Länger gesund leben – das wünscht sich wohl jeder. Die Realität: Muskelabbau, neurodegenerative und Herz-Kreislauf-Erkrankungen machen einem oft einen Strich durch die Rechnung. Was eine Aminosäure aus Pilzen daran ändern könnte.
Wir werden immer älter – aber wie wir altern, ist zunehmend Gegenstand der Forschung. Statt nur die Lebensspanne zu verlängern, rückt immer mehr das Ziel in den Fokus, länger gesund und aktiv zu bleiben. Eine Studie in Cell Metabolism zeigt nun, dass Ergothionein, eine natürliche Substanz aus Pilzen, diesen gesunden Lebensabschnitt verlängern könnte.
Die Aminosäure Ergothionein steckt in bestimmten Pilzsorten wie Shiitake oder Austernpilzen und wird oft als Nahrungsergänzung oder Anti-Aging-Wirkstoff beworben. Doch wie genau sie im Körper wirkt, war bislang nicht vollständig geklärt. „Unsere Studie liefert erstmals eine detaillierte Erklärung des Mechanismus und legt nahe, dass Ergothionein ein vielversprechender Kandidat für die Prävention altersbedingter Erkrankungen ist“, sagt Dr. Miloš Filipović, Leiter einer der beteiligten Forschungsgruppen am Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS).
Die Forscher testeten Ergothionein zunächst an Modellorganismen wie dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans. Die behandelten Würmer lebten nicht nur länger, sondern bewegten sich auch besser, waren widerstandsfähiger gegen Stress und zeigten weniger Anzeichen des Alterns.
„Je älter die Tiere wurden, desto deutlicher waren die Vorteile der Behandlung“, sagt Dr. Dunja Petrovic, deren Promotion auf dem Projekt basiert. Auch bei Versuchen mit Ratten bestätigten sich die positiven Effekte: Die Tiere waren nach drei Wochen Behandlung ausdauernder, gewannen an Muskelmasse und ihr Muskelgewebe wurde besser durchblutet – ein interessanter Ansatz im Kampf gegen Sarkopenie.
Im nächsten Schritt warfen die Forscher einen Blick auf die molekularen Mechanismen hinter diesen Effekten. Sie fanden heraus, dass Ergothionein die Produktion von Schwefelwasserstoff (H₂S) im Körper steigert – ein Gas, das Zellen vor oxidativem Stress schützt. Dieser Schutzmechanismus nimmt mit dem Alter ab, was unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Krankheiten beitragen kann.
Besonders bemerkenswert: Ergothionein regt die Aktivität des Enzyms Glycerin-3-Phosphat-Dehydrogenase (GPDH) an, wodurch die Bildung des Coenzyms NAD⁺ steigt – ein wichtiger Faktor für die Zellgesundheit und potenziell auch für die Lebensdauer.
„Der menschliche Körper kann Ergothionein nicht selbst herstellen, aber unser Stoffwechsel scheint darauf ausgelegt zu sein, es gezielt zu nutzen. Das spricht dafür, dass es eine bedeutende Rolle für unsere Gesundheit spielt“, betont Petrovic. Die Ergebnisse wurden von Teams in Heidelberg, Cambridge und am ISAS unabhängig bestätigt.
Ein weiterer Versuch zeigte, dass auch junge Ratten von Ergothionein profitieren könnten: Nach nur fünf Tagen Behandlung verbesserte sich ihre Ausdauer deutlich, und ihr NAD⁺-Spiegel im Blut stieg an. „Diese Effekte ähneln denen von leistungssteigernden Mitteln“, erklärt Filipović. Ob sich diese Resultate auf den Menschen übertragen lassen, soll nun eine klinische Studie mit gesunden Probanden zeigen.
Quelle:
Petrovic, D. et al.: Ergothioneine improves healthspan of aged animals by enhancing cGPDH activity through CSE-dependent persulfidation, Cell Metabolism, 2025. doi.org/10.1016/j.cmet.2024.12.008.
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