Jahrzehntelang blieb die Suche nach einer guten Opioid-Alternative erfolglos – jetzt betritt eine neue Wirkstoffklasse das Spielfeld. Doch kann Suzetrigin halten, was es verspricht?
Das Schmerzmanagement nach einer OP stellt für Ärzte nach wie vor eine große Herausforderung dar. Auf der einen Seite soll der Patient nicht mehr Schmerzen erleiden als nötig, auf der anderen Seite lauert die Gefahr einer langfristigen Opioidabhängigkeit. Unter anderem deshalb herrscht aktuell in den USA eine „Opioid-Krise“: Allein in 2023 gaben 86 Millionen Amerikaner über 12 Jahren an, Opioide missbraucht zu haben. Doch auf Opioide zu verzichten, ist auch keine Lösung, gibt es doch keine ähnlich wirksame Alternative. Könnte sich das nun ändern?
Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten hat die FDA eine neue Wirkstoffklasse zur Schmerzlinderung zugelassen. Der Pharmakonzern Vertex bekam die Zulassung für den Wirkstoff Suzetrigin (Handelsname: Journavx®). Es ist indiziert für moderate bis starke akute Schmerzen und wird zweimal täglich eingenommen. Eine Dosis soll 15,50 US-Dollar kosten (also 31 US-Dollar am Tag).
Grundlage für die Zulassung waren zwei doppelblinde, placebo- und aktiv-kontrollierte RCT zu akuten chirurgischen Schmerzen. Nach einer Abdominoplastik oder einer Ballenzehkorrektur wurde den Patienten bei Bedarf entweder eine Hydrocodon-Paracetamol-Kombination, Suzetrigin oder Placebo gegen akute postoperative Schmerzen verabreicht. Dabei schnitt Suzetrigin besser als Placebo und geringfügig besser als die klassische Kombinationstherapie aus Hydrocodon und Paracetamol ab. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Pruritus, Muskelkrämpfe, erhöhte Kreatinkinase-Werte im Blut und Exantheme.
Das Besondere an Suzetrigin ist die Wirkweise: Es blockiert den Natriumkanal 1.8 (Nav1.8), der hauptsächlich auf nozizeptiven Nervenfasern im peripheren Nervensystem vorhanden ist. Dadurch wird die Aktivität im Gehirn minimiert – und somit die Suchtgefahr. Deshalb hoffen viele Ärzte nun, bald ein starkes Schmerzmedikament mit deutlich geringerem Suchtpotenzial als Opioide verabreichen zu können.
Ob Suzetrigin aber wirklich mit den Opioiden mithalten kann, wird derzeit noch diskutiert. Einige Experten betonen, dass die aktuellen Daten eher auf einen moderaten Effekt und eine Unterlegenheit im Vergleich zu Opioiden hindeuten. Angesichts der bisher wenigen Studien bleibt also nur – wie so oft – auf weitere Studien zu warten. Ein Antrag auf Zulassung in Europa ist derzeit auch nicht geplant. Vertex gab an, sich aktuell auf den US-Markt konzentrieren zu wollen.
Bildquelle: Jeffrey F Lin, Unsplash