Bei schwer depressiven Patienten sinken die Erfolgschancen einer Therapie nach mehreren Versuchen auf unter 15 Prozent. Warum ihr die repetitive transkranielle Magnetstimulation früher in Erwägung ziehen solltet, lest ihr hier.
Die schwere depressive Störung ist eine besondere Herausforderung in der Psychiatrie, da ein erheblicher Teil der Patienten nicht auf konventionelle Behandlungen anspricht. Ungefähr ein Drittel der Patienten zeigt trotz adäquater medikamentöser und psychotherapeutischer Therapie keine ausreichende Verbesserung. Die Wahrscheinlichkeit einer Remission nimmt mit jeder erfolglosen Therapie deutlich ab, wobei die Erfolgsraten nach mehreren gescheiterten Behandlungsversuchen auf unter 15 % sinken.
Zur Behandlung der therapierefraktären schweren Depression stehen derzeit verschiedene Strategien zur Verfügung, darunter
sowie invasive Verfahren wie
Diese Ansätze sind jedoch häufig mit Nebenwirkungen verbunden oder stoßen bei den Patienten auf geringere Akzeptanz. In diesem Kontext gewinnt die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) zunehmend an Bedeutung als nichtinvasive, gut verträgliche neurobiologische Behandlungsmethode.
Bei der rTMS wird mithilfe einer Magnetspule ein pulsierendes Magnetfeld erzeugt, das gezielt kortikale Neuronen im Gehirn stimuliert. Die Magnetimpulse durchdringen die Schädeldecke und beeinflussen die elektrische Aktivität der Nervenzellen in bestimmten Hirnregionen. Bei der Behandlung von Depressionen wird in der Regel der linke dorsolaterale präfrontale Kortex stimuliert, da diese Region eine zentrale Rolle in der Stimmungsregulation spielt und bei depressiven Patienten oft eine verringerte Aktivität aufweist.
Eine aktuelle multizentrische randomisierte kontrollierte Studie von Dalhuisen et al. untersuchte die Effektivität von rTMS im Vergleich zur Optimierung der medikamentösen Therapie bei Patienten mit therapierefraktärer unipolarer Depression. In die Studie wurden 89 Patienten mit mindestens mittelschwerer Depression (HAM-D-Score >16) und unzureichendem Ansprechen auf mindestens zwei vorherige Behandlungsversuche eingeschlossen.
Die Teilnehmer wurden randomisiert entweder einer 8-wöchigen Behandlung mit hochfrequenter rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex (10 Hz, 25 Sitzungen) oder einer medikamentösen Umstellung bzw. Augmentation nach nationalen Behandlungsrichtlinien zugewiesen. Beide Gruppen erhielten zusätzlich eine Richtlinienpsychotherapie. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Depressionsschwere, gemessen mit der Hamilton Depression Rating Scale (HAM-D). Sekundäre Endpunkte umfassten Response- und Remissionsraten sowie spezifische Symptomdimensionen wie Anhedonie, Angst, Gedankenkreisen und Schlafstörungen.
Die rTMS-Gruppe zeigte eine signifikant stärkere Reduktion der Depressionssymptome im Vergleich zur medikamentösen Gruppe (durchschnittliche HAM-D-Reduktion: –10 vs. –4,2 Punkte). Zudem waren die Response- (37,5 % vs. 14,6 %) und Remissionsraten (27,1 % vs. 4,9 %) in der rTMS-Gruppe deutlich höher. Besonders auffällig war die überlegene Wirkung von rTMS auf Angst und Anhedonie, während für Gedankenkreisen, kognitive Reaktivität und Schlafstörungen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt wurden.
Ein weiterer relevanter Befund war der Einfluss der Patientenerwartungen auf den Therapieerfolg: Teilnehmer, die eine positive Einstellung gegenüber ihrer Behandlung hatten, profitierten besonders von der Intervention. Dies unterstreicht die Bedeutung einer gezielten Patientenaufklärung und Berücksichtigung individueller Präferenzen bei der Therapieentscheidung.
Die Ergebnisse dieser Studie liefern starke Hinweise darauf, dass rTMS eine wirksame Alternative zur Eskalation der medikamentösen Therapie bei schweren depressiven Störungen sein könnte. Während rTMS bisher oft erst spät im Behandlungsverlauf eingesetzt wird, legen die Studienergebnisse nahe, dass diese Methode bereits früher in Betracht gezogen werden sollte – insbesondere bei Patienten mit ausgeprägter Anhedonie oder Angst.
Langzeitstudien sind jedoch erforderlich, um den langfristigen Erfolg der erzielten Effekte sowie mögliche Rückfälle zu bewerten. Zudem wird eine laufende Follow-up-Analyse der Autoren zukünftig weitere Erkenntnisse zur Effektivität dieser Therapie liefern.
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