Posttraumatische Belastungsstörungen schränken die Lebensqualität Betroffener oft stark ein. Bisher ist die Behandlung nur begrenzt effektiv – wie ein Antipsychotikum die Therapie voranbringen könnte, hat eine Studie untersucht.
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die nach extrem belastenden Ereignissen wie Gewalt, Krieg oder schweren Unfällen auftreten kann. Typisch sind Symptome wie das Wiedererleben des Traumas in Form von Flashbacks, Vermeidung von Erinnerungsreizen und eine anhaltende Übererregung, die zu Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Konzentrationsproblemen führen kann. Diese Störung kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und erfordert eine gezielte Behandlung.
Die derzeitige Behandlung von PTBS fokussiert sich primär auf traumafokussierte Psychotherapien. Zu den effektivsten Ansätzen gehören die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und die Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR). Diese Methoden helfen Betroffenen, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und langfristig die Kontrolle über belastende Symptome zurückzugewinnen.
Pharmakologische Behandlungen spielen eine unterstützende Rolle, sind jedoch begrenzt in ihrer Wirksamkeit. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Sertralin oder Paroxetin werden zur Linderung von Begleitsymptomen wie Depressionen und Angst eingesetzt. Diese Medikamente zielen auf eine symptomatische Verbesserung ab, ohne jedoch die zugrundeliegende traumatische Erinnerung direkt zu adressieren. Ihre Effektivität ist in vielen Fällen eingeschränkt, insbesondere bei schwerwiegenderen oder therapieresistenten PTBS-Verläufen.
Eine kürzlich in JAMA Psychiatry veröffentlichte Studie untersucht den Einsatz von Brexpiprazol als ergänzende medikamentöse Therapie bei PTBS. Brexpiprazol gehört zu den atypischen Antipsychotika und ist in der EU derzeit zur Behandlung der Schizophrenie zugelassen. In den USA wird es auch zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Brexpiprazol ist ein Modulator der Serotonin- und Dopamin-Aktivität. Es wirkt einerseits als partieller Agonist am Serotoninrezeptor 5-HT1A und am Dopamin-Rezeptor D2. Am am 5-HT2A-Rezeptor und am Noradrenalinrezeptor alpha1B/2C hingegen wirkt Brexpiprazol antagonistisch.
Im Vergleich zum bisher einzigen verfügbaren partiellen D2-Agonisten Aripiprazol zeigt Brexpiprazol eine geringere intrinsische Aktivität am D2-Rezeptor, was ein geringeres Potenzial für unerwünschte Nebenwirkungen vermuten lässt. Durch sein ausgewogenes Rezeptorbindungsprofil ist die Gefahr einer übermäßigen Antriebssteigerung und der Induktion motorischer Nebenwirkungen wohl gering. Aufgrund seiner nur moderaten Affinität zum H1-Rezeptor sind darüber hinaus auch allenfalls geringfügige sedierende Effekte zu erwarten.
Die randomisierte klinische Studie untersuchte im Rahmen einer Phase-III-Studie die Kombination von Brexpiprazol und Sertralin im Vergleich zu Sertralin allein. Insgesamt nahmen 200 Patienten mit diagnostizierter PTBS teil. Die Patienten wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine erhielt die Kombination aus Brexpiprazol und Sertralin, die andere Sertralin mit einem Placebo.
Nach zwölf Wochen zeigte die Gruppe mit der Kombinationstherapie signifikante Verbesserungen in der Reduktion der PTBS-Symptome, gemessen mit standardisierten Skalen wie der Clinician-Administered PTSD Scale (CAPS-5). Besonders bemerkenswert war die positive Wirkung auf Symptome der Übererregung und des emotionalen Wiedererlebens, die oft schwer zu behandeln sind. Die Nebenwirkungen von Brexpiprazol, darunter milde Schläfrigkeit und Gewichtszunahme, waren insgesamt gut tolerierbar.
Brexpiprazol ist innovativ, da es nicht nur auf die Serotonin- und Dopamin-Systeme einwirkt, sondern auch eine breitere Wirkung auf neuronale Schaltkreise entfaltet, die bei PTBS dysfunktional sein können. Sein partielles Agonistenprofil erlaubt eine feinere Modulation der Neurotransmitteraktivität, was zu einer besseren Verträglichkeit und geringeren Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen Antipsychotika führt. Zudem könnte seine anxiolytische Wirkung besonders bei PTBS-Patienten von Vorteil sein, die stark unter Angst und emotionaler Instabilität leiden.
Die Studie eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von PTBS, insbesondere für Patienten, die auf bestehende Therapien nicht ausreichend ansprechen. Die Kombination aus Brexpiprazol und Sertralin könnte eine wertvolle Ergänzung zu bisherigen Ansätzen darstellen. Gleichzeitig betont die Studie die Notwendigkeit weiterer Forschung, um die Langzeitsicherheit und die optimale Dosierung zu untersuchen.Die aktuellen Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Brexpiprazol als Ergänzung in der PTBS-Therapie. Durch die Kombination aus neuen Pharmakotherapien und bewährten Psychotherapieansätzen könnten künftig mehr Betroffene wirksame Hilfe erhalten.
Lori L. et al. Brexpiprazole and Sertraline Combination Treatment in Posttraumatic Stress Disorder: A Phase 3 Randomized Clinical Trial. Jama Psychiatry, 2024. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.3996
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