Warum schauen manche Menschen gerne Thriller und andere lieber Komödien? Es könnte an der emotionalen Verarbeitung im Gehirn liegen. Warum das auch für Ärzte relevant sein kann.
Verfolgungsjagd durch die hektische Großstadt, herzerwärmende Geschichten über die Launen des Lebens oder doch Naturaufnahmen mit beruhigender Erzählerstimme? Emotionen spielen eine zentrale Rolle bei der Wahl von Unterhaltungsmedien. Dabei wählen wir das Filmgenre jedoch nicht nur nach inhaltlichen Kriterien, sondern auch nach dem affektiven Erlebnis aus.
Filme sind nicht bloß zum Angucken da – wir mögen sie dann, wenn das Gesehene in uns eine emotionale Reaktion auslöst. Vor allem negative Emotionen wie Angst und Wut gehören zu den intensivsten Reizen, die bestimmte Filmgenres – beispielsweise Horror oder Thriller – gezielt einsetzen. Warum wir ein bestimmtes Genre mögen, ist aber eine nicht ganz bewusste Entscheidung. Inwiefern unterschiedliche Vorlieben für Filmgenres mit unterschiedlichen Aktivierungsmustern assoziiert sein könnten, hat eine Studie nun untersucht.
Mithilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) wurden funktionelle Daten von rund 260 Teilnehmern erhoben, während sie Gesichter mit verängstigtem oder ärgerlichem Ausdruck bzw. neutrale geometrische Formen betrachteten. Dabei lag der Fokus auf den Unterschieden in der Hirnaktivierung in Abhängigkeit von den angegebenen Filmpräferenzen. Analysiert wurden insbesondere zwei Hirnareale: die Amygdala und der Nucleus accumbens.
Die Amygdala und der Nucleus accumbens (NAc) spielen als Schlüsselareale in der Emotions- und Belohnungsverarbeitung beim Schauen und Verarbeiten von Filmen eine zentrale Rolle. Während die Amygdala insbesondere für die schnelle Erkennung und Bewertung bedrohlicher oder stark negativer Reize verantwortlich ist und Fight-or-Flight-Reaktionen initiiert, ist der Nucleus accumbens maßgeblich an der Belohnungsverarbeitung beteiligt und wird unter anderem durch positive Emotionen sowie motivationale Reize aktiviert. Die Forscher wollten so herausstellen, ob und wie sich die Vorliebe für verschiedene Filmgenres in spezifischen Aktivitätsmustern dieser Hirnareale widerspiegelt.
Bei Teilnehmern, die Actionfilme und Komödien bevorzugten, waren Amygdala und Nucleus accumbens stark aktiviert. Beim Betrachten von negativen Reizen (verängstigte/ärgerliche Gesichter) zeigte sich eine deutliche Verstärkung der Aktivität in beiden Arealen. Personen mit Präferenzen für Dokumentationen oder Krimis/Thriller reagierten hingegen schwächer auf die gleichen negativen Stimuli.
Die Forschungsgruppe schlussfolgert, dass Menschen tendenziell jene Filmgenres bevorzugen, die zu ihrem individuellen neuronalen Erregungsniveau passen. Wer eine intensive emotionale Reaktion sucht, greift also eher zu Genres mit hohen emotionalen Ausschlägen (Action, Komödie).
Die Befunde verweisen auf ein konsistentes Muster in der neuronalen Emotions- und Belohnungsverarbeitung:
Amygdala: Bei negativen emotionalen Reizen zeigt sich eine stärkere Aktivierung, wenn Personen ohnehin ein Genre mögen, das starke emotionale Reize liefert. In diesem Kontext könnte die Amygdala eine Sensitivität für intensive Emotionen signalisieren, was wiederum die gezielte Auswahl entsprechender Filme fördert.
Nucleus accumbens: Die erhöhte Aktivierung in diesem Belohnungszentrum deutet darauf hin, dass negative Reize – sofern sie in einem unterhaltsamen Kontext wie Action- oder Komödienfilmen dargeboten werden – auch eine Form von Befriedigung oder Anreiz darstellen können. Dies deckt sich mit dem Konzept des sogenannten „Spaß am Nervenkitzel“.
Die Studie liefert somit wichtige Hinweise auf die kognitive und affektive Dynamik hinter der Genrepräferenz. Für Mediziner könnte dieser Zusammenhang insbesondere relevant sein, wenn es um Emotionsregulation, Stressbewältigung oder das Verständnis individueller Neigungen bei Patienten geht. So wäre es möglich, das Medienverhalten in therapeutische Ansätze einzubeziehen: Ein gezieltes Einsetzen oder Vermeiden bestimmter Filmgenres könnte ein ergänzender Bestandteil bei der Behandlung von Angststörungen oder Stimmungserkrankungen werden.
Dass Fans von Actionfilmen und Komödien stärker auf negative emotionale Reize reagieren als Personen mit einer Präferenz für Dokumentationen oder Krimis, lässt auf eine enge Kopplung zwischen individueller Hirnaktivität und Genrevorliebe schließen. Die Forscher nehmen an, dass Menschen ihr bevorzugtes Filmgenre anhand individueller Belohnungs- und Erregungsmuster im Gehirn auswählen.
Weitere Untersuchungen ließen sich zur Frage anstellen, ob Personen mit bestimmten Angststörungen oder depressiven Symptomen eine andere Präferenz in der Filmwahl zeigen und wie diese Präferenz ihre Emotionserfahrung beeinflusst. Zukünftige Forschung sollte außerdem klären, ob sich diese Zusammenhänge auch auf andere Formen der Medienrezeption wie etwa Videospiele übertragen lassen und inwieweit zusätzliche Faktoren – etwa Persönlichkeitseigenschaften oder kulturelle Einflüsse – hierbei eine Rolle spielen.
Zwiky, E. et al. How movies move us – movie preferences are linked to differences in neuronal emotion processing of fear and anger: an fMRI study. Frontiers in Behavioral Neuroscience, 2024. doi: 10.3389/fnbeh.2024.1396811
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