterinärmedizinischen Literatur wurde über systemische Formen bei Pferden und Rindern sowie bei Hunden berichtet. Bei Katzen wurde die Krankheit bereits in verschiedenen Organen, einschließlich der Haut, des Gehirns, der Nase und des Zwölffingerdarms, gemeldet (hier und hier).
Die Gastrointestinale Mukormykose ist sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin selten, weist jedoch hohe Sterblichkeitsraten auf, die selbst bei frühzeitiger Diagnose beim Menschen bis zu 85 % erreichen können. Die jüngste Zunahme von Fällen gastrointestinaler Mukormykose beim Menschen deutet auf das Auftreten virulenterer Pilzstämme hin. Beim Menschen ist der Magen das am häufigsten betroffene Organ, gefolgt von Dickdarm, Ileum, Zwölffingerdarm und Jejunum. Eine gastrische Mukormykose bei Tieren wurde bis zu diesem Fall nicht dokumentiert.
Sowohl die Katze in diesem Fallbericht als auch die des einzigen anderen beschriebenen Fall einer duodenalen Mukormykose bei einer Katze sind zum Zeitpunkt der Diagnose noch recht jung: 9 und 7 Monate. Im Gegensatz dazu erkranken Menschen in der Regel erst in einem höheren Alter.
Beim Menschen wird die gastrointestinale Mukormykose oft mit der Aufnahme kontaminierter Lebensmittel in Verbindung gebracht, wie z. B. fermentierte Produkte oder pflanzliche Heilmittel. Der aktuelle Patient hatte in den drei Monaten vor dem Auftreten klinischer Symptome eine BARF-Diät erhalten, die rohes Kaninchen mit Knochen beinhaltete. Da es sich bei dem Patienten um eine Hauskatze handelt, ist eine versehentliche Aufnahme von kontaminierter Erde oder Gras unwahrscheinlich. Die Autoren des Fallberichts spekulieren, dass die Katze den Erreger über das Fressen aufgenommen hat.
Anders als beim Menschen meistens der Fall trat die gastrointestinale Mukormykose bei diesem Patienten ohne Anzeichen einer Immunschwäche auf. Die Serologie auf FIV und FeLV war negativ und die Katze war vor der Vorstellung unauffällig und augenscheinlich gesund. Es wird vermutet, dass individuelle Anfälligkeiten und Umweltbedingungen zur Entwicklung von Mykosen beitragen.
Aus der Humanmedizin ist bekannt, dass die Mukormykose verschiedene Stadien durchläuft: Kolonisierung, Infektion und Gefäßinvasion, was wiederum zu einer systemischen Verbreitung und einer septischen Peritonitis führen kann. Zu den berichteten Komplikationen zählen eine Perforation der Magenwand und eine anschließende septische Peritonitis. Die Katze aus dem aktuellen Fall erlitt etwa 2,5 Wochen nach dem Auftreten von Fieber ebenfalls eine Magenwandperforation. Die Autoren des Falls vermuten, dass die Mukormykose bei Tieren möglicherweise unterdiagnostiziert wird, insbesondere bei tödlicher septischer Peritonitis, bei der die Primärdiagnose unklar bleibt.
Die Autoren schreiben: „Endoskopische Befunde mehrerer runder Läsionen im Magen einer jungen Katze sind ungewöhnlich, wobei die Differentialdiagnosen Neoplasien, mykotische und parasitäre Granulome umfassen. Zylospirurie ist selten, und Phytiose wurde bei europäischen Katzen nicht beschrieben; daher sollte Mukormykose bei den Differentialdiagnosen intragastrischer Neoplasien in Betracht gezogen werden. Die Bestätigung, wie in diesem Fall gezeigt, erfordert eine endoskopische Untersuchung zusammen mit einer zytologischen und histologischen Analyse.“ Auch in der Humanmedizin werde bei nur 25 % der Patienten eine Ante-mortem-Diagnose gestellt.
In der Humanmedizin wird eine schnelle und aggressive Behandlung empfohlen, die die Durchführung eines chirurgischen Debridements und die Verabreichung einer antimykotischen Therapie umfasst. Die veterinärmedizinische Literatur bietet nur begrenzte Informationen zur Behandlung der Mukormykose. In dem vorliegenden Fall führte die Behandlung zwar zu einer leichten Verbesserung des klinischen Zustands, die Entscheidung, aggressivere Antimykotika wie liposomales Amphotericin B zu vermeiden, wurde jedoch durch wirtschaftliche Einschränkungen der Besitzer beeinflusst.
Die Autoren des Fallberichtes schlussfolgern: „Obwohl die Mukormykose selten auftritt und wahrscheinlich unterdiagnostiziert wird, unterstreicht dieser Fall, wie wichtig es ist, sie bei der Differentialdiagnose einer septischen Peritonitis bei jungen Katzen in Betracht zu ziehen.“ Aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate sei ein schneller chirurgischer Eingriff wahrscheinlich entscheidend für die Verbesserung der Ergebnisse. Eine frühzeitige und genaue Diagnose, gefolgt von einer rechtzeitigen chirurgischen Behandlung, könnte die Prognose einer Mukormykose bei Katzen erheblich beeinflussen.
Den ganzen Fallbericht findet ihr hier.
Bildquelle: David Tyemnyák, Unsplash