Erst vor rund 30 Jahren wurde das Klinikbett als Heim vieler Keime erkannt – seitdem hat sich viel getan. Was Kliniken unternehmen müssen, damit eure Patienten gut gebettet sind.
Einer alten Weisheit der Reinigungsbranche zufolge muss ein Hotelzimmer sauber aussehen – und ein Krankenhauszimmer sauber sein. Dem kann die soeben aktualisierte S2k Leitlinie „Hygienische Anforderungen an Patientenbetten, Bettwäsche, Bettenzubehör und an den Personalschutz beim Umgang mit Betten“ der Deutsche Gesellschaft für Allgemeine und Krankenhaus-Hygiene nur beipflichten, denn: „Bei der Bewertung der Infektionsgefährdung ist zu berücksichtigen, dass Krankenhauspatienten […] eine höhere Infektionsanfälligkeit als z.B. gesunde Hotelgäste aufweisen.“
Hinzu kommt, dass stationäre Patienten vermutlich häufiger und mit mehr Keimen belastete Ausscheidungen von sich geben als Hotelgäste. Und während in Herbergen schlimmstenfalls etwas Bier ins Kissen kleckert, was zwar unschön, aber harmlos ist, stellen ausgelaufene Zytostatikalösungen und andere giftige Arzneien eine ernstzunehmende Gefahr für Patient und Personal dar.
Klinikmanager sollten sich beim Studieren der Leitlinie in stabiler Gemütslage befinden, denn da kommt einiges an Kosten auf sie zu: Die fünf Kapitel der Leitlinie – Anforderungen an Patientenbetten, Aufbereitung nach der Patientenentlassung, Hygiene während des Aufenthalts, Schutz des Personals beim Bettenmachen sowie Qualitätssicherung – setzen hohe, aber plausibel wirkende Maßstäbe.
Das Bett soll anpassbar, verschiebbar, seitlich kippbar und so bequem sein, dass es die Genesung fördert. Für Übergewichtige braucht es Schwerlastbetten und für Rausfallgefährdete Niederflurbetten. Auch sollte eine Klinik etliche Matratzentypen vorhalten, von der Antidekubitusmatratze für länger Liegende bis hin zur Stehmatratze für Patienten nach einer Wirbelsäulen-OP. Die Bettenbezüge sollen Feuchtigkeit aufnehmen und weiterleiten können. Fun Fact: „Der Wasserdampfdurchgangswiderstand wird gemäß DIN EN ISO 11092 bestimmt.“
Praktisch sind sogenannte Encasings. Das sind Schutzhüllen für die Matratze, die weder Flüssigkeiten noch Erreger passieren lassen. Man kann sie zum Desinfizieren abwischen und muss nicht die Matratze desinfizieren – es sei denn, das Encasing hat Risse, was bei jeder Reinigung zu prüfen ist. Hat Flüssigkeit die Matratze verschmutzt, sind Bezug und Matratze auszutauschen. Defekte Encasings sind leider kein Einzelfall: Studien zeigen, dass etwa ein Drittel nicht wirklich dicht sind.
All diese Maßnahmen sind bitter nötig – denn auf Betten, Bezügen, Matratzen, Kissen sowie auf allen glatten, trockenen Flächen in Reichweite des Patienten tummeln sich verschiedenste Erreger, die tage- und wochenlang auf das nächste Opfer lauern. In Matratzen aus Polyurethanschaum in Kinderbetten findet Staphylococcus aureus sogar ausreichend gute Lebensbedingungen vor, um sich dort zu vermehren. Erstaunlich ist, dass das Bett als Ort der Gefahr erst vor etwa 30 Jahren ernstgenommen wurde. Seitdem hat es dank der Hygienemaßnamen als Keimheim an Bedeutung verloren.
Eine Erfolgsgeschichte ist etwa die Einführung des sogenannten Barrierekissens. Seine Nähte sind geschweißt, sodass keine verseuchte Luft in die Kissen dringen kann. Um nicht wie auf einem Luftballon zu liegen, ermöglichen wasserdichte, aber luftdurchlässige Filter ein Zusammendrücken des Kissens. In einer Studie waren nach drei Monaten bei 60 % der Kissen mit normalen Nähten die Innenseiten der Bezüge kontaminiert, bei Barrierekissen waren es dagegen 0 %.
Es gibt aber auch Lichtblicke für die Klinikkasse: Wenn Patienten nur wenige Stunden liegen, brauchen sie „aus Gründen der Nachhaltigkeit“ kein Bett, dann genügen Stretcher oder Liegen mit desinfizierbaren Oberflächen. Wenn Patienten länger liegen, reicht es, die Bettwäsche wöchentlich zu wechseln – wobei das ein reiner Erfahrungswert ist, denn Studien gibt es dazu keine. Und wenn sie von der OP zurückkommen, können sie das schon eingewohnte Bett ohne Wäschewechsel weiter nutzen.
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